Der neue Chef der US-Post, Louis DeJoy, leistet ganze Arbeit. Nicht für die künstlich in Finanznot gebrachte Staatsinstitution, sondern für den Mann, der ihn als Dankeschön für zwei Millionen Dollar an Wahlkampfspenden in das Amt berufen hat. Statt die Post auf den erwarteten Anstieg bei den per Brief abgegebenen Stimmen am 3. November vorzubereiten, verlangsamt DeJoy die Postlaufzeiten vor den Präsidentschaftswahlen.
Der Logistik-Experte weiß genau, an welchen Hebeln er dafür ziehen muss. Einer sieht vor, in den kommenden Wochen 671 Sortiermaschinen an Knotenpunkten der Post abzubauen. Das geht aus internen Dokumenten hervor, die unter anderen dem Fernsehsender CNN vorliegen.
Das ist ganz im Sinne des Präsidenten, der am Donnerstag offen das Motiv darlegte, warum er der Post eine dringend benötigte Finanzspritze über 25 Milliarden Dollar verweigern will. Die Verhandlungen zwischen der demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus und dem Weißen Haus über die Corona-Hilfen waren unter anderen an den Mitteln für die Post gescheitert. „Wenn wir keinen Deal machen, dann gibt es kein Geld“, erklärte Trump im Weißen Haus seine Absicht, die Briefwahlen zu behindern. „Das heißt, dann gibt es keine universelle Briefwahl. Sie bekommen das einfach nicht“.
Ein Sprecher des Wahlkampfteams des designierten Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Joe Biden, nannte das Vorgehen des Präsidenten „einen Angriff auf unsere Demokratie und Wirtschaft durch einen verzweifelten Mann“. Trump liegt sowohl in den nationalen Umfragen als auch in denen der wichtigen Wechselwählerstaaten zum Teil zweistellig zurück.
Eine „echte“ Amerikanerin
Parallel zu dem Angriff auf die Post schürte Trump Zweifel, ob die designierte Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris eine „echte“ Amerikanerin sei, die laut Verfassung in dem Amt dienen dürfe. „Ich habe heute gehört, dass sie diese Bedingungen nicht erfüllt“, erklärte der Präsident unter Bezug auf „einen sehr talentierten Rechtsanwalt“. Dabei handelt es es sich um John C. Eastman von der wenig bekannten Chapman University, der in einer Kolumne über den Status der Eltern von Harris spekulierte. Verfassungsrechtler wie Lawrence Tribe verwarfen das Stück Eastmans als „völligen Unsinn“. Es stehe außer Frage, dass Kamala Harris 1964 in Oakland im US-Bundesstaat Kalifornien zur Welt kam und damit von Geburt an Amerikanerin ist.
Der Reporter der Huffington Post im Weißen Haus, „SV“ Date, fragte Trump bei der Pressekonferenz im Weißen Haus, ob er nach dreieinhalb Jahren im Amt „die ganzen Lügen gegenüber dem amerikanischen Volk bedauert“. Verdutzt fragte Trump nach: „Die ganzen was?“ Date wiederholte: „Die ganzen Lügen, die ganzen Unehrlichkeiten.“ Eine Antwort erhielt er nicht.
Faktenchecker der Washington Post dokumentierten mehr als 20.000 Lügen Trumps, darunter die über Kamala Harris als jüngste. Der ehemalige Hausanwalt des Präsidenten, Michael Cohen, der zurzeit eine dreijährige Haftstrafe verbüßt, gebraucht in seinem neuen Buch „Disloyal“ auch den Begriff „Lügner“.
In dem Vorwort des Titels, der im Herbst erwartet wird, behauptet Cohen, er sei Augenzeuge geworden von Deals mit korrupten Führern der früheren Sowjetunion, von Steuerbetrug und perversen Praktiken in einem Sexclub von Las Vegas. Trump werde „alles tun“, um bei den Wahlen nicht unterzugehen. „Und ich meine: alles“.
Das Weiße Haus wies die Behauptungen des als „Trumps Fixer“ bekannten Cohen als „Fiktion“ zurück.