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Themenabend in der Kulturbühne Elternabend in Bassum beleuchtet digitale Herausforderungen

Die digitale Welt und ihre Auswirkungen auf die Erziehung waren Thema eines Elternabends in Bassum. Experten und Eltern diskutierten über Herausforderungen und Chancen. Ein Abend, der viele Denkanstöße bot.
27.03.2025, 15:30 Uhr
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Von Peter Cordes

Eine Vielzahl von Eltern, aber auch Vertreterinnen aus dem Mütter-Kinder-Zentrum Bassum, dem Kindergarten Neubruchhausen und weiteren mit der Betreuung von Kindern beauftragte Einrichtungen begrüßte Elsbeth Ruholl vom Familienzentrum Bassum am Dienstagabend in den Räumen der Bassumer Kulturbühne an der Mittelstraße. Als Veranstalter hatte das Familienzentrum ein Expertenehepaar, die Filmemacherin Astrid Brüning und den Medienpädagogen und Filmemacher Wilfried Brüning aus Detmold, eingeladen. Für die Beiden war dieser Vortrag bereits der vierte Auftritt in Bassum. Während es 2012 und 2018 um „Wege aus der Brüllfalle“ ging, gab es laut Ruholl in diesem Jahr zum zweiten Mal Informationen zum Thema „Zwischen zwei Welten, Kinder im medialen Zeitalter“.

Nicht nur Astrid und Wilfried Brüning stellten in Übereinstimmung mit vielen Eltern fest, dass das Medienzeitalter in den letzten Jahren richtig an Fahrt aufgenommen hat: Digitale Medien sind überall, im Berufsleben, in der Freizeit, und das Internet ist längst selbstverständlicher Bestandteil unseres Lebens. Alle sind begeistert von den nahezu unbegrenzten Möglichkeiten – und ganz besonders die Kinder. Sie bewegen sich stunden- und tagelang in der virtuellen Welt und durchschauen die Technik schneller, als Eltern World Wide Web sagen können. Facebook, Whats App und Onlinespiele prägen das Freizeitverhalten und die Kommunikation der Kinder enorm. Kein Jugendlicher, der nicht an der Bushaltestelle mal eben kurz sein Smartphone checkt. "Unsere Kinder werden, anders als die Generation vor ihnen, in zwei Welten hinein geboren, in die reale Welt und die digitale Welt", hieß es.

Erziehung sei noch nie einfach gewesen

Erziehung ist laut den Brünings nie einfach gewesen, aber seit der Entwicklung des Internets scheint sie für viele Eltern zu einem schier unlösbaren Problem zu werden. Auf der Bassumer Kulturbühne ermutigten beide die Eltern dazu, diesen schwierigen Erziehungsauftrag aktiv anzunehmen.

„Wir verneigen uns vor den Eltern, die heute Abend nicht vor der Glotze oder dem Netz sitzen und hierhergekommen sind, denn wir sind besser als das Fernsehen“, sagte Wilfried Brüning einleitend. Beide Dozenten berichteten während ihrer dreistündigen und dennoch kurzweiligen Darbietung über die Entwicklung des Gehirns von Kindern. Mit der kindlichen Grundausstattung von Neuronen, zunächst ohne Aufgaben, müsse dieses von den Nutzern aktiviert werden und Informationen erhalten, um letztlich Wissen zu speichern und mit anderen Informationen der Vielzahl der Neuronen zu verstricken.

Geschickt bezogen Astrid und Wilfried Brüning ihre Gäste in die Präsentationen mit ein: Lukas betrat als gespielter Dreijähriger die Bühne, um eine Zitrone zu beschreiben und die getroffenen Feststellungen mit seinen weiteren Neuronen zu verknüpfen. Feststellen konnte er, dass die Zitrone gelb und rund, äußerlich uneben und kaum riechend ist. Als Geschmack stellte er eine Säuerlichkeit fest. All diese Informationen sendete er an seine weiteren Neuronen, um Querverbindungen ermöglichen zu können. Von Lukas eine Erfassung mit allen fünf Sinnen, während die übrigen Gäste im Saal als mediennutzende Zuschauer dieses mit nur zwei Sinnen erfassen konnten. Auch das Neuronen-Schutzprogramm kam ins Gespräch. Hier sollen Kinder Regeln lernen, wie sie ihre Neuronen vor dem Verkümmern schützen können.

Wie Dopamin süchtig nach Computerspielen macht

Weiter ging das Thema zu Dopamin, einem Botenstoff, den das Gehirn ausschüttet, um zu belohnen – beispielsweise, wenn ein Problem gelöst wurde. Nach diesem Glückshormon seien die Menschen süchtig, weil es gute Gefühle verbreitet. Laut Wilfried Brüning haben da Computerspiele eine ganz tückische Eigenschaft: Sobald sich die Kinder vor einer Spielkonsole befinden, erhöhe sich die Dopaminfrequenz sofort um 50 Prozent, bei Gewaltspielen um 100 Prozent. Kinder würden hier somit schneller belohnt, viel schneller als für Erfolgserlebnisse im realen Leben. Anhand der beliebten Spiel-App „Fortnite" erklärte er die Dopamin-gesteuerte Faszination von Kindern und wie diese in die Sucht führen könne. Die Einhaltung der Balance des Nutzungsverhältnisses im digitalen und realen Bereich sei wichtig.

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Die vielen Zwischenfragen wurden gerne beantwortet. Astrid und Wilfried Brüning wollen Kinder für das digitale Zeitalter stark machen. Ohne Absprachen ginge es da nicht. Mit ihren eigenen Kindern hätten sie gemeinsam für ihren familiären Bereich Smartphone-Regeln aufgestellt. Alle vier sorgen für digitale Pausen, gemeinsame Mahlzeiten werden ausschließlich im Offline-Modus eingenommen, während der Hausaufgaben und eine Stunde vor dem Schlafengehen sind Smartphones tabu. Beim Umgang mit Kleinkindern, beim Abholen aus dem Kindergarten, beim Spazierengehen, auf Ausflügen, beim Füttern, Vorlesen, Spielen, immer wenn ein Kleinkind Zuwendung benötigt, habe das Smartphone möglichst keine Rolle zu spielen. Unter donnernden Applaus beendeten sie den Abend. „Wenn Ihre Kinder sagen, dass sie Sie doof finden, haben Sie alles richtig gemacht“, so die Beiden schmunzelnd.

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