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Neues Ministerium Digitalpolitik muss alle abholen

Das Digitalministerium startet mit hohen Erwartungen und großen Versprechungen. Für gute Digitalpolitik müssen die richtigen Prioritäten gesetzt und es muss an alle Bürger gedacht werden, meint Teresa Benke.
04.06.2025, 05:00 Uhr
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Von Teresa Benke

Zwei Sätze hat Deutschlands erster Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) laut eigener Aussage in den vergangenen Wochen so oft gehört, dass er damit seine Regierungserklärung – wohlgemerkt auch seine erste Rede im Bundestag – eröffnete. „Endlich ein Ministerium für Digitales. Endlich ein Ministerium für Staatsmodernisierung.“

Die Erwartungen an das neue Ministerium sind hoch. Und es wird viel versprochen: Deutschland soll zu einem digitalen Staat mit einer zentralen Verwaltungsplattform werden. Jeder erhält eine digitale Identität. Das Glasfaser- und 5G-Netz wird flächendeckend ausgebaut. Deutschland soll als führender Innovationsstandort für Digitales in Europa etabliert und die Digitalpolitik eigenständiger werden. Ganz nebenbei ist auch noch geplant, Bürokratie abzubauen, die Gesetzgebung zu vereinfachen und den Staat zu modernisieren.

Ein eigenständiges Digitalministerium könnte eigentlich der optimale Ort für diese Ziele sein, denn die Zuständigkeiten werden dort gebündelt. So kann die Digitalisierung vorangebracht werden. Trotzdem sollte man mit den Versprechungen vorsichtig bleiben. Wildberger selbst warnte in seiner Rede bereits vor zu hohen Erwartungen. Sinnvoll wäre es eher, Prioritäten zu setzen, damit tatsächlich schnell und effektiv gearbeitet werden kann. Zum Beispiel sollte es das klare Ziel sein, den konkreten Plan für die zentrale Verwaltungsplattform spätestens nach dem Sommer zu verabschieden. Dafür sind die Voraussetzungen im „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ (OZG) bereits in der vergangenen Legislaturperiode geschaffen worden.

Mit der Plattform können Anträge wie für das Kindergeld oder für den Führerschein, die man vorher im Bürgerbüro stellen musste, künftig online gestellt werden. Eine große Ersparnis von Zeit und Aufwand im Alltag. Genau das ist wichtig: Die Bedürfnisse der Bürger sollten im Mittelpunkt stehen. Denn sie sind am Ende die, durch die eine Digitalpolitik Erfolg haben oder scheitern kann. Wird vonseiten der Politik aus nicht ordentlich kommuniziert und versucht, jeden Bürger abzuholen, bringen alle Bemühungen nichts.

Das scheint bisher allerdings nicht im Fokus des Digitalministeriums zu stehen. Zwar betonte Wildberger, dass die Digitalisierung „einfach und barrierefrei“ gestaltet werden soll, aber die Verwendung von IT-Fachbegriffen wie „Deutschland-Stack“ für das geplante Verwaltungssystem malt ein anderes Bild. Konkrete Ansätze zur Barrierefreiheit fehlten sowohl in seiner Regierungserklärung als auch im schwarz-roten Koalitionsvertrag. Wenn das Ziel aber sein soll, durch eine zentrale Plattform Verwaltungsleistungen für alle weniger kompliziert anzubieten, dann reicht es nicht, die Barrierefreiheit nur zu erwähnen, sie muss von Anfang an mitgedacht werden. Von den über 65-Jährigen, die immerhin fast ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland ausmachen, fühlt sich schon jetzt ein Teil überfordert oder unsicher im Umgang mit digitalen Technologien. Wie soll das erst werden, wenn wichtige Anträge nur noch digital gestellt werden können?

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Das heißt natürlich nicht, dass die Digitalisierung in der Art nicht umgesetzt werden sollte. Aber: Es muss einen klaren und strukturierten Plan geben, wie alle Personen aufgeklärt und an die Änderungen herangeführt werden. Ansonsten passiert genau das, was nicht passieren sollte: Vorgänge werden komplizierter und nicht einfacher.

Mut macht, dass auch Wildberger die Bedeutung der Kommunikation mit den Bürgern in seiner Rede erwähnt. Seine Devise: „Zuhören, erklären, verstehen, überzeugen.“ Kein schlechter Ansatz. Allgemein scheint Friedrich Merz (CDU) mit seinem Digitalminister eine gute Entscheidung getroffen zu haben: Bekannt ist der Topmanager in seiner Branche als „erfolgreicher Macher“. Einen „Macher“ kann Deutschlands Digitalpolitik gut gebrauchen.

Es bleibt zu hoffen, dass Wildberger die Chance eines eigenständigen Digitalministeriums auch ergreift. Denn eines ist klar: Noch mal vier Jahre Digitalpolitik ohne sichtbare Fortschritte kann Deutschland sich nicht leisten.

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