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Das weitere Vorgehen in der Corona-Krise Merkel: Vorsicht ist das Gebot, nicht Übermut

Bund und Länder haben sich auf einen schrittweisen Start des Schulbetriebes ab 4. Mai geeinigt. Großveranstaltungen sollen bis Ende August untersagt bleiben, kleinere Geschäfte bald wieder öffnen dürfen.
15.04.2020, 16:42 Uhr
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Von Michael Rabba und Rebecca Sawicki (mit dpa)

Der Schulbetrieb in Deutschland soll am 4. Mai beginnend mit den Abschlussklassen, den Klassen, die im kommenden Jahr Prüfungen ablegen und den obersten Grundschulklassen wieder aufgenommen werden. Anstehende Prüfungen sind bereits vorher möglich. Darauf haben sich Bund und Länder am Mittwoch verständigt. Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) soll bis zum 29. April ein Konzept vorlegen, wie der Unterricht unter besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen wieder aufgenommen werden kann.

Keine Großveranstaltungen bis Ende August

Dabei solle neben dem Unterricht auch das Pausengeschehen und der Schulbusbetrieb mit in den Blick genommen werden. Die Schulträger sind aufgerufen, die hygienischen Voraussetzungen vor Ort zu schaffen und dauerhaft sicherzustellen.

Großveranstaltungen werden wegen der Corona-Pandemie bis zum 31. August grundsätzlich untersagt - auch Fußballspiele. Konkrete Regelungen, etwa zur Größe der Veranstaltungen, sollen durch die Länder getroffen werden. Betroffen davon ist auch das Windjammer-Festival Sail in Bremerhaven, das im August geplant ist. Die CDU in Bremerhaven hatte bereits vor Bekanntwerden der Ergebnisse der Bund-Länder-Beratungen eine Absage der Sail gefordert. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte gab die Absage der Sail am Abend in einer Pressekonferenz bekannt: "Eine Verschiebung ins nächste Jahr wäre das Beste."

Auch die Breminale wird nicht stattfinden können. Vor wenigen Wochen habe man sich an der Zahl 1000 orientiert, um eine Großveranstaltung als solche zu identifizieren: "Ich kann jetzt noch nicht endgültig sagen, ob das die Zahl sein wird", erklärte Bovenschulte in der Pressekonferenz. Für die Wiederaufnahme von Gottesdiensten habe sich nun eine Arbeitsgruppe gefunden, die nach möglichen Regelungen sucht. "Die individuelle Andacht ist weiterhin erlaubt", sagte Bovenschulte.

Im Kampf gegen das Coronavirus empfehlen Bund und Länder zudem das Tragen von Alltagsmasken im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel "dringend", wie Bundeskanzlerin Merkel am Abend in einer Pressekonferenz sagte. Eine generelle bundesweite Maskenpflicht soll es aber zunächst nicht geben. Auch Andreas Bovenschulte sprach sich für das Tragen der Alltagsmasken aus: "Die Stoffmasken können die Verbreitung des Virus hemmen."

Kontaktbeschränkungen bleiben bis mindestens 3. Mai

Die geltenden Kontaktbeschränkungen für die Menschen in Deutschland sollen zudem grundsätzlich bis mindestens 3. Mai verlängert werden. Deutschland habe einen „zerbrechlichen Zwischenerfolg“ im Kampf gegen die Pandemie erreicht, sagte Merkel. Alle müssten aber verstehen, dass sie so lange mit dem Virus leben müssten, bis es einen Impfstoff gebe. Daher könne nur äußerst vorsichtig und in kleinen Schritten mehr öffentliches Leben zugelassen werden. Es sei weiter entscheidend, dass die Bürger in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhielten und sich dort nur mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder maximal einer anderen Person aufhielten.

Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern sollen unter Auflagen bereits ab kommendem Montag wieder öffnen dürfen. "Allerdings mit guten Konzepten", insbesondere hinsichtlich der Hygienemaßnahmen, so Merkel. Dies gilt unabhängig von der Verkaufsfläche auch für Kfz-Händler, Fahrradhändler und Buchhandlungen. Auch in Bremen dürfen die Geschäfte wieder öffnen, das gelte allerdings nicht für Frisöre. Diese müssen sich, laut Bovenschulte, bis zum 4. Mai gedulden. Auch die Wiedereröffnung von Restaurants und Kneipen müsse noch warten und solle in zwei Wochen diskutiert werden.

Restaurants bleiben geschlossen

Geschlossen bleiben vorerst auch Restaurants und Bars - hier sind weiter nur Bestellungen zum Mitnehmen und Lieferungen möglich. Merkel verteidigte den Beschluss: In Gaststätten seien die Mindestabstände zu anderen Personen nicht zu kontrollieren.

