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Klima-Aktivistin in Lützerath Thunberg kritisiert die Grünen – Kohletagebau „sieht aus wie Mordor“

Die schwedische Klimaktivisten Thunberg hat den Abriss von Lützerath und dabei besonders die Grünen in Deutschland kritisiert. Indes demonstrieren rund um den Ort am Braunkohletagebau Tausende Menschen.
14.01.2023, 12:19 Uhr
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Von dpa

Greta Thunberg hat die deutschen Grünen wegen ihrer Unterstützung für den Abriss von Lützerath und das Abbaggern der unter dem Dorf liegenden Kohle kritisiert. Konzerne wie RWE müsse man eigentlich dafür zur Rechenschaft ziehen, wie sie mit Menschen umgingen.

„Dass die Grünen mit solchen Unternehmen Kompromisse schließen, zeigt, wo ihre Prioritäten liegen“, sagte die schwedische Klimaaktivistin in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Sie selbst sei nie mit einer grünen Partei verbunden gewesen.

Führende grüne Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seine NRW-Kollegin Mona Neubaur verteidigen den Abriss von Lützerath damit, dass die darunter liegende Kohle zur Aufrechterhaltung der Energiesicherheit in der derzeitigen Krise gebraucht werde. Thunberg sagte dazu: „Die Kohle, die hier im Boden ist, wird die Preise nicht sofort senken. Wer so denkt, hat einfach keinen Bezug zur Realität.“

Thunberg unterstützt Protest gegen Räumung von Lützerath

Die 20-Jährige ist nach Deutschland gekommen, um den Protest gegen die Räumung und den Abriss von Lützerath zu unterstützen. „Ich bin hier schon früher gewesen, und da sah es noch völlig anders aus“, sagte sie. „Es ist sehr traurig das zu sehen. Es ist jetzt ein ganz anderer Ort.“ Zu der Kraterlandschaft des rheinischen Braunkohlereviers sagte sie: „Es sieht wirklich aus wie Mordor. Es zeigt, wozu Menschen unter den falschen Bedingungen fähig sind. Es zeigt, wogegen wir kämpfen, was wir verhindern wollen.“ In Tolkiens Roman „Herr der Ringe“ ist Mordor das Reich und die Basis des bösen Sauron, ein dunkles, zerfurchtes Land ohne .

Thunberg hatte bereits am Freitag Lützerath besucht und dabei „Polizeigewalt“ angeprangert. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach hatte die Kritik vehement zurückgewiesen. Die Polizei sei im Gegenteil mit äußerster Vorsicht vorgegangen, sagte er. Auf die Frage, ob sie ihre Kritik an der Polizei aufrechterhalte, sagte Thunberg der dpa: „Polizeigewalt bedeutet in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Dinge. Aber es gab mehrere Fälle, in denen die Polizei das Leben von Aktivisten gefährdet hat.“

Mehrere Tausend Teilnehmer bei Protest-Kundgebung 

In Lützeraths Nachbarort Keyenberg begann am Samstag eine Kundgebung unter dem Motto „Räumung verhindern! Für Klimagerechtigkeit“. Die Polizei sprach von mehreren tausend Teilnehmern – trotz strömenden Regens. Der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach sagte, die Demonstration werde zu einer Herausforderung für die Einsatzkräfte.

Er warnte vor Versuchen, in das mittlerweile abgesperrte Lützerath oder in den Tagebau Garzweiler II einzudringen. In den sozialen Netzwerken habe es immer wieder Aufrufe gegeben, sagte er. „Das werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern. Ich kann nur hoffen, dass es dazu nicht kommt, denn sonst werden wir sehr unschöne Bilder haben.“

Hunderte Demonstranten stellen sich direkt an die Abbruchkante 

Bei der Demonstration für die Erhaltung des Dorfes Lützerath stellten sich Hunderte Teilnehmer unmittelbar an die Kante des rheinischen Braunkohletagebaus. „Ich bin absolut entsetzt, wie normale Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer sich dazu hinreißen lassen, hier den absoluten Gefahrenbereich zu betreten“, sagte der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach der Deutschen Presse-Agentur. Ein Aufenthalt unmittelbar am Steilhang der Tagebaukante sei sowieso schon gefährlich, jetzt aber ganz besonders, weil der Boden durch Dauerregen aufgeweicht sei. Ein Polizeisprecher schätzte die Gesamtzahl der Demoteilnehmer auf 8000 bis 10.000. Eine Sprecherin auf der Kundgebungsbühne sagte, es gebe einen Wasserrohrbuch in der Nähe der Tagebaukante. Es bestehe dort Einsturzgefahr. Deshalb müsse unbedingt ein Sicherheitsabstand eingehalten werden.

Ein anderer Sprecher auf der Kundgebungsbühne sagte, er finde es legitim, wenn die Teilnehmer versuchten, in das abgesperrte Lützerath vorzudringen. „Lasst euch von der Polizei nicht aufhalten. Wir sind mächtig. Wir sind auf der Seite der Gerechtigkeit. Wir lassen uns von diesem repressiven System nicht aufhalten. Wir stoppen diesen Tagebau. Macht alles, was ihr für richtig haltet.“ Das von Aktivisten besetzte Dorf Lützerath wird seit Mittwoch von der Polizei geräumt, damit der Energiekontern RWE die darunter liegende Kohle abbaggern kann.

Räumung und Abrisse in Lützerath am Samstag fortgesetzt

Im Erkelenzer Ortsteil Lützerath selbst ging die Räumung unterdessen weiter. Einsatzkräfte kletterten auf Bäume, auf denen Aktivisten ausharrten, wie eine dpa-Reporterin berichtete. Nach Angaben des Energiekonzerns RWE liefen zudem Vorbereitungen, um zwei Aktivisten aus einem Tunnel zu holen. „Die Kräfte gehen sehr behutsam vor, hier kann kein schweres Gerät eingesetzt werden, weil das die Menschen in den unterirdischen Bodenstrukturen gefährden würde“, sagte Polizeipräsident Weinspach.

Die Polizei machte zur Anzahl der verbliebenen Aktivisten zunächst keine Angaben. „Oberirdisch sind wir so gut wie durch“, hatte ein Sprecher am Morgen gesagt. Es gebe noch etwa 15 „Strukturen“, darunter Baumhäuser und Verschläge. Der Abriss der bereits geräumten Gebäude wurde am Samstag fortgesetzt. Darunter war nach Beobachtung eines dpa-Reporters auch das frühere Wohnhaus von Bauer Eckardt Heukamp. Er war der letzte Landwirt in Lützerath gewesen.

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