Ein Satz aus der Präambel des Sondierungspapiers gewinnt gerade an Bedeutung. „Wir fühlen uns gemeinsam dem Fortschritt verpflichtet.“ Doch was Fortschritt tatsächlich bedeuten kann, scheint unter den Koalitionären in spe unterschiedlich interpretiert zu werden. Zum einen ist da die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, die für das Bundespräsidialamt „zwingend eine Frau“ fordert. Zum anderen sind da führende Liberale, die eine gleichberechtigte Kabinettsbesetzung „kontraproduktiv“ finden.
Im ersten Fall ist die Angelegenheit insofern spannend, als die Forderung bedeuten würde, dass der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier Schloss Bellevue räumen soll, um einer Frau Platz zu machen. Im zweiten Fall liegt ein Konflikt vor, der so oder so ähnlich in den kommenden vier Jahren immer wieder auftreten dürfte. Die Freiheits- und Gleichheitsbegriffe von SPD, FDP und Grünen sind eben sehr verschieden. Die Ampel-Männer und -Frauen können also schon einmal zeigen, was sie gemeinsam unter Fortschritt verstehen.