Berlin. Die Bundeswehr hat einen neuen Skandal: In einer Ausbildungskaserne im baden-württembergischen Pfullendorf kam es zu einer Häufung „ernst zu nehmender Vorfälle“, bestätigte das Verteidigungsministerium am Freitag. Der Spiegel hatte über erniedrigende Rituale, sexuelle Übergriffe und andere Straftaten bei der Spezial-Einheit des Heeres berichtet.
Die Bundeswehrführung habe bereits personelle und organisatorische Maßnahmen ergriffen, sagte ein Sprecher dieser Zeitung. Das Ministerium habe unmittelbar, nachdem es von den Praktiken erfuhr, die bei der Sanitäterausbildung in Pfullendorf offenbar an der Tagesordnung waren, eine interne Ermittlergruppe eingesetzt und die Hausspitze informiert. Die fristlose Entlassung von sieben Mannschaftssoldaten mit einer Dienstzeit unter vier Jahren sei bereits beantragt, weil sie an den sexuell motivierten Ritualen beteiligt waren. Seit diesem Dienstag ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Hechingen wegen sadistischer Übergriffe. Es besteht der Verdacht der Freiheitsberaubung, gefährlichen Körperverletzung, Gewaltdarstellung und Nötigung, so das Ministerium. Bis zur Enthüllung der Vorgänge durch den Spiegel hatte man sie allerdings geheim gehalten.
In einem zweiten Komplex wurden zweifelhafte Ausbildungspraktiken in Pfullendorf aufgedeckt, derentwegen sieben weitere Soldaten, überwiegend Ausbilderführungspersonal, zunächst versetzt und disziplinarisch gemaßregelt wurden.
Die Bundeswehr erfuhr nach Informationen des Wehrbeauftragten des Bundestages, Hans-Peter Bartels, von den Vorwürfen im vergangenen Oktober, als sich ein weiblicher Leutnant aus dem Sanitätsbereich der fraglichen Kaserne an ihn wendete, zugleich auch direkt an Ministerin Ursula von der Leyen (CDU). „Die unverzüglich eingeleiteten Ermittlungen bestätigten in weiten Teilen die Angaben“, erklärte das Ministerium. Offenbar rechnet man mit der Aufdeckung weiterer Fälle.