Bassum/Syke. „Eigentlich wollte ich in die Landwirtschaft“, sagt Jonathan Saul. Doch ein Schulpraktikum weckte sein Interesse für eine etwas andere Richtung. Nun ist der 19-Jährige in seinem zweiten Lehrjahr zur Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft bei der Abfallwirtschaftsgesellschaft Bassum (AWG) und überzeugt, den richtigen Beruf für sich gefunden zu haben.
Die Arbeit sei abwechslungsreich und vielfältig, einen typischen Tag gebe es nicht, berichtet Jonathan Saul. Als Azubi kommt er in allen Bereichen der AWG zum Einsatz. Wochenweise wird zwischen Annahme, Wertstoffhof, Problemabfall, Zwischenlager, Kompostlager, Biomassezentrum und Restabfallbehandlungsanlage rotiert. So lerne er alles kennen und erhalte Einblicke in die verschiedenen Herausforderungen, die der Beruf mit sich bringt.
Wie zum Beispiel beim Problemabfall, wo Farben, Lacke, Öle abgegeben werden können. Die Fachkräfte der AWG sind für das Sortieren zuständig. Für jede Flüssigkeit gibt es einen eigenen Behälter. Und häufig sammeln sich dort zudem Flaschen, Dosen und andere Behälter, bei denen die Etiketten unlesbar geworden sind oder die handschriftlich verändert wurden. Was wirklich in den Behältnissen ist, wissen vielfach nicht mal mehr die Leute, die sie bei der AWG zur ordnungsgemäßen Entsorgung abgeben. „Unsere Aufgabe ist es dann erstmal, den Inhalt zu identifizieren“, erläutert Jonathan Saul. Dazu wird unter anderem mit PH-Papier erstmal der PH-Wert gemessen: Ist die klare Flüssigkeit aus der grünen, unbeschrifteten Flasche sauer oder alkalisch? Außerdem ist zu klären, ob der Inhalt Öl enthält oder die Flüssigkeit brennbar ist. Je nachdem, was die Fachkräfte herausfinden, werden die Flüssigkeiten dann in den unterschiedlichen Behälter gesammelt. Dass Jonathan Saul dabei Schutzkleidung samt Spritzschutzbrille trägt, ist ihm schon in Fleisch und Blut übergegangen. „Chemie“, lautet dann auch seine Antwort auf die Fragen nach dem Schulfach, das er für seine Ausbildung am meisten benötigt. „Man muss eben verstehen, warum man zwei Stoffe besser nicht zusammen kippt.“
Das andere Fach ist Mathe, fügt er noch hinzu. „Vor allem beim Wertstoffhof ist Kopfrechnen gefragt“, verrät er. Auch Volumenberechnung sei hilfreich. Der Umgang mit den Kunden, die ihren Abfall dort abgeben, macht ihm am meisten Spaß. „Man muss auf sie eingehen und ihnen zum Beispiel auch gut erklären können, warum was jetzt wohin gehört“, sagt der 19-Jährige. Das sei etwas, das er auch in seinem Privatleben inzwischen häufiger von Familienmitgliedern und Freunden gefragt werde, gesteht er mit einem Lachen.
An den Geruch im Entsorgungszentrum habe er sich anfangs gewöhnen müssen, räumt Jonathan Saul ein. „Aber das riecht man irgendwann gar nicht mehr.“ Er würde sich jederzeit wieder für den Beruf entscheiden. „Es gefällt mir, am Ende des Tages zu sehen, was ich geschafft habe.“
„Den Beruf der Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft gibt es ungefähr seit Ende der 1980er-Jahre, als die Abfallbeseitigung immer komplexer wurde“, erklärt AWG-Pressesprecher Matthias Kühnling. Wie komplex dieser Bereich inzwischen ist, zeigen auch die Anforderungen. Die Ausbildung dauert drei Jahre und ein Realschulabschluss ist erforderlich. Der Unterricht erfolgt in Blöcken am Bildungszentrum Technik und Gestaltung in Oldenburg, Fachlehrgänge in Hildesheim zu Labor und Technik – im zweiten Lehrjahr zum Beispiel für das Excel-Programm – kommen hinzu. „Es ist ein Beruf für Leute, die nicht jeden Tag denselben Ablauf wollen“, unterstützt Dominik Albrecht von der AWG die Einschätzung Jonathan Sauls, dass dieser Beruf vor allen Dingen abwechslungsreich ist. An einem Tag sei man mit dem Schadstoffmobil im Landkreis unterwegs, um die Sammelstellen für Batterien und ähnliches anzufahren, berichtet Jonathan Saul; an einem anderen Tag gehe es ins Kompostwerk, wo der biochemische Ablauf geprüft wird, zum Beispiel mit dem Messen des austretenden Methans. „Da ist schon in der Ausbildung Eigenverantwortung gefragt“, so Albrecht.
Die AWG ist eines der wenigen Unternehmen in der Region, die zur Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft ausbilden. Derzeit gibt es dort vier Auszubildende in dieser Sparte. Wer sich für den Beruf interessiert, sollte bei der Berufs-Informations-Börse (BiB) der Berufsbildenden Schulen Syke (BBS) vorbeischauen, raten Albrecht und der Azubi-Botschafter der AWG, Marco Carver. Dort ist die AWG mit einem Stand vertreten und Marco Carver informiert gern über diese Ausbildung und die weiteren Möglichkeiten, die es bei der AWG gibt. Die BiB findet von Donnerstag bis Sonnabend, 20. bis 22. Februar, in der Europaschule, An der Weide 8, statt.