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Kreistagsmehrheit besiegelt Auflösung der Förderschule / Noch keine Lösung für die jüngeren Jahrgänge Pestalozzischule schließt 2018

Landkreis Osterholz. Das Ende der niedersächsischen Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen ist besiegelt; die sogenannte Inklusion bringt es mit sich, dass Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Regelschulen aufgenommen werden sollen. Über die Rahmenbedinungen der Auflösung wird dabei heftig gestritten, denn die aufnehmenden Schulen seien weder fachlich noch personell ausreichend vorbereitet, behaupten Kritiker.
24.06.2016, 00:00 Uhr
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Pestalozzischule schließt 2018
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Das Ende der niedersächsischen Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen ist besiegelt; die sogenannte Inklusion bringt es mit sich, dass Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Regelschulen aufgenommen werden sollen. Über die Rahmenbedinungen der Auflösung wird dabei heftig gestritten, denn die aufnehmenden Schulen seien weder fachlich noch personell ausreichend vorbereitet, behaupten Kritiker. Auch aus diesem Grund gibt es weiterhin Eltern, die ihre Kinder an einer Förderschule besser aufgehoben sehen – erst recht, wenn die Kinder ihre Schullaufbahn dort bereits begonnen haben. Mit dem frühzeitigen Beschluss, die Pestalozzischule in Osterholz-Scharmbeck Mitte 2018 aufzuheben, will der Landkreis Osterholz nun für Klarheit bei den Interessierten sorgen.

Doch auch das gefällt nicht allen Betroffenen, wie Elternsprecherin Susanne Schmidt aus Lilienthal in der Fragestunde zur jüngsten Kreistagssitzung darlegte: Ihre Sorge gilt denjenigen Förderschülern, die Mitte 2018 noch nicht mit der Schule fertig sind. Es müsse zunächst eine Lösung her, wo die dann voraussichtlich noch 20 Schüler bleiben sollen, forderte sie. Die Eltern wollen verhindern, dass die Lerngruppe der Pestalozzischüler auseinandergerissen wird.

Der Schulausschuss hatte Ende Mai daher mit großer Mehrheit auch empfohlen, die voraussichtlich zwei Lerngruppen gemeinsam an eine andere Schule im Kreisgebiet umziehen zu lassen. Ob das gelingt und wo, ist zurzeit noch unklar. Die Verwaltung solle sich kümmern und im Ausschuss berichten, so die Politiker.

Schmidt erklärte daraufhin jetzt, dies gehe in die richtige Richtung, sei aber noch zu vage. In der Debatte erhielt sie anschließend Unterstützung durch Brigitte Glinka (FDP), Bernd Rugen (Linke) und Jürgen Ahlers (Bürgerfraktion). Glinka plädierte dafür, das Thema zu vertagen: „Es gibt keinen Grund, heute eine Schule zu schließen, ohne ein Konzept dafür zu haben, wo die Kinder wirklich landen werden.“ Rugen warnte ebenfalls und wurde grundsätzlich: „Die Inklusion wurde ohne Konzept verordnet; die Schulen stehen vor vollendeten Tatsachen und kämpfen mit den Folgen.“

Dörte Gedat (Grüne) widersprach: „Die Inklusion kommt nicht überraschend und sie wird nicht plötzlich eingeführt.“ Im Gegenteil: Niedersachsen habe sich besonders viel Zeit gelassen mit der Umsetzung der Verpflichtung, die sich letztlich aus einer Konvention der Vereinten Nationen ergebe. „Wenn man nicht anfängt, wird es nie passieren“, so Gedat. Zwar gebe es an einigen Schulen Übergangsschwierigkeiten, aber ebenso gebe es bereits viele positve Gegenbeispiele, vor allem an Grundschulen; der Sekundarbereich müsse nun eben folgen. An die besorgten Eltern der Pestalozzischüler gerichtet, warb Gedat um Vertrauen: „Ich bin mir sicher, dass wir das hinkriegen und die Schüler zusammen bleiben können.“

Brigitte Glinka blieb hart: „Wir können uns noch ein Jahr Zeit lassen und sollten erst mal einen Plan erarbeiten.“ Da es nicht um Dinge gehe, sondern um Menschen, reiche ihr das Prinzip Hoffnung nicht aus. Die nunmehr ebenfalls beschlossene Aufhebung der Christoph-Tornée-Schule (CTS) sei schließlich auch so gehandhabt worden. Diese Förderschule wurde förmlich erst am vorletzten Schultag aufgelöst, nachdem klar war, wo die jüngeren Jahrgänge nach den Sommerferien bleiben würden. Während dieser Beschluss jetzt einstimmig gefasst wurde, votierten in Sachen Pestalozzischule Glinka und Ahlers als einzige mit Nein; Rugen enthielt sich.

Die zuständige Dezernentin Heike Schumacher griff das Beispiel der CTS Lilienthal auf. Dort habe die Erfahrung gelehrt, dass die Schüler schneller als erwartet zu inklusiven Angeboten gewechselt seien. Darum komme der Beschluss nun auch spät. Sie halte das Vorgehen in Sachen Pestalozzischule für fair und sorgfältig, zumal bei den Anmeldungen für das Schuljahr 2016/17 ohnehin letztmals die Wahlfreiheit bestanden hatte. Schumacher bündig: „Diese Schule hat nun eine zweijährige Betandsgarantie und danach wird sie eben geschlossen.“

Die Dezernentin hatte zuvor in der Fragestunde bekräftigt, es sei Aufgabe des Landes Niedersachsen, für genügend Lehrkräfte an den Inklusionsschulen zu sorgen. „Wir versuchen als Landkreis auch, unseren Einfluss geltend zu machen, soweit uns das möglich ist.“

Was aus dem vor elf Jahren errichteten Gebäude der Pestalozzischule werden soll, steht unterdessen längst fest: Die Kreisverwaltung will Schritt für Schritt ein „Kreishaus II“ daraus machen. Erste Abteilungen sind schon vom Kreishaus an der Osterholzer Straße umgezogen, weitere werden folgen. Am alten Standort gibt es laut Verwaltung einfach nicht genügend Platz für die Beschäftigten. Zwar ist der Anstieg der gesamten Personalkosten gedeckelt, doch die Zahl der Köpfe ist in der jüngeren Vergangenheit stetig weiter angestiegen.

„Wenn man nicht anfängt, wird es nie passieren.“ Dörte Gedat, Grünen-Abgeordnete
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