Dass Menschen aus dem karnevalsverrückten Köln fliehen, können zurückhaltende Bremer sicherlich verstehen. Zurückhaltend bezieht sich aber lediglich auf die feierwütigen, tollen Tage, die an der Hansestadt völlig unbeeindruckt vorüberziehen. Denn ansonsten wird auch hier toll gefeiert.
Nun ist mir allerdings zu Ohren gekommen, dass es – für mich vollkommen unverständlich – Menschen geben soll, die vor der Fußball-Europameisterschaft im Sommermärchenland Deutschland fliehen wollen. Das bedeutet, dass sie sich nicht an den Schluchsee oder nach Pellworm verziehen können, denn auch dort wird Fußball gekuckt – vor allem werden die Spiele ja wirklich fast überall, außer in Bremen, auch beim Public Viewing gezeigt. Da fällt mir ein, dass die Engländer über diese neuerliche deutsche Wortadaption gern die Nase rümpfen. Denn bei ihnen bedeutet diese Wortkombination schlicht und einfach Leichenschau.

Nun, so weit wollen wir es nicht kommen lassen. Schließlich stehen auf dem Spielfeld keine Zombies, sondern ausnahmslos tolle Sportler. Aber zurück zur Flucht vor dem Fußballfieber: Agenturen, die sich auf diese Menschen spezialisiert haben, schlagen zum Beispiel Litauen oder Estland als Zufluchtsorte vor, denn beide baltischen Länder haben sich seit 1980 nie für die EM qualifiziert. Darüber hinaus gibt es in der Bevölkerung angeblich auch kaum Interesse an der Großveranstaltung. Es wartet also garantierte Ruhe vor Torjubel und Enttäuschungstränen. Auch Malta biete sich laut Untersuchung des Ferienhausanbieters Holidu an. Denn die Maltesen haben sich nicht qualifiziert. Das Schöne: Malta liegt im sonnigen Süden. Denn um ehrlich zu sein, wie blöd wäre es, wenn man vor der EM flieht – und dann in den Regen. Denn eines sollte ja wohl allen EM-Flüchtlingen klar sein: Das nächste Sommermärchen wird natürlich von Sonnenschein begleitet sein.