Ende Mai soll nach Worten von Gesundheitsminister Jens Spahn entschieden sein, inwieweit gegen das Coronavirus Geimpfte weiterhin mit Beschränkungen belegt werden. „Hierzu wird die Bundesregierung nächste Woche einen Vorschlag machen und der Bundesrat wird dazu am 28. Mai dann final entscheiden. Also es gibt einen Zeitplan“, sagte Spahn am Montagabend in einem ARD-„Extra“.
Laut einem Eckpunktepapier der Bundesregierung vom Wochenende könnten für vollständig Geimpfte und Genesene etwa beim Zugang zu Geschäften und bestimmten Dienstleistungen dieselben Ausnahmen kommen, die für negativ Getestete gelten. Bei der Einreise aus dem Ausland könnte in den meisten Fällen eine Quarantäne wegfallen. Bei Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen sollten weitere Ausnahmen für Geimpfte und Genesene vorgesehen werden können. Andere Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstand sollten aber auch für Geimpfte, Genesene und Getestete noch für längere Zeit weiter gelten. Die vorgesehenen Regelungen bedürften der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Vor Spahn hatte bereits Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) den 28. Mai genannt.
Corona-Impfungen sollen spätestens ab Juni für alle in Deutschland möglich sein - also ohne die bisherige Priorisierung mit einer festen Reihenfolge. „Das heißt nicht, dass dann jeder sofort geimpft werden kann“, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten. „Aber dann kann sich jeder um einen Impftermin bemühen, und die werden dann nach Maßgabe der Versorgung auch gegeben.“
In vielen Bundesländern seien inzwischen die ersten zwei Prioritätsgruppen geimpft, teils sei die dritte und letzte Gruppe geöffnet. Im Großen und Ganzen gehe man davon aus, dass diese Gruppe im Mai geimpft werde, „so dass wir dann spätestens, je nachdem wie viele Impfdosen wir bekommen, ab Juni - aber ich sage nochmals: spätestens - die Priorisierung aufheben können“.
Eine feste Reihenfolge war wegen des anfangs absehbar knappen Impfstoffs eingeführt worden, um Menschen mit dem höchsten Risiko auf schwere und tödliche Corona-Verläufe zuerst zu schützen. In Gruppe 1 kamen über 80-Jährige, Menschen in Pflegeheimen und Gesundheitspersonal mit hoher Ansteckungsgefahr zum Zuge. Gerade laufen Impfungen in der zweiten Gruppe mit Menschen ab 70, Krebskranken, Kita-Erzieherinnen und Grundschullehrkräften.
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich für eine Impf-Freigabe im Juni ausgesprochen - nachdem zuvor im Mai die dritte Gruppe zum Zuge kommen soll. Dazu gehören neben über 60-Jährigen etwa Supermarktverkäuferinnen, Busfahrer, Justizbeamte und Lehrkräfte in weiterführenden Schulen. Diese könnten kein Homeoffice machen. „Die warten jetzt seit vier, fünf Monaten darauf“, sagte er im TV-Sender „Welt“. Der nächste Schritt sei das Ende der Priorisierung im Juni. „Wenn es früher geht, weil mehr Impfstoff kommt, gerne auch früher.“
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) betonte, neben impfenden Praxen würden die regionalen Impfzentren der Länder noch lange gebraucht. Es gebe jene, die dort schon Zweittermine gebucht hätten. „Aber wir werden noch große Bevölkerungsgruppen haben, die wir dann auch schnell impfen wollen, wenn man an die Jüngeren denkt, die Studierenden, die Auszubildenden.“ Gleichzeitig sollten auch die Betriebsärzte möglichst schnell in die Impfungen einbezogen werden.
Merkel sagte mit Blick auf die kommenden Wochen: „Wir werden in eine Übergangsphase kommen, die auch nicht einfach ist.“ Es werde immer mehr Geimpfte geben, aber auch immer noch viele Ungeimpfte, die schutzbedürftig seien. Oberstes Ziel sei es, allen Menschen ihre Grundrechte schnellstmöglich wiederzugeben.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat sich gegen eine schnelle Rücknahme von Corona-Beschränkungen für bereits Geimpfte ausgesprochen. „Solange wir noch nicht allen Menschen ein Impfangebot machen können, sollten wir eine unterschiedliche Behandlung von geimpften und noch nicht geimpften Menschen so weit wie möglich vermeiden“, sagte der SPD-Politiker am Montagabend nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern. Wo möglich, sollten deswegen sichere Alternativen auch für negativ-getestete Menschen eröffnet werden. „In anderen Bereichen werden dagegen meines Erachtens geimpfte Menschen auch weiterhin um Rücksicht auf diejenigen gebeten werden müssen, die noch auf ihre Impfung warten.“
Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) nannte die Bund-Länder-Runde eine Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) „der Hoffnung“ und sagte voraus: „Wir werden Corona überwinden. Und wir werden in den nächsten Monaten riesige Schritte nach vorne machen.“ Merkel teilte diese Einschätzung, betonte aber, es gebe es noch viele Problem. Die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens sei nicht gebannt. „Deshalb sind jetzt noch Wochen der Anstrengung notwendig.“
Keine konkrete Aussage wollte Merkel zur Frage machen, ob und wie in diesem Sommer Urlaub möglich sein kann. Dies werde von der Höhe der Grundinzidenz abhängen, also dem Infektionsgeschehen. Im Sommer vergangenen Jahres habe die Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 2 und 5 betragen. „Ich sage nicht, dass es wieder so weit runtergehen muss, weil uns jetzt das Impfen hilft. Aber wann wir jetzt wieder darüber nachdenken können, Hotels zu öffnen, das kann ich heute nicht sagen. Das hängt vom Verlauf dessen ab, was wir jetzt im Augenblick machen.“ Am Montagmorgen lag die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner laut RKI bundesweit bei 169,3.
DER STAND BEIM IMPFEN: Nach Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) von Montag (8 Uhr) haben inzwischen 23,4 Prozent der Bundesbürger eine erste Impfung erhalten - 7,2 Prozent sind vollständig geimpft. Spahn geht davon aus, dass im Laufe des Mai jeder Dritte in Deutschland eine erste Impfung erhalten haben wird. Bis Sonntag wurden laut RKI etwa 29,9 Millionen Dosen geliefert. 85,1 Prozent davon wurden gespritzt. Für das gesamte laufende zweite Quartal haben die Hersteller laut Gesundheitsministerium 80 Millionen Impfdosen zugesagt, davon sind etwa 50 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer.
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