In Deutschland hinterlässt jeder Bürger seine Spuren in den Akten der Standesämter. Geburten, Hochzeiten und Todesfälle werden seit dem 1. Januar 1876 sorgsam registriert und in Personenstandsregistern konserviert. „Seit 2009 werden die Beurkundungen allerdings nicht mehr in Buchform aufbewahrt, sondern nur noch digital“, erzählt Klaus Schött, Leiter des Standesamtes Bremen-Nord.
Heute ist Schött besonders schick. Er trägt ein weißes Hemd zum schwarzen Anzug, einen Schlips und ein Einstecktuch. Am Revers hängen winzige silberne Handschellen. Was hat es damit auf sich? Verschmitzt zeigt Klaus Schött auf den eigenen Ehering und sagt: „Das sind die kleinsten Handschellen der Welt.“ Am Morgen hatte er im bereits eine Trauung.
Ein Klick am Computer genügt, und schon hat der 60-Jährige die Übersicht über weitere Hochzeitstermine im Jahr 2020. Aber er greift trotzdem ins Regal. „Wir haben für das Jahr 2020 schon einen ganzen Aktenordner mit Anmeldungen“, sagt Schött. Für den 20.2.2020 seien fünf Paare zur Eheschließung angemeldet. Das sei noch moderat.
Schött erinnert sich an den 9.9.1999. „Da haben wir 27 Paare verheiratet und in Schichten gearbeitet. Am 7.7.2007 habe ein Paar unbedingt um 7.07 Uhr heiraten wollen. „Da haben wir dann auch mitgespielt“, sagt der Standesbeamte, fügt aber hinzu: „Schnapszahlen bringen nichts für eine gute Ehe. Das ist statistisch erwiesen.“
Statistiken gehören zum Alltag des Standesbeamten. Im Jahr 2019 sind in Bremen-Nord insgesamt 332 Ehen geschlossen worden. 110 Ehen wurden im Hochzeitszimmer des Standesamtes geschlossen, die anderen „aushäusig“ auf Burg Blomendal, dem „Schulschiff Deutschland“ und im Schloss Schönebeck. Sechs der Zeremonien waren sogenannte Umwandlungen von eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern zu Ehepartnern.
27 Kinder unterschiedlichen Alters, die in Bremen-Nord geboren worden sind, wurden im Jahr 2019 adoptiert. Die Beurkundung erfolge am Geburtsort der Kinder, erklärt Klaus Schött und widmet sich kurz darauf den Geburten im vergangenen Jahr. Insgesamt kamen 2063 Kinder in Bremen-Nord zur Welt. Davon waren 1043 Jungs und 1020 Mädchen. Im Vorjahr erblickten hier 1084 Jungs und 1146 Mädchen, also 2230 Kinder, das Licht der Welt.
2018 Ben auf Platz eins
Kleine Verschiebungen gab es bei den favorisierten Namen. Den ersten Platz im Jahr 2019 belegt Mia. Insgesamt 21 neugeborenen Mädchen erhielten diesen Namen in Bremen-Nord. Im Jahr 2018 war Mia im Ranking noch auf Platz 15. Damals war Emma der beliebteste Mädchenname, der in 2019 nunmehr den neunten Platz belegt. Emilia und Lina landeten dagegen wie im Vorjahr mit je 14 Beurkundungen auf Platz zwei der beliebtesten Namen, gefolgt von Mila (13 Mal), Lotta (11 Mal) sowie Ella und Sophia (je 10 Mal) auf Platz fünf.
Bei den Jungennamen rangierten im Jahr 2019 Noah und Paul mit je 16 Beurkundungen auf dem ersten Platz. Im Jahr davor war noch Ben mit 22 Beurkundungen der Spitzenreiter. Dieser Name landete 2019 gemeinsam mit Theo (je 13 Mal) auf dem zweiten Rang, gefolgt von Jonathan (je 12 Mal), Jakob, Jonas und Milan (je 11 Mal) und Finn (10 Mal).
"Dort gibt es grünes Licht oder nicht"
Abermals wählten einige Eltern ungewohnte Vornamen für ihre Nachkommen. „Wenn ein Standesbeamter den gewünschten Vornamen ablehnt, bitten wir die Eltern, sich an die Namensberatungsstelle der Universität Leipzig zu wenden. Dort gibt es grünes Licht oder nicht“, sagt Klaus Schött und nennt Beispiele für ausgefallene Vornamen, die in 2019 vergeben wurden. Bei den Jungs: Pieter, Paultje, Jad, Fedder und Castiel. Bei den Mädchen: Venecia, Fordjur, Bruni, Ylva, Plamena, Mandela und Fritzi.
Den 2063 Kindern, die im Jahr 2019 in Bremen-Nord geboren wurden, stehen 1236 Todesfälle gegenüber. Davon waren 632 Frauen und 604 Männer. Im Jahr 2018 wurden 1272 Sterbefälle registriert, darunter 655 Frauen und 617 Männer.
Sterberegister werden qua Gesetz 30 Jahre aufbewahrt, Geburtenregister 110 Jahre und Eheregister 80 Jahre. Nach Ablauf dieser Zeit werden die Akten den öffentlichen Archiven angeboten – in Bremen dem Staatsarchiv. Dort können die Unterlagen beispielsweise für die Familienforschung eingesehen werden. Dabei erleichtert die Digitalisierung die Arbeit. Die Archivare, die mit steigender Nachfrage konfrontiert sind, werden entlastet. Außerdem sind die Unterlagen auch aus der Ferne zugänglich.
Das Argument, Papier sei womöglich langlebiger und könne nachfolgenden Generationen unabhängig von Computern Aufschlüsse über den heutigen Menschen liefern, teil Klaus Schött nicht. „Die Akten können auch verbrennen und es gibt genügend andere Zeugnisse für unsere Kultur.“