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Krankenhaushygieniker Bremer Arzt warnt: "Tropenkrankheiten erreichen uns"

Mit dem Klimawandel breiten sich Erreger aus: Das Bremer Gesundheitsamt richtet eine tropenmedizinische Sprechstunde ein. Ein Bremer Arzt warnt vor einem neuen Pilz, der in Kliniken und Heimen gefährlich wird.
04.06.2024, 05:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Bremer Arzt warnt:
Von Sabine Doll
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Die aus den Tropen eingewanderte Hyalomma-Zecke hat sich mittlerweile in Norditalien fest angesiedelt, wie Behörden kürzlich meldeten. Auch in Deutschland ist Zecke keine Unbekannte: Im Jahr 2018 wurden erstmals 19 gefundene Exemplare vom Robert Koch-Institut (RKI) dokumentiert. Die Gefahr: Die Zecke kann das gefürchtete Krim-Kongo-Fieber übertragen. Dies sind nicht die einzigen Krankheitserreger, die aus den Tropen zu uns kommen. Der Bremer Arzt und Krankenhaushygieniker am Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK), Michael Bojarra, warnt: „Weitere werden folgen, andere sind schon da. Tropenkrankheiten erreichen uns.“ Grund dafür sei die Klimaerwärmung.

Welche Tropenkrankheiten und Überträger sind bereits angekommen?

Beispiel ist die Asiatische Tigermücke, die das Dengue-, Chikungunya- und das Zika-Virus übertragen kann. Populationen sind bereits in Südwestdeutschland sowie in Jena, Berlin und Bayern angesiedelt ist. Laut Experten ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich bundesweit ausgebreitet hat. 2019 hat das RKI erstmals Infektionen mit dem aus Afrika stammenden und von Mücken übertragenen West-Nil-Virus bei Erkrankten in Deutschland erfasst, berichtet das „Deutsche Ärzteblatt“. In 80 Prozent der Fälle blieben Infektionen ohne Beschwerden, bei knapp 20 Prozent gebe es milde Symptome wie Fieber oder Hautausschlag. Etwa ein Prozent der Infektionen führe statistisch zu schweren oder auch tödlichen Verläufen.

Was sind weitere Folgen?

„Durch mildere Winter verändern sich auch Ausbreitung und Population heimischer Arten, die Krankheiten übertragen können“, betont der Arzt. Zecken etwa, die Borreliose-Bakterien oder FSME-Viren übertragen. Auch Rötelmäuse profitieren laut Experten vom Klimawandel, Kot und Speichel können Hanta-Viren enthalten, die etwa beim Kehren eingeatmet werden. Durch milde Temperaturen sei das Nahrungsangebot größer, was sich auf die Population auswirke.

Vibrionen kommen ganz natürlich im Salz- und Süßwasser vor. In der wärmer werdenden Ostsee etwa vermehren sie sich besonders stark. Die Bakterien können über Wunden in die Haut eindringen, gefährdet sind laut RKI Menschen mit geschwächtem Immunsystem.

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Was hat es mit dem Pilz Candida auris auf sich?

Der erstmals 2009 in Japan entdeckte Hefepilz hat sich weltweit rasant verbreitet. Als eine Ursache werden die global steigenden Temperaturen vermutet. Im Jahr 2023 wurde Candida auris in Deutschland 77 Mal nachgewiesen, teilt das Nationale Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen mit, aus Bremen gibt es bislang keinen Nachweis. Das Gefährliche: „Der Pilz ist gegen die meisten Medikamente resistent, übertragen wird er per Schmierinfektion. An Oberflächen haftet er lange – und er hat eine sehr hohe Widerstandskraft gegen Reinigung, ist auch gegen erste Desinfektionsmittel resistent“, erklärt Bojarra.

Gesunden setze er in der Regel nicht zu, anders bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem. „Für sie kann eine Infektion tödlich enden“, sagt der Bremer Arzt. Zur Risikogruppe gehörten vor allem schwerkranke Patienten in Kliniken, auf Intensivstationen, aber auch in Pflegeheimen.

Was bedeutet das für Kliniken?

„Wir haben die Klinikhygiene darauf eingestellt, für alle Kliniken ist das eine Herausforderung, die sie unverzüglich angehen müssen“, sagt der RKK-Krankenhaushygieniker. „Ziel ist es, mögliche Infektionsketten im Vorfeld zu unterbrechen.“

Bremen richtet eine tropenmedizinische Sprechstunde ein. An wen richtet sich das Angebot?

Seit Mai können sich Kliniken an die Ärztin für Tropenmedizin am Gesundheitsamt richten, teilt Pressereferentin Diana Schlee mit. „Immer wieder kommt es auch in Bremer Kliniken zu Patientenvorstellungen, bei denen differenzialdiagnostisch an eine mögliche Erkrankung aus dem Bereich der Tropenmedizin gedacht werden muss.“ Etwa bei Reiserückkehrern, früheren Langzeitaufenthalten oder Kindheit in tropischen Regionen. Ab wann die Sprechstunde allgemein zur Verfügung stehe, stehe noch nicht fest.

„Wir wissen nicht erst seit der Corona-Pandemie, dass sich Krankheitserreger auch durch Reisende und Geflüchtete rund um die Welt bewegen können“, so Schlee. Einzige Anlaufstelle im Norden sei das Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg. „Das Gesundheitsamt Bremen möchte auch in Bremen eine niedrigschwellige Anlaufstelle einrichten, an die sich Personen mit Verdacht auf eine Tropenerkrankung wenden können.“

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