Auch das Versammlungsverbot in Gotteshäusern bleibt bis auf Weiteres in Kraft. In Kirchen, Moscheen, Synagogen oder Örtlichkeiten anderer Glaubensgemeinschaften dürfen damit weiter keine religiösen Feierlichkeiten und Veranstaltungen stattfinden. Merkel kündigte allerdings noch für diese Woche ein Gespräch der Ministerpräsidenten mit Innenminister Horst Seehofer (CSU) dazu an. Der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, kritisierte das: „Angesichts von ersten Lockerungsmaßnahmen in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens kann ich das nicht nachvollziehen“, sagte er.

Merkel: Es darf jetzt kein falsches Vorpreschen geben

Es dürfe jetzt kein "falsches Vorpreschen" geben, betonte Merkel. "Wir müssen äußerste Vorsicht walten lassen." Bund und Länder würden sich weiter alle 14 Tage beraten, am 30. April das nächste Mal, kündigte die Bundeskanzlerin an. "Es wird jetzt ganz davon abhängen, wie entwickeln sich die Infektionszahlen." Merkel appellierte an die Bevölkerung, die geltenden Kontaktbeschränkungen weiter einzuhalten und den Empfehlungen zu folgen. Die Infektionskurve "ist flacher geworden", aber "wir halten uns in einem ganz kleinen Spielraum auf". Es sei eine fragile Situation, "in der Vorsicht das Gebot ist und nicht Übermut".

Söder: Haben Corona besser im Griff als andere Länder

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sprach von einer verantwortungsvollen Diskussion der Länderchefs mit der Kanzlerin. "Wir können schon sagen, dass wir Corona besser im Griff haben, als andere Länder." Bund und Länder würden weiter auf Vorsicht setzen, so Söder. "Deutschland hat eine gemeinschaftliche Philosophie." Im Großen und Ganzen seien sich die Länder mit dem Bund einig über die Strategie, und die heißt Vorsicht." Merkel sprach gar von einer Einigung, in die einem föderalen Staat wie Deutschland "fast an ein Wunder grenzt".

Bovenschulte gibt sich optimistisch

Bremens Bürgermeister Bovenschulte zeigte sich optimistisch: "Zusammenfassend kann ich sagen, das sind doch eine ganze Reihe von Maßnahmen zurück in das alltägliche Leben." Er warnte jedoch auch, dass es an allen Bürgerinnen und Bürgern läge, wie schnell normales Leben wieder möglich sei. "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste und jeder Schritt muss evaluiert werden", erklärte er.

Die Bremer CDU-Fraktion begrüßt die weiteren Corona-Maßnahmen. „Das solidarische Verhalten der Bürgerinnen und Bürger hat sich für uns alle rentiert in den letzten Wochen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher Carsten Meyer-Heder. „Aber die nun schrittweise beschlossenen Öffnungen sind dringend notwendig, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen.". Der Spielraum bleibe aber eng, da folge die CDU Bremen der Ansicht der Bundeskanzlerin und der Experten, so der Fraktionsvorsitzende Thomas Röwekamp.

Wichtig sei auch, dass Familien mit Kindern in Schulen und KiTas nach dem 4. Mai eine Perspektive bekämen, betonen Meyer-Heder und Röwekamp. Eltern müssten wieder zur Arbeit gehen können, "wo sie gebraucht werden". Die langsame Öffnung des Bildungssystems sei deshalb "prioritär zu bewerten".

Handelskammer-Präses: Pespektive wichtig

Janina Marahrens-Hashagen, Präses der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven, wünscht sich schnelle Klarheit darüber, wie es für die vielen Dienstleister und Gastronomiebetriebe weitergehen wird, "die ebenfalls extrem unter dem Shutdown leiden". Die Unternehmen insgesamt – über alle Branchen hinweg – "brauchen einen Fahrplan, der Perspektiven gibt. Das muss auf der Tagesordnung der weiteren Treffen ganz oben stehen", so Marahrens-Hashagen in einer Mitteilung am Mittwochabend.

Hamburgs Bürgermeister Tschentscher sprach von einer "dosierten" Lockerung der Anti-Corona-Maßnahmen. "Wir dürfen nicht in einzelnen Bereichen zu viel riskieren und damit den Gesamterfolg in Frage stellen." Deutschland werde noch über Monate mit Einschränkungen leben müssen.

++ Dieser Artikel wurde aktualisiert um 20.30 Uhr ++

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