Hamburg. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier höchstpersönlich hat bei der Vergabe des diesjährigen „Marion-Gräfin-Dönhoff-Preis für internationale Verständigung“ die Laudatio auf die geehrte „New York Times“ gehalten – und hielt dabei eine große Rede zur Pressefreiheit in der westlichen Welt. Darin forderte das deutsche Staatsoberhaupt einerseits die Medien zu regelmäßiger Selbstkritik auf, um das Vertrauen in ihre Arbeit zu wahren, und platzierte andererseits kritische Seitenhiebe auf die Gegner der freien Presse, allen voran den US-Präsidenten Donald Trump – der die Tageszeitung regelmäßig herabwürdigt.
So sagte Steinmeier zu dem Vorwurf, die „Times“ stehe der politischen und wirtschaftlichen Elite zu nahe – eine Kritik, die zuletzt auch an deutschen Medien vermehrt geübt wurde: Häuser wie die „New York Times“ seien eine „kritische Instanz“, die aber zugleich „im demokratischen Gefüge – nicht gegen das demokratische Gefüge“ stehen. Die Ostküsten-Elite und dabei „besonders gern die New York Times“ werde von „Demokratieverächtern“ immer wieder angegriffen – „auch von solchen selbsternannten Anti-Establishment-Kämpfern, die ihrerseits aus gut betuchtem Ostküstenhause stammen“, sagte der Bundespräsident am Sonntag in Hamburg in Anspielung auf Donald Trump.
„Grassierende Unvernunft“
Zwar lobte Steinmeier die „New York Times“ als „Leuchtturm der Vernunft in einem Zeitalter grassierender Unvernunft“. Zugleich betonte er aber, „gerade in dieser unübersichtlichen Welt brauchen wir Vertrauen in die Autorität von Medien“. Diese werde durch Selbstkritik nicht etwa untergraben, so Steinmeier. Im Gegenteil: „Die Selbstkritik, die ganz selbstverständlich von Politikern gefordert wird, ist auch von Medienmachern zu erwarten“ – und sei sogar „Grundlage für das Vertrauen“.
Der Bundespräsident beklagte Angriffe auf die Pressefreiheit – von der Inhaftierung Deniz Yücels und Hunderter Journalisten in der Türkei über das russische Vorgehen gegen unabhängige Zeitungen bis hin dazu, dass „selbst in westlichen Demokratien der Sinn und Wert der freien Presse in Frage gestellt wird – und sei es nur mal nebenbei per Tweet am frühen Morgen“. Bereits im vorherigen Amt des Außenministers hatte Steinmeier den damaligen Kandidaten Trump als „Hassprediger“ kritisiert, der mit Ängsten Politik mache.
Der Dönhoff-Preis wird zum 15. Mal von der Wochenzeitung „Die Zeit“, der Zeit-Stiftung und der Marion-Dönhoff-Stiftung vergeben. Den Förderpreis erhielt in diesem Jahr die unabhängige Bürgerbewegung „Pulse of Europe“.