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Baudenkmale im Landkreis Osterholz (3): Seit 1776 ist das Dammgut in Ritterhude im Besitz der heutigen Familie v. Rex-Gröning Ein Haus, das verpflichtet

Fünf Adelssitze gab es einst in Ritterhude. Geblieben ist davon nur das Dammgut der Familie v. Rex-Gröning. Seit den 1980er-Jahren steht es unter Denkmalschutz; es gehört damit zu den rund 300 geschützten Bauwerken im Landkreis Osterholz.
03.01.2014, 00:00 Uhr
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Ein Haus, das verpflichtet
Von Brigitte Lange

Fünf Adelssitze gab es einst in Ritterhude. Geblieben ist davon nur das Dammgut der Familie v. Rex-Gröning. Seit den 1980er-Jahren steht es unter Denkmalschutz; es gehört damit zu den rund 300 geschützten Bauwerken im Landkreis Osterholz.

Als Kind hat sich Dorothea v. Rex-Gröning manchmal gewünscht, in einem gewöhnlichen Haus zu leben. So wie die anderen Kinder in ihrer Klasse. Nicht wegen des Komforts, den die neuen Häuser im Gegensatz zu ihrem boten, sondern wegen der Vorstellungen, um nicht zu sagen Vorurteile, die die Menschen mit ihrem Heim verknüpften. Schließlich lebte sie im Dammgut von Ritterhude, mit Gracht, Brücke und Park. Einem Gebäude, dessen Geschichte bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht und das seit 1776 im Besitz ihrer Familie ist. Ein Heim jenseits üblicher Maßstäbe.

Inzwischen hat sie sich bewusst für ein Leben im Herrenhaus entschieden. Sie will das Ensemble aus historischem Gebäude und Landschaftspark, das seit den 1980er-Jahren unter Denkmalschutz steht, erhalten. Sie sieht es als ihre Pflicht. „Im Grunde macht es mir aber auch Spaß“, sagt die studierte Freiraum- und Landschaftsplanerin. „Es ist schön, eine solche Geschichte zu haben“, erklärt Dorothea v. Rex-Gröning.

Durch das Herrenhaus, seine Ausstattung, sein Mobiliar, die Ahnenporträts und die Gebrauchsgegenstände habe sie schon immer persönliche Anknüpfungspunkte an die allgemeine Geschichte gehabt. Etwas Greifbares. Sprachen sie beispielsweise in der Schule über Napoleon, brauchte sie zu Hause nur das Bild ihres Vorfahren Georg Gröning anzuschauen. Der erfolgreiche Salzhändler war es, der das Dammgut im 18. Jahrhundert für seine Familie als Sommersitz kaufte. Gleichzeitig war er für die Stadt Bremen, deren Bürgermeister er später wurde, in diplomatischen Angelegenheiten zu Napoleon nach Paris gereist. „Das Dammgut ist ein Stück Geschichte“, sagt Dorothea v. Rex-Gröning. Nicht nur eines ihrer Familie, sondern Ritterhudes und der ganzen Region. „Es ist ein Stück Identität“, findet sie. Und es ist das letzte von einst fünf Adelsgütern, die es in Ritterhude gab. Wohl ein Grund mehr, weshalb das Dammgut von den Behörden unter Schutz gestellt wurde.

Dorothea v. Rex-Gröning liegt sehr daran, das Herrenhaus zu erhalten. Sie teilt den Gedanken des Denkmalschutzes. „Aber in einem Museum kann ich nicht leben“, sagt sie. „An so einem Gebäude ist immer gebaut worden, weil sich das Leben ständig geändert hat“, argumentiert sie. Georg Gröning beispielsweise, der später für seine Verdienste geadelt wurde, habe um 1800 mit seinem Sohn den Nordflügel angebaut. Auch der Südflügel sei wahrscheinlich in einer anderen Zeit entstanden; darauf deutet zumindest der verwendete Stein hin. „Das Haus ist also in unterschiedlichen Phasen entstanden“, so Dorothea v. Rex-Gröning.

Als sich schließlich ihre Urgroßeltern um 1890 entschieden, ganzjährig nach Ritterhude zu ziehen, um nach Freigabe der Meierhöfe dort selbst den landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, mussten unter anderem Heizmöglichkeiten im Dammgut geschaffen werden. Schornsteine mussten gebaut, Öfen organisiert werden. „Zwei Dienstmädchen waren allein damit beschäftigt, diese Öfen zu bedienen“, erzählt sie. Als ihr Vater den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb 1960 von seinem Vater übernahm, ließ er eine Zentralheizung einbauen. Ein paar Eierkohlen habe er dennoch gekauft, berichtet sie. Für ihren Großvater, der der modernen Technik nicht traute. Und tatsächlich – vor dem Bau des Lesum-Sperrwerks kam es in den 1970er-Jahren zu Sturmfluten; das Wasser drückte in den Keller des Rittergutes; die Heizung fiel aus; einer der alten Öfen wurde wieder aktiviert.

