Es war ein zähes Spiel. Die eine Seite bunkerte sich in der Abwehr ein, während die andere zwar durch elegante Pässe glänzte, aber letztlich keine entscheidenden Punkte einfahren konnte. Erst die Verlängerung brachte noch einmal Bewegung, doch am Ende gab es keine Gewinner, sondern Milliarden Verlierer. So in etwa ließe sich der 27. Weltklimagipfel zusammenfassen, der zwei Tage später als geplant in Scharm El-Scheich zu Ende gegangen ist.
Tatsächlich gibt es jede Menge bi- und multilateraler Fortschritte, die wenig Beachtung fanden: Deutschland und weitere EU-Staaten haben zugesagt, bis Ende 2024 eine Stromleitung nach Marokko zu realisieren, um die Energiewende voranzubringen. Südafrika, Indonesien und Ägypten erhalten finanzielle und fachliche Unterstützung, um die Energiewende zu beschleunigen; die deutsche Partnerschaft mit Kenia soll als Exempel für Entwicklungsländer 2030 zur Klimaneutralität führen. Ein Programm des Climate Investment Funds stellt Mittel für die Transformation in Entwicklungsländern bereit.
Beachtlich ist auch die Erklärung von US-Präsident Joe Biden, dass der Staat künftig nur Produkte von Unternehmen einkaufen wird, die sich nachprüfbar auf dem im Pariser Abkommen beschlossenen Pfad zur Emissionsminderung befinden. Dabei geht es um rund 650 Milliarden US-Dollar pro Jahr.
Dann ist da noch die größte Errungenschaft des Klimagipfels: der Fonds für Klimaschäden und Verluste. Seit gut 30 Jahren warten die Entwicklungsländer darauf, dass sich die Industriestaaten als Hauptverursacher der Klimakrise zu Entschädigungen durchringen. Starten soll der Fonds 2024, ausgearbeitet wird er im kommenden Jahr beim Weltklimagipfel in Dubai. Stand heute ist jedoch vollkommen offen, wer wann wie viel einzahlen wird – und das wohl auf freiwilliger Basis.
Was das bedeutet, wissen die Entwicklungsländer: 2009 versprachen die Industrienationen, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und -anpassung in den Entwicklungsländern bereitzustellen. Dieses Versprechen haben sie gebrochen, was der Stimmung in Scharm El-Scheich nicht zuträglich war. Wenig hilfreich war auch, dass China komplett im Abwehrmodus handelte, um nicht aus der Gruppe der Schwellenländer in die Gruppe der Industrieländer – und damit der Zahler – wechseln zu müssen. Die Festlegung stammt von 1992. Inzwischen hat China nach den USA am zweitmeisten zum Klimawandel beigetragen, sein Pro-Kopf-Einkommen liegt höher als das der EU.
Auch die gas- und ölfördernden Länder haben komplett blockiert. Sie haben verhindert, dass die Staatengemeinschaft den Ausstieg aus allen fossilen Energien beschließt, wie Indien es angeregt hatte. Für Kohle hat die Weltgemeinschaft diesen Pfad 2021 beim Klimagipfel in Glasgow eingeleitet. Brasilien blockierte derweil Fortschritte beim Natur- und Artenschutz.
Die eigentliche Katastrophe aber ist, dass die Staaten weder die in Paris beschlossene Überprüfung der Fortschritte bei der Emissionsminderung der Staaten vorangebracht, noch die Emissionsziele verschärft haben. Das wäre nach dem jüngsten Bericht des Weltklimarats unerlässlich, um die Erderwärmung bei 1,5 Grad zu begrenzen. Verhandlungen dazu wurden auf den nächsten Weltklimagipfel vertagt. Angesichts der zuletzt leicht steigenden statt sinkenden globalen CO2-Emissionen hält kaum jemand mehr diese Grenze für realistisch. Trotzdem lohnt es sich, um jedes Zehntelgrad zu kämpfen, um menschliches Leid zu verringern.
Fraglich ist, ob sich die Blockiererstaaten durch Druck zum Umlenken bewegen lassen. Vielleicht wäre es – so ungerecht das sein mag – am sinnvollsten, sie mit Geld zu locken, denn nur darum geht es bei den Widerständen. Am Ende gilt für alle die Devise: Kein Klimaschutz ist immer teurer als Klimaschutz, und Zeit ist Geld. Das verlorene Jahr bis zu einem möglichen Beschluss verschärfter Emissionsminderungen bedeutet global rund 37,5 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen. Laut Umweltbundesamt verursacht jede Tonne Klimaschäden von 210 Euro. Das ergibt etwa 7,9 Billionen Euro – eine ziemliche Herausforderung für den Fonds für Klimaschäden und Verluste, wenn er 2024 startet..