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Medizinische Versorgung 50 Jahre Kinderklinik Bremen-Nord

Seit 50 Jahren besteht die Kinderklinik in Bremen-Nord im eigenen Gebäude. Eine pensionierte Kinderkrankenschwester und eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin berichten, was sich verändert hat.
01.01.2019, 19:21 Uhr
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Von Ulrike Schumacher

Bremen-Nord. Streng war's. Aber auch schön. Angela Eiken denkt gern an ihr langes Berufsleben zurück, das vor 50 Jahren in der Kinderklinik in Bremen-Nord begann. Die Blumenthalerin ist zu Besuch auf „ihrer“ alten Station, und sofort fallen ihr wieder all die Erlebnisse und Geschichten ein, die ihr Leben ausmachten, nachdem die damals 18-Jährige am 1. Oktober 1968 ihre Ausbildung zur Kinderkrankenschwester begann.

Dass sie gern „mit Kindern arbeiten“ wollte, sei ihr früh klar gewesen, erinnert sich Angela Eiken. Sie hätte Erzieherin oder Kindergärtnerin werden können, aber der Beruf hatte einen Haken: „Ich kann nicht gut singen“, erzählt die 68-Jährige und lacht. Sie ließ sich zur Kinderpflegerin ausbilden und anschließend zur Kinderkrankenschwester. Heute heißt der Beruf „Examinierte Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin“. So darf sich Annika Runge seit dem 1. Oktober dieses Jahres nennen. Die Kinderklinik hat die 21-Jährige nach der Ausbildung übernommen. Auch Annika Runge schwärmt von einem „tollen Job“.

Seit 50 Jahren befindet sich die Kinderklinik in ihrem eigenen Gebäude am Klinikum Bremen-Nord. Wie sich die Arbeit dort im Lauf der Jahrzehnte verändert hat, wird deutlich, als beide Frauen am einerseits ehemaligen und andererseits noch neuen Arbeitsplatz miteinander ins Gespräch kommen. Schon die Zahlen unterscheiden sich. „Damals gab es in Bremen-Nord einen einzigen Kinderarzt“, sagt Angela Eiken. Entsprechend groß war die Nachfrage nach medizinischer Hilfe durch das Krankenhaus.

Acht Stationen mit 150 Betten habe die Kinderklinik damals gehabt, erzählt sie. Angela Eiken kann sich noch an einen Weihnachtstag erinnern, an dem die Kinderstation fast 50 Eilfälle behandeln musste. „Heute hat sich die Zahl der niedergelassenen Kinderärzte sehr erhöht“, weiß die 68-Jährige. „Die Kinderklinik steht mit ihnen in Kontakt“, ergänzt ihre junge Kollegin. Früher mussten die Mädchen und Jungen in der Regel für zwei oder drei Wochen auf der Station bleiben. Das sei längst nicht mehr so, wenn sie ambulant weiterbehandelt werden können. „Heute sind die Kinder im Durchschnitt zwei bis drei Tage in der Klinik“, berichtet Annika Runge.

Damals seien all die Impfungen, die es heute gibt, noch gar nicht selbstverständlich gewesen, sagt Angela Eiken. „Wir hatten zum Teil Kinder mit schweren Erkrankungen wie Hirnhautentzündung oder Scharlach auf der Station.“ Heute, sagt Annika Runge, „wird so etwas wie Scharlach zu Hause vom niedergelassenen Arzt behandelt.“ Heute gibt es nach Auskunft von Gesundheit-Nord-Sprecher Timo Sczuplinski in der Kinderklinik Bremen-Nord 45 Betten – „15 auf der neonatologischen Intensivstation und 30 in der Akut-Pädiatrie.“ Im Jahr 2017 seien am Klinikum Bremen-Nord insgesamt rund 3500 Kinder stationär behandelt worden. Vom Säugling bis zum 18-jährigen Patienten hat Annika Runge in ihrer Obhut.

