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Pastor Georg Ziegler über die Bedeutung des ökumenischen Gottesdienstes beim Osterholzer Erntefest „Die Dinge zusammenbringen“

Der Osterholzer Erntefestgottesdienst, sagt Pastor Georg Ziegler, war und ist schon etwas ganz Besonderes: „Es geht darum, die Dinge in einem anderen Rahmen zusammenzubringen.“ Arbeit und Feier, Gott und die Welt, Tradition und Moderne, Katholiken und Protestanten, Osterholz und Scharmbeck.
09.08.2014, 00:00 Uhr
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„Die Dinge zusammenbringen“
Von Bernhard Komesker

Der Osterholzer Erntefestgottesdienst, sagt Pastor Georg Ziegler, war und ist schon etwas ganz Besonderes: „Es geht darum, die Dinge in einem anderen Rahmen zusammenzubringen.“ Arbeit und Feier, Gott und die Welt, Tradition und Moderne, Katholiken und Protestanten, Osterholz und Scharmbeck.

Es war im Jahre 1982 – genau 800 Jahre nach der Gründung des Osterholzer Klosters – da wurde innerhalb des so überaus traditionsreichen Osterholzer Erntefestes eine neue Tradition begründet: Der Erntefestgottesdienst wurde erstmals im Zelt als überkonfessionelle und gesamtstädtische Feier veranstaltet. Dass seinerzeit auch die Protestanten von Willehadi hinzukamen, das hielten manche Zeitgenossen fast für ungewöhnlicher als die Beteiligung der ja auch in Osterholz beheimateten Katholiken. So jedenfalls schildert der Pastor von St. Marien, Georg Ziegler, die Historie. Und wer schon mal von den Animositäten zwischen Osterholzern und Scharmbeckern gehört hat, mag ermessen, welch großer (Fort-) Schritt das damals gewesen sein muss.

„Umso froher bin ich, dass sich die Tradition der ökumenischen Erntefestgottesdienste mit den drei Gemeinden bis zum heutigen Tag gehalten hat“, sagt Ziegler, der seit ziemlich genau drei Jahren Pastor von St. Marien ist und der davor 13 Jahre lang in Pennigbüttel gewirkt hatte. „Ich gehe davon aus und hoffe es auch, dass der Gottesdienst auf absehbare Zeit seinen Platz in der Festfolge behalten wird.“ Dazu trage er gerne seinen Teil bei, so der 52-Jährige. Ende Juli hat sich Pastor Ziegler mit seinem katholischen Amtsbruder Jozef Lagowski und der Willehadi-Pastorin Christa Siemers zur Besprechung getroffen, um die Aufgaben zu verteilen. „Es ist ein angenehmes, unkompliziertes Miteinander“, sagt der Seelsorger; die Zusammenarbeit der Gemeinden hat sich längst auf etlichen weiteren Ebenen eingespielt.

Die Elemente und der Ablauf der Liturgie stehen ohnehin weitgehend fest – predigen soll dieses Mal Lagowski – und dass auch der Posaunenchor wie jedes Jahr wieder spielen wird, ist ebenfalls schon abgemacht. Dessen Musik und Klangfarbe sei „genau das Richtige“, findet Ziegler. Die Bläser gäben dem Festgottesdienst sein ganz besonderes Gepräge. „Ist ja auch sinnvoller, als eine Orgel oder ein E-Piano im Zelt aufzubauen“, so der Geistliche.

Festlich und schön werde es damit am 10. August allemal, trotz einer ferienbedingt womöglich etwas ausgedünnten Orchester-Besetzung. Und fröhlich solle die Feier außerdem sein, findet Ziegler. „Es darf schon auch etwas zum Nachdenken geben, so ist es nicht.“ Aber ein Erntefestgottesdienst sei nun mal in ein Feier-Programm eingebettet. Das eine strahle auf das andere aus, auch wenn wohl nicht alle Gäste der Party vom Vorabend am Sonntag um 10 Uhr wieder unter den Besuchern weilten. Die Feiern seien in der Vergangenheit stets gut besucht gewesen.

„Wo hat man das schon, dass ein jeder die Nähe zum Geschehen so frei wählen kann?“, sinniert Ziegler. Auch die Menschen am Rande oder weiter hinten im Zelt seien Teil der Gemeinde. In der Kirche gibt es nur drinnen oder draußen, und insofern sei ein Erntefestgottesdienst auch ein besonders niedrigschwelliges Angebot. Wie er es überhaupt wichtig finde, dass Kirche zuweilen auch buchstäblich aus sich herausgeht: zu den Menschen, ihren Treffpunkten und den Plätzen, an denen sie sich wohlfühlen. Mit dieser Überlegung hatte der Kirchenkreis vor acht Jahren auch die Reihe „Kirche im Grünen“ gestartet.

Traditionen im Wandel

Just so sei wohl auch der Osterholzer Erntefestgottesdienst entstanden – „um die Dinge in einem anderen Rahmen zusammenzubringen“. Ein Ort, eine Dorfgemeinschaft brauche solche Traditionen des gemeinsamen Erlebens. Das wisse er auch aus seiner Erfahrung als Landpastor in Pennigbüttel, wo es für ihn pro Jahr vier Erntefestgottesdienste gab, davon drei im Zelt.

Dabei weiß Ziegler nur zu gut, dass der Strukturwandel in der Landwirtschaft neue Herausforderungen mit sich bringt: Immer weniger Menschen seien heute noch unmittelbar mit der Landwirtschaft befasst. „Ob die Ernte gut war oder ob der Kartoffelkäfer irgendwo gewütet hat, das spielt ja für unsere Lebensmittelversorgung heute nicht mehr die Rolle wie früher. Da betraf es alle – mit handfesten Folgen.“ Die jüngere Generation wachse damit nun weniger selbstverständlich in die Traditionen hinein, um sie fortzuführen. „Ich bin mir aber sicher, dass man das auch im Erntefestkomitee erkannt hat und sich dieser Aufgabe stellt“, sagt Pastor Ziegler.

Wer sich wiederum dem Ernte-Thema vom Glauben her nähert, werde eine Übersetzung wohl auch dort finden, wo der Beruf nicht mit der Landwirtschaft zu tun hat. Das Geben und Nehmen, das eigene Zutun und das, was nicht in der eigenen Hand liegt – darum in einer Feier zu bitten und dafür zu danken, sei schon immer ein christliches Anliegen gewesen; selbst wenn die Erinnerung daran zu verblassen scheint, dass Erntefest (als Atempause) und Erntedank (als Bilanz) kalendarisch zwei Paar Schuhe sind: Das kirchliche Erntedankfest wird erst Anfang Oktober gefeiert.

Gelungen sei ein Erntefestgottesdienst aus seiner Sicht „immer dann, wenn die Leute für sich selbst etwas mitnehmen können“. Darum gehe es allerdings nicht nur beim Erntefest. Es könne die Predigt sein, die Lieder, die Atmosphäre, die nachklingt: „Wenn die Menschen nach Hause gehen und zu sich sagen ,Das hat mir gut getan.’“

Der ökumenische Gottesdienst zum 147. Osterholzer Erntefest findet am Sonntag, 10. August, um 10 Uhr im Zelt auf dem Erntefestplatz an der Osterholzer Straße statt.

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