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Serie: Ein kleines Paradies Borgfelder Ehepaar zeigt seinen Skulpturen-Garten

Ein Borgfelder Ehepaar hat ein kleines Paradies geschaffen: Zwei Skulpturen-Gärten, die sich perfekt ergänzen. Ein Ort der Inspiration und Gelassenheit.
23.07.2025, 05:00 Uhr
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Borgfelder Ehepaar zeigt seinen Skulpturen-Garten
Von Justus Randt

Ist das ein blauer Gecko auf dem Mäuerchen? Vielleicht, man müsste näher herangehen, um das zu erkennen. Genau das wünschen sich Ralf Besser und Andrea Rosenberger: dass Besucher und Besucherinnen sich durch den verwinkelten Eingang auf ihr Borgfelder Grundstück trauen. In ihr Paradies, das eigentlich aus zwei Gärten Eden besteht, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Das Anwesen Upper Borg 145 und 147 ist zugleich Wohnsitz des Paares, Sitz der "Besser wie gut" GmbH, der "Ralf Besser Stiftung für Lebenswerte(s)" und Ausstellungsort für rund 300 Skulpturen: "Jeweils zur Hälfte draußen und drinnen", sagt Ralf Besser. Der Coach und Prozessbegleiter kommt für Unternehmen zum Einsatz, "wenn es menschelt", wie er sagt. Mit der Übersetzung "im ärgsten Krisenfall" ist er einverstanden. "Dann geht es darum, sich selbst zu klären. In der Teamarbeit ist es wichtig, andere nicht abzuwerten." Die Akzeptanz unterschiedlicher Sichtweisen ist dabei wichtig. Ein Besuch im Garten der Skulpturen und die persönliche Interpretation der Kunstwerke sollen diese Haltung unterstützen.

Das meint Ralf Besser nicht nur beruflich. "Unsere Gesellschaft fällt gerade auseinander", sagt er. "Meine kleine Stiftung versucht, Menschen zusammenzubringen. Demokratie ist schließlich eine Mitmachveranstaltung. Ich will Menschen Impulse geben." Das, glaubt er, könne durch Inspiration und kraft der Kunstwerke unter freiem Himmel gelingen. Wer will, kann viel entdecken. Im Schatten der Mauer grast eine Nachbildung von Picassos Ziege, umgeben von Originalen Bremer und internationaler Künstlerinnen und Künstler. Zu erreichen sind sie über beinahe sinnbildliche Holzwege, Stege, die Ralf Besser selbst zusammengezimmert hat und die bisweilen unter dem Gewicht der bedeutungsschweren Arbeiten und ihrer Betrachter wackeln.

Feuer, Erde, Wasser, Luft – alle Elemente spielen mit im Paradies. Ralf Besser hat beispielsweise eine Feuerschale aus Werkzeugen vom Flohmarkt angefertigt. "Die habe ich an einem Tag zusammengebrutzelt." Die nächste große Schweißarbeit wird eine "symbolische Wendeltreppe" vorm Haus sein, ganz allein für die 13 irdenen Irrwische, die Andrea Rosenberger "an langen Winterabenden" kreiert, im eigenen Ofen gebrannt und virtuos bemalt hat. "Monsterparty" heißt das Werk, das noch Projekt ist. Das Baumaterial liegt schon bereit – unweit einer Arbeit aus alten Grabsteinen: "So kommt der Tod in den Garten, und das Leben geht weiter."

Der Skulpturengarten ist Stück für Stück entstanden, seit Ralf Besser in den Achtzigern das erste und vor elf Jahren das Nachbarhaus Upper Borg gekauft hat. "Das war nie geplant, irgendwann bin ich Sammler geworden, auch um Künstler zu unterstützen." Der Garten ist halb offen. "Ich wundere mich, dass er in Borgfeld so unbekannt ist", sagt der 73-Jährige über das vordere Areal. "Ich möchte gerne den offenen Charakter unterstreichen und könnte mir auch Patenschaften vorstellen."

Wie der Garten gegen Stress hilft, erklärt Psychologe und Hobby-Gärtner Sven Beck in einer Episode des WESER-KURIER-Podcasts "Gartenhelden". Hören Sie direkt rein:

Immer wieder gibt es "Werte-Cafés", Feiern und auch Führungen. Dabei lassen sich ein falscher Giacometti oder Waldemar Ottos kleiner Pferdekopf entdecken, der im Großformat am Neptunbrunnen auf dem Domshof zu sehen ist, aber auch Arbeiten zeitgenössischer Bremer Künstler wie Amir Omerovic oder Mirsad Herenda. Dessen an einen verdorrten, windzerzausten Strauch erinnernde Skulptur ist derzeit Ralf Bessers Lieblingsstück. "Mein Kernwert ist es heute, die Schönheit im anderen zu entdecken", sagt er. "Und der Zweck meines Gartens ist, dass die Menschen über die Kunstwerke etwas über sich selbst erfahren."

Die Skulpturen im vorderen Garten verkörperten so etwas wie "das Anti-Paradies", räumt Ralf Besser ein: Arbeiten, die Krieg, Tod, drohende Überschwemmung, Zerstörung, überhaupt das Vergehen alles Irdischen thematisieren. Hinter den Häusern, spätestens, wenn man die zum Rekordeinsatz gespannten Rückenmuskeln der Skulptur "Speerwerfer" passiert hat, wird belohnt, wer an das Paradies als Ort des Verspielten und Hort des Friedlichen glaubt. Hier wie vorn wächst, was will, so naturnah es geht: "Was nicht will, das will nicht", beschreibt Andrea Rosenberger, die früher mit Kindern gearbeitet hat, das gärtnerische Konzept. Schnecken, Wühlmäuse "und der Rehbock" sind ständige Gäste.

Geprägt wird das Gartenleben von vielen Hinguckern, tönernen, glasierten Skulpturen, verwegenen Wesen oder Werken, die menschliche Eigenschaften versinnbildlichen. "Tanzende Mäuerchen" umfassen Beete. Indigo-blaue Details, wie die Pflanzenwelt sie höchst sparsam vorkommen lässt, oder funktionale Elemente wie am Drachenbrunnen hat Andrea Rosenberger aus Ton geschaffen und glasiert. "Hier kann man gut runterkommen", sagt die 65-Jährige. "Ich spiele gerne mit den Materialien, was ich in die Finger kriegen kann, wird eingebaut." In ihrem Garten sind Sitzpolsterbezüge bestückt mit Glas, Pailletten, Metall und Perlmutt.

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Info

An den Sonntagen, 27. Juli und 31. August, ist der Skulpturengarten jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Auch zu anderen Zeiten sind Gäste willkommen.
Ein Garten, Balkon oder die Parzelle im Grünen: Für viele Menschen ist jetzt die schönste Zeit des Jahres, denn endlich blüht es überall. Der WESER-KURIER besucht Bremerinnen und Bremer, die uns ihr kleines Paradies gezeigt und erklärt haben, warum sie sich dort so wohlfühlen, was sie alles machen für ihre grüne Oase und wie sie gepflegt und gehegt wird. Sie möchten mehr zum Thema naturnahes Gärtnern erfahren? Dann hören Sie in unseren Podcast "Gartenhelden" rein. Auf unserer Themenseite finden Sie alle bisher erschienenen Episoden.
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