Im Berliner Konrad-Adenauer-Haus herrscht am Montag glänzende Stimmung. Die CDU hat sich bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt um 7,3 Prozentpunkte auf 37,1 Prozent verbessert – das zähe Ringen wie 2016 um irgendeine Koalition bleibt also aus. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat zwar nur drei Stunden geschlafen, wie er sagt. „Aber wichtig ist: Wir haben es geschafft, eine Steigerung hinzubekommen.“ Sein Parteivorsitzender hört aufmerksam zu. Für Armin Laschet ist der überraschend deutliche Wahlsieg in Sachsen-Anhalt ein willkommener Schub für seine Kanzlerkandidatur. „Die CDU ist das Bollwerk gegen Extremismus“, betont er. Das Wahlergebnis zeige, dass die klare Abgrenzung von der AfD von den Bürgerinnen und Bürgern belohnt werde. "Der Kurs der Mitte wird um keinen Millimeter verändert."
Haseloff ergänzt, viele Nichtwähler hätten zurück zur CDU gefunden. Ihnen sei es auch um das öffentliche Bild Sachsen-Anhalts gegangen – Prognosen waren zuvor von einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD ausgegangen. Diese Partei „muss aus allen Parlamenten raus“, mahnt Haseloff. Die AfD, die in Sachsen-Anhalt im Visier des Verfassungsschutzes steht, hat 20,8 Prozent der abgegebenen Stimmen geholt, das sind 3,5 weniger als 2016. Die Linke hat ein Drittel ihrer Wählerschaft verloren und kommt auf elf Prozent. Die FDP ist nach neun Jahren wieder mit 6,4 Prozent im Landtag vertreten.
Winter zeigt sich zufrieden
CDU-Bundesvorstandsmitglied Wiebke Winter ist zufrieden mit dem Wahlausgang. Dem WESER-KURIER sagt die Bremer Bundestagskandidatin im Anschluss an die Gremiensitzung, Sachsen-Anhalt sei ein starkes Signal für die Bundestagswahl, weil sich ihre Partei „sowohl von rechts als auch von links abgegrenzt“ habe. „Die CDU steht authentisch für eine sichere Zukunft, das haben die Leute in Sachsen-Anhalt ganz klar erkannt.“ Sorgen bereitet der Landesvorsitzenden der Jungen Union, dass so viele junge Menschen AfD gewählt haben. „Das muss uns zu denken geben.“
Ganz anders sieht es am Tag nach der Wahl bei den Sozialdemokraten aus. Auch sie stellen einen Kanzlerkandidaten. Olaf Scholz trauen laut Umfragen viele Wählerinnen und Wähler zu, eine Regierung zu führen. Dafür müssten sie allerdings auch seine Partei wählen, und genau das hat am Sonntag nicht geklappt. Nur 8,4 Prozent der Stimmen wurden der SPD gegeben, das sind 2,2 Prozentpunkte weniger als 2016. Die beiden Parteichefinnen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sind bemüht, das Desaster herunterzuspielen. Mit Scholz werde man nun selbstbewusst in den Bundestagswahlkampf ziehen, sagt Esken. Gefragt, wie sie das 15-Prozent-Umfragetief zu überwinden gedenken, antwortet Walter-Borjans: „Wir haben erlebt, wie wichtig Köpfe sind.“ Neben ihm steht Sachsen-Anhalts Landesparteichefin Katja Pähle und versucht, nicht allzu gequält zu schauen.
Habeck: Thema Klimapolitik zieht nicht überall
Verhalten ist die Stimmung bei den Grünen. Die Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann ist gar nicht erst zur Pressekonferenz erschienen, statt dessen stellt sich Co-Parteichef Robert Habeck den Medienfragen. Sachsen-Anhalts Grüne haben es trotz Regierungsbeteiligung nicht geschafft, Stimmen hinzu zu gewinnen. Gerade einmal 5,9 Prozent haben sie gewählt – das sind fast schon unerhebliche 0,7 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. Anders als die beiden SPD-Chefs tut Habeck nicht so, als sei alles in Butter und die Sachsen-Anhalt-Wahl ohne Bedeutung für die Bundestagswahl. Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock steht seit Wochen unter heftigem Beschuss. Laut jüngsten Umfragen liegen die Grünen mit etwa 21 Prozent wieder vier Prozentpunkte hinter der Union. Er wolle gar nicht drumherum reden, sagt Habeck, dass die Zeit vor der Landtagswahl „sicherlich kein Rückenwind“ für die Grünen gewesen sei. Die Parteiführung habe sich beraten und sei überein gekommen, nicht nur auf „die kleinen Fehler“ der letzten Zeit zu blicken. Sachsen-Anhalt zeige, dass das Thema Klimapolitik nicht überall ziehe. Nun wollen sich die Grünen stärker um weitere Punkte kümmern. Dazu gehören für Habeck ein funktionierender Staat und gute Sozialpolitik.
Gefragt, warum es für seine Partei am Tag der Bundestagswahl besser laufen sollte als am zurückliegenden Sonntag, markiert Habeck die Unterschiede. Ohne Angela Merkel gebe es keine Bewerberin mit einem Amtsbonus. Zugleich genieße der Klimaschutz als politisches Thema weiter hohe Zustimmung. Das bedeute jedoch, dass Veränderungen ein „Verdrusspotenzial“ inne wohnt. Genau darum wollen sich die Grünen nun kümmern.