Heute haben sich die Lebensumstände erneut geändert. Die Landwirtschaft gibt es nicht mehr. Das Vieh wurde verkauft, das Land zum Teil bebaut. „Als es den landwirtschaftlichen Betrieb noch gab, frühstückten hier 40 Leute.“ Alle waren im Haus untergebracht. Heute ist das Dammgut in vier Wohnungen unterteilt; auch um es überhaupt halten, die Energiekosten aufbringen zu können. Zwei davon seien vermietet, eine weitere bewohnten ihre Eltern, in der Vierten lebe sie selbst, schildert Dorothea v. Rex-Gröning. „Von der einstigen Grundfläche wird heute nur noch etwa die Hälfte beheizt.“

Inzwischen würden Anpassungen durch die Auflagen des Denkmalschutzes schwierig, meint v. Rex-Gröning. Ein Problem, dessen sich die zuständige Mitarbeiterin der Unteren Denkmalbehörde beim Landkreis Osterholz, Katharina Specht, bewusst ist. Ein historisches Gebäude müsse aber genutzt werden, sonst bliebe es nicht erhalten, sagt auch sie. Was sich logisch anhört, fordert von allen Seiten Kompromisse. Für das Herrenhaus bedeutet dies, dass insbesondere zwei Räume nicht verändert werden dürfen: das sogenannte Empfangszimmer – mit original Tapeten, Parkett und Mobiliar – und der Blaue Saal, der bis heute nur mit Hilfe eines Kamins beheizt werden kann. Den Raum im Winter zu nutzen, setze voraus, „zwei Tage Holz zu schleppen“, sagt v. Rex-Gröning. Und warm sei doch nur den Gästen, die dicht am Feuer säßen. Beleuchtet werde der Saal außerdem mit Hilfe von 80 Kerzen.

Was das äußere Erscheinungsbild des Herrenhauses betrifft, so ist es zu erhalten. Bei einem mehrere hundert Jahre alten Bauwerk bedeutet das permanentes Reparieren. Zu den wohl größten Problemen, mit denen Dorothea v. Rex-Gröning zu kämpfen hat, gehört, wie sie berichtet, Feuchtigkeit in den Mauern der Ostseite. Zwar hatte ihr Vater vor gut zehn Jahren in Absprache mit dem Landesamt die Wand gegen aufsteigende Nässe saniert und die Mauer mit einem speziellen Putz versehen. Aber: „Jetzt wandert die Feuchtigkeit nach innen“, so v. Rex-Gröning. Es sei schlimmer als zuvor. „Da müssen und werden wir was machen.“ Sie vermutet, dass der von den Experten empfohlene Putz wieder runter muss, weil er verhindert, dass die Feuchtigkeit nach außen zieht. Gleichzeitig müsse der eigentliche Grund für die nassen Wände gefunden werden; bei Wasserproblemen in einer Höhe von über fünf Metern glaubt sie nicht mehr an aufsteigende Nässe. Sie tippt stattdessen darauf, dass die Feuchtigkeit über eine Balkensperre eindringt oder dass der verbaute Stein an dieser Stelle besonders leicht Feuchtigkeit aufnimmt. Sicher ist sie sich nicht. „Jedes Haus ist anders“, erklärt sie. Standards gebe es bei historischen Gebäuden nicht. Was bei einem Objekt zutrifft, brauche beim nächsten nicht zuzutreffen.

Umso wichtiger sei eine fachlich kompetente Beratung, die auf einem breiten Erfahrungsschatz fußt, sagt sie. „Der Landkreis ist da einfach überfordert.“ Schließlich gebe es nicht mal eine Handvoll Rittergüter im Kreis; keine Vergleichsmöglichkeiten. Selbst die Fachleute des Landesamtes für Denkmalschutz lägen nicht immer richtig. Tipps und Hilfe findet sie darüber hinaus bei privaten Vereinen, die sich des Themas angenommen haben.

Entmutigen lässt sich Dorothea v. Rex-Gröning jedenfalls nicht. „Es ist einfach wichtig, dass das Gut weiterlebt“, sagt sie. Für die Familie ebenso wie für die Region.

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