Hängt in Deutschland mal wieder ein blasses Grau vom Himmel, strahlt in Tel Aviv munter die Sonne vom blauen Firmament. Im T-Shirt joggen die ersten Läufer am Strand entlang, einige Volleyballspieler treffen sich für ein morgendliches Match.
Geplant als Stadt, in der es keinen Kommerz gibt, hat sie sich längst zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mittelpunkt Israels entwickelt. Wolkenkratzer treffen in der Nonstop-City auf minimalistische Bauhaus-Architektur, Palmen und wuchernde Bäume, auf hippe Cafés und Restaurants. Essenslieferanten sausen auf Motorrollern umher, und wer die oft staubelasteten Straßen meiden will, weicht auf einen der zahlreichen E-Scooter aus.
Junge Metropole am Meer
Tel Aviv ist dabei noch eine sehr junge Metropole. „Die Stadt wurde 1909 von ein paar Familien aus dem benachbarten Jaffa gegründet“, erläutert Claude Aviram, der in Israel als Reiseleiter arbeitet. Wohnten in den Anfangsjahren nur wenige Tausend Menschen in Tel Aviv, zogen ab den 1930er-Jahren viele europäische Juden in die Stadt: auf der Flucht vor dem Holocaust. Bis heute ist ein Großteil der Bevölkerung jüdisch. Muslimische Einflüsse sieht man – abseits vom heute eingemeindeten Jaffa – eher selten.

Bunt, modern, kritisch: Tel Aviv besitzt eine lebendige Kulturszene. Das beweisen nicht nur zahlreiche Graffittis in der Stadt.
Bekannt ist Tel Aviv heute für seine Kunst, das Nachtleben und eine lebendige Start-up-Szene, aber auch für seine unverschämt hohen Lebenshaltungskosten: 2021 landete die Stadt laut einem Ranking des britischen Magazins „The Economist“ auf Platz eins der teuersten Städte weltweit – noch vor Paris und Singapur. Punkten kann Tel Aviv dafür mit seiner Küche. Durch seine geografische Lage und Migrationsprozesse mischen sich in der Küstenmetropole mediterrane, arabische und asiatische Einflüsse. Bei Streifzügen durch die Stadt fällt auf: Fast an jeder Straßenecke befinden sich einladende Bistros, Restaurants und Cafés. Besucher haben die Qual der Wahl zwischen israelischen Klassikern wie duftendem Shakshuka, Oliven und frischem Hummus sowie Gerichten der Fusion- und internationalen Küche. Ihr Ruf eilt der Foodszene Tel Avis voraus: Sie soll eine der kreativsten weltweit sein.

In den Läden an der Levinsky-Straße finden Feinschmecker Süßigkeiten, Gewürze, Reismischungen und andere Spezialitäten.
Ein kulinarischer Hotspot ist dabei der Markt an der Levinsky-Straße. Händler verkaufen dort in erster Linie alles, was nicht in den Kühlschrank muss: Also Gewürze, Kräuter und Trockenfrüchte. Schalen und Kartons quellen beinahe über mit Datteln, kandierten Früchten und Zimtstangen. Nur ein paar Schritte weiter gibt es Spezialitäten des Nahen und Mittleren Ostens direkt auf die Hand. Zum Probieren gibt es etwa luftige jemenitische Teigfladen, die sogenannten Lahuch, mit Käse gefüllte Blätterteig-
taschen (Bourekas) oder Gondi, eine persisch-jüdische Suppe mit Fleischbällchen.
Nur gut 45 Zugminuten von Tel Aviv entfernt liegt Jerusalem. Aus einheitlich beigem Stein auf sieben Hügeln gebaut, macht die Heilige Stadt nicht nur architektonisch einen ganz anderen Eindruck als das liberale Tel Aviv. Statt Hochhäusern prägt die goldene Kuppel des Felsendoms die Stadtkulisse, Pinien und das Rot von Ziegeldächern sorgen für Farbtupfer. Als Heilige Stadt für Christen, Muslime und Juden ist sie Anziehungspunkt für zahlreiche Gläubige. So beherbergt Jerusalem eine große Gemeinde an orthodoxen Juden, deren männliche Mitglieder auf den Straßen leicht an ihrer schwarzen Kleidung, einem hohen Hut und Schläfenlocken zu erkennen sind.

Jüdische Frauen beim Gebet am für Frauen bestimmten Abschnitt der Klagemauer.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Jerusalem schützt eine Stadtmauer aus der osmanischen Zeit. Fast fünf Kilometer lang schlingt sie sich um die Altstadt, die in ein jüdisches, christliches, armenisches und muslimisches Viertel gegliedert ist. Im Inneren dagegen reiht sich eine religiöse Stätte an die andere: Die Grabeskirche, die an der Stelle errichtet sein soll, wo Jesus Christus beerdigt wurde, die Klagemauer als jüdischer Gebetsort und der islamische Felsendom. Touristen sollten in der Altstadt, insbesondere an den Toren zum muslimischen Teil, beim Tempelberg und der Klagemauer jedoch besonders aufmerksam sein.

Am Nachmittag herrscht am Toten Meer eine besondere Lichtstimmung – hier mit Blick auf das jordanische Ufer.
Salzsee in der Tiefe
Da Israel ein vergleichsweise kleines Land ist – etwa halb so groß wie die Schweiz – gelangen Einheimische und Besucher in etwa 45 Autominuten von Jerusalem zu den Ufern des Toten Meeres. Während am Autofenster erst die trockenen Landschaften der judäischen Wüste vorbeiziehen, gelegentlich unterbrochen von Palmenplantagen für den Dattelanbau, kommen bald erste blaue Wasserflecken in Sicht. Während das Baden an den öffentlichen Stränden ein eher massentouristisches Erlebnis ist, verzaubert der Salzsee besonders am Nachmittag mit einem unwirklichen Licht. Fällt die Sonne in den Nachmittagsstunden auf das jordanische Ufer des Toten Meeres, leuchten die Berge rosa auf und spiegeln sich sanft in dessen Wasser. Ein Anblick, der ausgerechnet am tiefsten vom Land zugänglichen Punkt der Erde, 428 Meter unter dem Meeresspiegel, an einen Sonnenaufgang über den Wolken erinnert.
Die Reise wurde unterstützt vom israelischen Tourismusministerium.