Ich habe nicht die geringste Ahnung, seit wann „das“ Rotkäppchen fester Bestandteil der Ecke Am Dobben/Humboldtstraße ist. Als ich in den 90ern nach Bremen kam, war es auf jeden Fall schon dort und ein beliebter Treffpunkt auf einen Latte Macchiato, zum Frühstück oder am Abend.
Als ich das neue Rotkaeppchen betrete, bemerke ich nicht nur die neue Schreibweise, sondern auch, dass es die „Rotkäppchen Stube“ schon in der Nachkriegszeit gab. Bekim Dervishaj ehrt mit der Reproduktion des alten Fotos die Wurzeln der Gastronomie an der Ecke.
Er hat das Grundstück Reza Najmehchi abgekauft und kehrt somit fast an den Ursprungsort seiner Gastro-Karriere zurück. „2001 eröffnete ich mit einem Partner die ‚2-Raum-Lounge’ auf den Höfen, wollte nach zwei Jahren aber raus in die Welt“, sagt der gelernte Industriekaufmann. Allerdings kam er nur bis Lesum: „Mir wurde ein Restaurant dort angeboten und ich eröffnete das Renoir.“ So verschob er die große Reise und verschrieb sich ganz der Gastronomie.
„Als Reza mir das hier 2020 anbot, habe ich gerechnet und gehandelt.“ Und nun ist es fertig: Nach drei Jahren Planung und Bauzeit entstand ein fünfstöckiges Wohnhaus mit dem neuen Rotkaeppchen, am 1. Dezember vergangenen Jahres war die offizielle Eröffnung. „Ich wollte ein gemütliches, klares und modernes Restaurant“, erklärt der 47-Jährige.
Die Speisekarte ist ebenso eine unaufgeregte Mischung verschiedener Länderküchen mit einem überwiegend vegetarischen Angebot. „Tatsächlich habe ich noch nie so wenig Fleisch in einem Restaurant verkauft“, sagt der gebürtige Bremer, dessen Lieblingsessen die Serbische Bohnensuppe seiner Mutter ist. Leider wird sie nie auf der Karte stehen.
So entscheide ich mich für Italien: Spaghetti al Limone – ein bisschen Frühling für 10,50 Euro. Der Chef wählt die Forelle mit Zitronenkräuter-Füllung, Gurkensalat und Drillingen (19,50 Euro). Und dann nehmen wir noch leicht abgewandelte Mezze (14,50 Euro).
Die Nudeln sind solide al dente gekocht, der Geschmack zart zitronig, aber leicht trocken. Ideal wäre es, ein Schluck Zitronen-Olivenöl separat dazu zu reichen. „Gute Idee“, meint Bekim Dervishaj und attestiert sie mir gleich noch einmal, als ich ihm rate, die Labneh-Zatar-Kugeln vom Mezze-Teller als Snack anzubieten. Die sind einfach köstlich. Er selbst steht auf den Fenchel mit Hummus (unsere Abwandlung des Tellers).
Stammgäste loben Kaffee und Kuchen
Die Forelle ist genial angerichtet. Grätenfrei und aufgeklappt gebraten, bietet sie Platz für einen leckeren – fast österreichischen – Kartoffel-Gurken-Salat. Ein sehr schönes Gericht.
Das sagen die Stammgäste: Wir sind schon ein paar Mal um das neue Rotkaeppchen herumgeschlichen und sind heute zum ersten Mal hier: Es ist kleiner als das alte, schicker, aber dennoch gemütlich, ruhig und das Essen war gut; mein Enkel hat mich hierhergeführt, weil er so gern hier ist und mir gefällt es auch. Heute hatte ich nur ein Stück Kuchen, demnächst probiere ich etwas Herzhaftes; eigentlich musste ich nur zur Toilette, wir sind also zufällig hier gelandet, weil es so ansprechend aussieht. Der Kaffee und Kuchen ist lecker – auf Toilette war ich noch nicht.
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Rotkaeppchen Restaurant & Bar, Am Dobben 97, 28203 Bremen, Telefon 0421-75446, www.rotkaeppchen-bremen.de, Öffnungszeiten: Montag und Dienstag Ruhetag, Mittwoch und Donnerstag von 12 bis 23 Uhr (Küche bis 22 Uhr), Freitag und Samstag von 12 bis 1 Uhr (Küche 23 Uhr), Sonntag von 16 bis 22 Uhr (Küche bis 21 Uhr), barrierefrei.