Gerichtsverfahren kosten Geld. Und wer verurteilt wird, muss zahlen. Dabei kann durch Zeugengelder, Auslagen der Schöffen, Honorare für Anwälte und Sachverständige eine Rechnung in Höhe von mehreren Zehntausend Euro entstehen. Die Sprecherin des Landgerichts Verden, Katharina Krützfeldt, erklärt, wie sich die Kosten zusammensetzen.
Ein fiktiver Fall: Auf der Domweih streiten zwei Personen, die eine schlägt die andere mit einem Bierkrug nieder und attackiert sein Opfer weiter. Dieses stirbt, und die Staatsanwaltschaft klagt den Täter wegen Totschlags an. Ein Schwurgericht verhandelt den Fall. Mehrere Zeugen sagen aus, Sachverständige beurteilen, ob der Angreifer schuldfähig war und woran das Opfer genau gestorben ist. Verwandte des Toten treten als Nebenkläger auf und werden von Anwälten vertreten. Auch ein Dolmetscher wird benötigt. Geführt wird der Prozess vor dem Landgericht an zehn Tagen. Der Angeklagte wird verurteilt, damit trägt er auch die Kosten. Und die können sich in dem beschrieben Verfahren schnell auf mehrere Zehntausend Euro belaufen.
Teuer, aber notwendig
Als Beispiel beschreibt Katharina Krützfeldt, Sprecherin des Landgerichts Verden, einen ähnlichen Fall, den das Gericht vor einigen Jahren verhandelte. „Der Angeklagte musste rund 60 000 Euro bezahlen, der Großteil sind dabei Anwalts- und Sachverständigenhonorare“, erklärt sie. Sachverständige werden in vielen Verfahren gehört. Sie beurteilen, ob der Angeklagte schuldfähig war, welche Tatwaffe benutzt wurde oder welche Folgen für das Opfer entstanden sind. Zwischen 65 und 100 Euro pro Stunde erhält ein Gutachter. Dabei zählt sowohl die Zeit, die er vor Gericht sitzt und das Verfahren verfolgt, als auch die Zeit, in der er das Gutachten erstellt. Dolmetscher erhalten bis zu 70 Euro pro Stunde. „Von den 60 000 Euro entfielen rund 40 000 auf Sachverständige“, sagt Krützfeldt.
Ein weiterer Kostenfaktor seien die Anwaltshonorare. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) regelt die Bezahlung. Bei einer Schwurgerichtsverhandlung liegen die Kosten pro Tag und Anwalt bei 420 bis 520 Euro. Und da der Verurteilte auch die Anwälte des Opfers – falls dieser als Nebenkläger auftritt – bezahlen muss, können Anwaltskosten von mehr als Tausend Euro pro Tag entstehen. Dazu kommen Gerichtskosten wie eine Gebühr für das Urteil, Auslagen für die Schöffen und Zeugen sowie Kosten für Zustellungen und Fahrtwege. „Falls der Angeklagte während der Verhandlung untergebracht werden muss, kostet das zusätzlich“, erklärt Krützfeldt. Zur Zeit verhandelt das Landgericht einen Fall, in dem ein Osterholzer seine Nachbarin erstochen haben soll. Er befindet sich in einer psychiatrischen Klinik, das kostet rund 300 Euro pro Tag.
Zahlen muss derjenige, der verurteilt wird. Bei einem Freispruch bezahlt die Staatskasse. Ein Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft prüft, ob von einem Verurteilten in absehbarer Zeit zu erwarten ist, dass dieser seine Rechnung zahlt. Beispielsweise bei Obdachlosen oder hoch verschuldeten Tätern ist das aussichtslos, weswegen auch hier die Staatskasse zahlt. „Es gibt aber Ermittler, die darauf achten, dass ein Täter dann zahlt, wenn er beispielsweise ein Haus erbt“, erklärt Krützfeldt. Dieses werde dann gepfändet.
Auch ein Verfahren, bei dem ein Täter wegen Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wird, kann schnell zwischen Fünf- und Zehntausend Euro kosten, berichtet die Gerichtssprecherin. „Das deutsche Rechtssystem ist teuer, aber notwendig“, sagt sie. Es gehe schließlich um sehr viel. „In vielen Fällen vor dem Landgericht geht es um die Freiheit des Angeklagten“, betont Krützfeldt. Bei jugendlichen Straftätern liegt es im Ermessen des Richters, wer für das Verfahren zahlen muss. Bei Erwachsenen zahlt immer der Verurteilte. Ficht er das Urteil an und geht in Revision, entstehen erneut Kosten.
Auch eine Rechtschutzversicherung hilft nur in einigen Fällen. Sie übernimmt in der Regel die Kosten für Anwälte, Sachverständige, Gericht, Zeugen und die der gegnerischen Partei. Allerdings gibt es bei vorsätzlich begangenen Taten keinen Versicherungsschutz. Dazu gehören Mord, Totschlag aber auch Diebstahl und Beleidigung. Auch Geldstrafen und Bußgelder zahlt die Rechtschutzversicherung nicht.