Der Wind schiebt sonnenwarme Luft vom ägäischen Meer herüber und das leise Plätschern der Wellen erzeugt bei geschlossenen Augen ein wohliges Gefühl auf der Strandliege. Einfach mal nichts tun, das muss mal sein. Dabei schweifen die Gedanken zu Badefreuden im azurblauen Mittelmeer oder in einem der schicken Hotelpools, zur köstlichen griechischen Küche und zur Geschichte der Insel.
Denn bei Kos handelt es sich um eine vorgelagerte kleinasiatische Insel. Sie wird auch als die Insel des Hippokrates bezeichnet. Gilt doch der berühmte Arzt, der auf Kos geboren wurde, als Vater der modernen Medizin.
Antike Gebäude
Als die Sonne an einem der nächsten Tage den Zenit lange schon überschritten hat, geht es mit dem Linienbus nach Kos-Stadt. Viele bunte Souvenirläden schmücken dort rechts und links die kleinen Gassen. Das angesteuerte Ziel ist jedoch das alte Ausgrabungsgelände Agorá in der Nähe des Hafens.
Dort sind die Spuren von Wohngebäuden aus der Zeit der Johanniter zu sehen. Sie bildeten an dieser Stelle über Jahrhunderte das mittelalterliche Stadtzentrum. Bei einem schweren Erdbeben im Jahr 1933 wurden die Gebäude völlig zerstört. Archäologen nutzten die Gelegenheit und gruben die darunter liegenden Teile der antiken Agorá und der angrenzenden Gebäude aus.
Von dort geht es nur ein paar Schritte weiter zum Hafen mit den vielen kleinen Fischerbooten. Fischer Konstantinos Pitas hat es sich auf einem Stuhl gemütlich gemacht und seine Füße auf dem gegenüberstehenden abgelegt. Jetzt holt er aus einem Bottich Schnüre heraus, an denen er kleine Angelhaken befestigt. Diese benötigt er für die nächste Ausfahrt. Dabei erzählt er, dass er am späten Nachmittag mit seinem kleinen Fischerboot und gutem Fang von mächtigen Zackenbarschen, Kronenfischen, Seebarschen und Meerbrassen zurückgekommen sei. Um drei Uhr in der Nacht sei er hinausgefahren und habe seine Netze ausgelegt. Heute Nachmittag habe er sie eingeholt.
Den guten Fang hat er gleich nach dem Einholen der Netze seinen Restaurants angekündigt, deren Mitarbeiter anschließend die Fische – zum Teil auf Mopeds – abgeholt haben. Kosten kann man seinen fangfrischen Fisch in einer Seitenstraße in Hafennähe.
Ort der Heilkunst
Weitere entspannte Tage vergehen mit Baden, Massagen im Hotel-Spa und Segeltouren auf einem Katamaran. Nach den sportlichen Aktivitäten möchte der Geist gefüttert werden: Der deutschsprachige Guide Ioannis Sakovaros lädt zu einer Inselerkundung. Es geht 100 Höhenmeter hinauf zur südwestlich von Kos-Stadt gelegenen Kultstätte Asklepieion. Dort liegt der Ort, an dem Asklepios – der Gott der Heilkunst – verehrt wurde. Sakovaros erklärt, dass an diesem Ort die Heilkunst bereits im 4. Jahrhundert vor Christus auf der mittleren Terrasse, dem ältesten Teil der Anlage, gelehrt und häufig auch praktiziert wurde. Nachgewiesen sind Räume, in denen die Patienten vermutlich wohnten. Auch wurden zwei unterirdische Räume gefunden, die für Patienten mit Lepra oder Geschlechtskrankheiten reserviert waren. In großes Staunen versetzt der Guide, als er berichtet, dass bereits damals bei einem Soldaten eine Gehirnoperation erfolgreich durchgeführt wurde und er noch 20 Jahre weitergelebt hat. Dies wurde anhand eines gefundenen Schädels nachgewiesen.

Der Ort Asklepieion auf der Insel Kos ist ein antikes griechisches Heiligtum. Dort wurde der Gott der Heilung, Asklepios, verehrt.
Anisschnaps von der Insel
Anschließend steuert Guide Ioannis Sakovaros den Wagen über äußerst schmale und kurvenreiche Straßen durchs mächtige Dikeos-Gebirge dem kleinen Bergdorf Zia auf circa 350 Höhenmetern entgegen. Unterwegs parkt er den Wagen für eine kleine Pause. Bereits beim Aussteigen schwappt der Duft von Thymian und Oregano in die Nase, der die zerklüftete Bergwelt bevölkert. Ioannis Sakovaros pflückt eine Handvoll dill-ähnliche Pflanzen. Es handelt sich um Anis, wie der Guide erläutert.
Kurze Zeit später hält er für einen Kaffee im „Dreiseelendorf“ Evangelistria an der Taverne „Asfendiou“ weit vor dem Bergdorf Zia an. Dort laufen Begrüßung und Bestellung nach ewig gleichem Ritual ab. Die Stammgäste umarmen den Wirt Nikolaos unter der Pergola, gehen dann hinein zu seiner 74-jährigen Mutter Irene, die mit ihrem schwarzen Kopftuch in einer dunklen Ecke am Tisch sitzt. Von ihr erfahren sie, was die Küche heute Gutes hergibt. Danach schenkt der 53-jährige Nikolaos einen Anisschnaps aus und dann heißt es „Jamas“, Prost mein Freund, und der Ouzo rinnt die Kehlen hinunter. Sofort wird ohne Kommentar nachgeschenkt. Zum Abschied, der sehr herzlich ausfällt, gibt es von Mutter Irene eine von ihr gepflückte rote Rose.
Ein paar Höhenmeter und Kurven weiter sind die weißen Häuser inmitten von Olivenhainen, Pinien und Zypressen nicht zu übersehen. Auf einer kopfsteingepflasterten Straße warten typische Touristenläden auf Gäste, in denen erstaunlicherweise neben traditionellen, handwerklich hergestellten Produkten auch Massenware wie T-Shirts aller Art angeboten werden.
Was dieses kleine Bergdorf jedoch auszeichnet, ist die fantastische Aussicht über große Teile der Insel Kos mit dem mächtigen Salzsee – auf dem manchmal Flamingos stolzieren –, zu den Nachbarinseln Kalymnos und Pserimos sowie den Ausläufern von Kleinasien. Der Sonnenuntergang muss von dort aus fantastisch sein – wie an so vielen Orten auf dieser kleinen Insel in der Agäis.