Es gebe noch ein Zimmer mit höchstens vier Betten, sagt sie. Aber das sei die Ausnahme. Die Regel in der Kinderklinik sind Zwei-Bett-Zimmer mit der Möglichkeit, dass die Eltern bei ihren Kindern übernachten können. Das hätte vor ein paar Jahrzehnten geradezu utopisch geklungen. Erst Ende der 1970er-Jahre kamen die Eltern mehr und mehr mit dazu, wenn ihre Kinder im Krankenhaus lagen, berichtet Angela Eiken. Davor hatten sie sich an die strengen Besuchsregeln zu halten: zweimal in der Woche durften die Mütter und Väter ans Krankenbett ihrer Kinder.

Gut, dass das jetzt anders ist, meint auch die Ruheständlerin. „Dass die Eltern jetzt bei ihren Kindern sein dürfen, wirkt auf diese beruhigend und spielt eine wichtige Rolle bei der Genesung“, sagt Annika Runge. „Heimweh löst Stress aus.“ Dabei übernehmen die Eltern so manchen entlastenden Handgriff, ergänzt Angela Eiken, die von 1979 bis 1981 die Mädchenstation leitete. Gleichwohl kann es aber auch für die Eltern eine Belastung sein, wenn ihr Kind ins Krankenhaus muss. „Deshalb ist die Begleitung der Eltern und Geschwisterkinder auch Teil unserer Ausbildung“, fügt die junge Kollegin hinzu.

Annika Runge hat während ihrer dreijährigen Ausbildung nicht nur verschiedene Stationen kennengelernt, sondern auch die verschiedenen Kliniken der Gesundheit Nord (Geno) sowie das Reha-Zentrum Friedehorst. Die Auszubildenden würden nicht nur eine umfassende und qualifizierte Ausbildung genießen, sagt der Geno-Sprecher, sie erhielten auch eine Übernahmegarantie. „Ich hätte mir aussuchen können, wofür mein Herz schlägt“, freut sich Annika Runge. In der Kinderklinik fühlt sie sich rundum wohl und am richtigen Platz. „Ich wollte Verantwortung und Fürsorge für andere Menschen übernehmen, und die Arbeit mit Kindern hat mich gereizt.“

Anders als Angela Eiken wurde Annika Runge während der Ausbildung nicht in den Personalschlüssel mit eingerechnet. Angela Eiken hingegen hatte während ihrer Ausbildung in der Nachtschicht schon die alleinige Verantwortung für die Station übernehmen müssen. Das sei schon sehr aufregend gewesen. „Es ist gut, dass sich das geändert hat.“

Wie so manches. Dass der Computer die Arbeit inzwischen überall erleichtert, ist längst kein Thema mehr. Aber damals in den 1980er-Jahren, erzählt Angela Eiken, gab es bei der Umstellung vom Zettel-System auf Computer „einen großen Aufschrei – alles hat sich gewehrt.“

Auch das Drei-Schicht-System, das Annika Runge wegen der Flexibilität sehr schätzt, war zu Angela Eikens Zeit noch nicht eingeführt. „Für uns gab es Tagesarbeitszeit von 6 bis 13 Uhr und nach einer Pause von 16 bis 19 Uhr.“ Einen weiten Weg zur Arbeit hatte sie nicht. „Man lebte damals noch im Schwesternwohnheim in Zwei-Bett-Zimmern“, berichtet Angela Eiken. „Das war eine schöne Zeit, aber auch streng. Wir waren mit 18 Jahren ja noch nicht volljährig.“

Im Wohnheim gab es eine Oberschwester als Ansprechpartnerin. „Oberschwester Margarethe“, sagt Angela Eiken und kann sich das Lachen nicht verkneifen. „Mit Haube, weißer Schürze und langem Kleid.“ Eine resolute Person. Es kam vor, berichtet die frühere Schwesternschülerin, dass Männer versuchten, bei den jungen Frauen ins Fenster zu schauen. Dann sei Oberschwester Margarethe – bewaffnet mit einer Bratpfanne – nach draußen geschossen und habe für Ordnung gesorgt.

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