Jahrelang waren wir daran gewöhnt, dass die Sirenen auf Schulen und öffentlichen Gebäuden sonnabends nicht mehr zu hören waren. Sie waren still und heimlich abgebaut worden. Dann kam die Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021, bei der viele Menschen ums Leben kamen, weil sie nicht rechtzeitig gewarnt werden konnten. Damals wurde deutlich, dass unter anderem der Rückbau der Signalhörner reichlich voreilig war.
Darauf hat die Politik inzwischen reagiert: Unter anderem wurden neue Anlagen installiert, entsprechende Apps weiterentwickelt und das sogenannte Cell Broadcast eingeführt, mit dem jedem Benutzer eines Mobilfunkgeräts auch regional differenziert eine Warnung geschickt werden kann. Wie sich beim Bundeswarntag am Donnerstag gezeigt hat, waren diese Schritte erfolgreich. Weit über 97 Prozent der Bevölkerung wurden schon 2024 erreicht. Dieses Mal könnte der Wert übertroffen worden sein.
Dass diese Warnungen allerdings nicht nur im Katastrophen-, sondern auch in einem etwaigen Kriegsfall genutzt werden können, mögen friedensbewegte Bürgerinnen und Bürger nicht zu Unrecht als "schleichende Militarisierung der Bevölkerung" kritisieren. Aber die Frage ist doch, was die Alternative wäre? Nichts tun und zu hoffen, dass die nicht erst seit dem Angriff auf die Ukraine deutlich zutage tretende Aggression des russischen Regimes folgenlos an Deutschland vorüberziehen wird? Das wird nicht passieren. Das haben die dauerhaften Angriffe auf unsere Cyber-Infrastruktur, die zahlreichen Versuche, militärische und zivile Ziele auszuspähen und zuletzt auch der Eintritt von etwa 20 Kamikaze-Drohnen in den polnischen Luftraum bewiesen.
Dennoch: Auf einen Konflikt vorbereitet zu sein, bedeutet nicht, dass die Auseinandersetzung tatsächlich geführt werden muss. Das Gegenteil ist eher der Fall, wie die Geschichte des Kalten Krieges von den 1950er- bis zu den 1980er-Jahren lehrt. Deshalb ist es Zeit, neben der Verteidigungsfähigkeit auch in die schnelle Information der Bevölkerung zu investieren. Dass dies nicht nur in militärischen Fällen, sondern auch bei Naturkatastrophen und anderen Ausnahmesituationen genutzt werden kann, ist ein weiterer positiver Effekt der Warnketten.