Sonne gibt es hier fast den ganzen Tag, volle Breitseite, dazu ein weiter Blick über die Dächer und auf eine hoch aufragende Blutbuche direkt vor dem Haus. Bei Weitem nicht alle Menschen sind zufrieden mit ihrem Alterswohnsitz – doch das Ehepaar Mittermeier ist sogar sehr zufrieden. Und ihr Balkon, auf dem Obst, Gemüse und Kräuter gedeihen, ist ein wesentlicher Grund dafür. Dirk und Christiane Mittermeier haben sich ihre Wohnung für die Zeit im Ruhestand bewusst ausgesucht. Und sich auf ihrem begrünten Sonnendeck einen Entspannungsort geschaffen, mitten im dicht besiedelten Peterswerder.

An einem kleinen blauen Tisch trinkt Dirk Mittermeier seinen Kaffee.
Ein Leben auf dem Land war nicht ihre Vorstellung von der Zeit nach dem Erwerbsleben: "Enten füttern irgendwo an einem See, das ist nichts für mich", stellt Dirk Mittermeier klar. Stattdessen haben er und seine Frau nun das lebhafte Viertel in unmittelbarer Nähe. "Hier falle ich aus der Tür und bin mittendrin", sagt der Zahnarzt, der seit 2017 im Ruhestand ist. Das Ehepaar hört bei Werder-Heimspielen den Jubel der Fans im Weserstadion aufbranden und blickt vom Balkon auch auf eine Schule direkt gegenüber. "Morgens um kurz vor acht hört man hier die Mädels kreischen", sagt der Rentner. Und auch seine Frau, die früher als Buchhändlerin gearbeitet hat, betont: "Das ist doch schön, das ist Leben."
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Ihr Balkon kurz hinter dem Brommyplatz ist ihr luftiger Rückzugsort. Und er ist so lang, dass man darauf fast einen kleinen Spaziergang machen kann. Vor der warmen Hauswand reihen sich Kübel mit Spalierobst, Kräutern und Gemüse auf. Majoran, Thymian, Koriander, Salbei und kleine Chili-Schoten sprießen im Topf. Und am Geländer hängt alle paar Zentimeter eine andere blühende Pflanze – Petunien und Kaskadenblumen in leuchtenden Farben. Die Blumen sind in ihrer Obhut, Obst und Gemüse in seiner. "Das ersetzt fast einen Garten – und einen Garten möchte ich jetzt auch gar nicht mehr haben", sagt Dirk Mittermeier.
Stadtwohnung statt Haus auf dem Land
Früher, mit ihren zwei Kindern, da hat das Ehepaar ein eigenes Haus auf dem Land bewohnt, im Landkreis Verden. Als die Kinder erwachsen waren und ihre eigenen Wege gingen, verkauften sie ihr Haus und zogen zunächst in eine Mietwohnung in Schwachhausen. Doch der Stadtteil schien nicht so recht zu ihnen zu passen, erzählt Christiane Mittermeier. Lieber als Schwachhausen ist dem Paar das bunte Treiben im Viertel. Und sie suchten sich bewusst eine Wohnung mit besonderen Hilfen für ältere Menschen. Das Ehepaar lebt in einem sogenannten "Haus mit Service", betrieben und vermietet vom privaten Pflegedienst "Bremer Hände".

Auf dem warmen Balkon der Mittermeiers gedeihen sogar Nektarinen.
Das Gebäude – Casa Nuvo heißt es – ist speziell für ältere Menschen konzipiert. Zusätzlich zu den individuellen Wohnungen gibt es Gemeinschaftsräume für alle Hausbewohner und ein Service- und Pflegebüro im Erdgeschoss. Hausmeisterdienste und ein Hausnotruf können dazugebucht werden. Außerdem organisiert der Träger bei Bedarf Hilfe beim Einkaufen, Putzen oder Wäschewaschen für die Hausbewohner. Und ab und zu gibt es im Haus gemeinsame Veranstaltungen für die Hausbewohner, zum Beispiel ein Grillfest.
"Die Gemeinschaft hier im Haus ist toll, einer passt auf den anderen auf, auch wenn zum Beispiel jemand stürzt", erzählt Dirk Mittermeier. "Wir haben uns frühzeitig eine Wohnung gesucht, wo wir bleiben können", betont er. Auch dann, wenn eine Person mal nicht mehr allein zurechtkommen sollte.

In einer Ecke des Balkons hat sich Dirk Mittermeier eine Außenküche aufgestellt. Hier brutzelt er gerne besondere Gerichte, von Paella bis zu Hähnchen mit Bierkruste.
Das Wohnen hier ist nicht für alle bezahlbar, so viel ist klar. Aber es scheint dennoch genügend Senioren zu geben, die sich die monatlichen Kosten für diese Wohnform im Alter leisten können. Jedenfalls sei sie sehr stark nachgefragt, sagt Dirk Mittermeier: "Für das Haus gibt es eine endlose Warteliste", erzählt er. Er ist überzeugt, dass es in der Stadt mehr Angebote für ein solches "Wohnen mit Service" für ältere Menschen geben müsste.
Draußen kochen mit Grill und Wok
Und der besondere Bonus ist für das Ehepaar Mittermeier ihr begrünter Balkon. An seinem Anfang steht ein blauer Tisch für den Espresso, am Ende eine weitere Besonderheit: eine große professionelle Außenküche mit Grill und einer zusätzlichen Gasflamme zum Kochen. Dort brutzelt der Rentner unter freiem Himmel ab und zu etwas Feines, gerne auch im Wok: Paella, Surf’n'Turf, also Fleisch mit Garnelen, oder ein ganzes Hähnchen mit Bierkruste.
Ein paar Zutaten können die Mittermeiers auf ihrem Balkon selbst ernten: Nektarinen und gelbe Paprika, Schlangengurken und kleine dunkelrote Äpfel. "Letztes Jahr haben wir von diesem Baum auf dem Balkon 120 kleine Äpfel geerntet und Apfelmus gemacht", erzählt Dirk Mittermeier. Und die Balkonernte reichte sogar für Nektarinen-Marmelade. "Hier kommt den ganzen Tag die Sonne hin, hier ist es hell", sagt der Rentner. "Im Alter will man Licht."