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Asylpolitik Kritik an Seehofers Gesetzesvorlage

Am Mittwoch wurde vom Bundeskabinett eine neue Gesetzesvorlage des Innenministers beschlossen, laut der Tunesien, Algerien, Marokko und Georgien zu den sicheren Herkunftsstaaten gehören sollen.
18.07.2018, 21:31 Uhr
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Von Ina Bullwinkel Kordula Doerfler

Die schwarz-rote Bundesregierung macht einen neuen Anlauf, um die Maghreb-Länder Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine Gesetzesvorlage von Innenminister Horst Seehofer (CSU), der es sehr eilig damit hatte. Neu aufgenommen wird in die Liste auch die ehemalige Sowjetrepublik Georgien. „Ziel der neuen Regelung ist eine deutliche Beschleunigung von Asylverfahren“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Die Bundesregierung setzt auf eine Signalwirkung und hofft, dass die Zahl der Anträge deutlich sinken wird. Im Jahr 2017 stellten 8700 Menschen aus den vier Ländern einen neuen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das Amt entschied insgesamt über rund 15.000 Anträge. Die Anerkennungsquote war aber nur gering, für Asylbewerber aus Georgien lag sie bei 0,6 Prozent, aus Algerien bei zwei Prozent, aus Marokko bei vier Prozent und aus Tunesien bei 2,7 Prozent.

Ein Schritt in die richtige Richtung

„Ich bin froh, dass das Kabinett heute endlich den Gesetzentwurf zur Einstufung von Georgien, Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten beschlossen hat“, sagte Seehofer. „Es war schwer genug, die Ressortabstimmung so zu gestalten, dass wir heute ins Kabinett kommen.“ Vom Koalitionspartner SPD musste sich Seehofer das Zugeständnis abringen lassen, dass Geduldete mit einer Stichtagsregelung eine Ausbildung beenden oder weiterarbeiten dürfen, wenn sie legal beschäftigt sind.

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hält eine Einstufung Georgiens und der Maghreb-Länder als sichere Herkunftsländer für einen Schritt in die richtige Richtung. Trotzdem blieb er bei seiner Forderung, der Bund müsse die Kommunen und Länder bei Abschiebungen stärker unterstützen.

Aus seiner Sicht ist die Einstufung nur dann hilfreich, wenn der Bund verbindliche Vereinbarungen mit den Herkunftsländern schließt. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, dass die Länder kooperieren und abgelehnte Asylbewerber zurücknehmen. Bei der vergangenen Innenministerkonferenz habe Horst Seehofer bereits versprochen, die Länder bei der Beschaffung von Passersatzpapieren besser zu unterstützen.

Innenminister Seehofer kündigte an, dass die Bundesregierung im Herbst weitere Staaten auf die Liste setzen lassen will. Wird ein Land zum sicheren Herkunftsstaat erklärt, haben Antragsteller kaum eine Chance auf Asyl in Deutschland. Bisher wurden bereits die Balkanländer Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, Albanien, Montenegro und Kosovo als sicher eingestuft, auch die afrikanischen Staaten Ghana und Senegal gehören dazu.

Ob das Gesetz in Kraft treten kann, ist aber höchst unsicher, denn es ist im Bundesrat zustimmungspflichtig. Bereits im März vergangenen Jahres war es im ersten Anlauf am Widerstand mehrerer Bundesländer, in denen Linke und Grüne in der Regierung sitzen, gescheitert. Im Bundesrat ist eine Mehrheit von 35 der 69 Stimmen notwendig. Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg allerdings hat in der ersten Runde zugestimmt.

Neuer Widerstand

Bei den Grünen regt sich auch jetzt neuer Widerstand. Parteichef Robert Habeck hält es für zweifelhaft, dass die Rechtslage in den drei Maghreb-Staaten eine Gesetzesänderung zulasse. „Wir lehnen das Konzept der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ weiterhin ab“, sagte die flüchtlingspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Luise Amtsberg, dem WESER-KURIER. „Dieses Mittel führt weder dazu, dass das individuelle Asylbegehren unvoreingenommen geprüft wird, noch verringert es die Ursachen von Flucht aus dem Heimatland.

Im Gegenteil: wenn man ein Land als sicher einstuft, behindert man das Engagement der Zivilgesellschaft in ihrem Kampf um mehr Rechtsstaatlichkeit.“ Gerade in den drei Maghreb-Staaten sei das fatal. Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat den Kabinettsbeschluss kritisiert. „Staaten werden zu ‚sicheren Herkunftsländern‘ erklärt, die die Voraussetzungen dafür nicht erfüllen“, so Pro Asyl.

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