Das Josef-Hospital Delmenhorst (JHD) wird ein komplett neues Krankenhaus bauen. Die ersten Pläne dazu wurden der Politik am Donnerstag in einer nicht öffentlichen Sitzung vorgestellt. Die bisherige Lösung, Neubauten unter Einbeziehung einiger Bestandsgebäude zu kombinieren, ist komplett vom Tisch. Das bestätigt das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung auf Nachfrage des DELMENHORSTER KURIER. Das bedeutet aber auch: Der Neubau wird spürbar teurer als bislang bekannt. Ein solches Projekt wird unter Garantie deutlich mehr als 100 Millionen Euro kosten, das Ministerium hüllt sich beim Thema Kosten noch in Schweigen. Genaue Zahlen wurden aber nach Informationen unserer Zeitung auch beim interfraktionellen Gespräch am Donnerstag im Rathaus zum Krankenhaus-Neubau nicht genannt.
Das wirft natürlich sofort eine andere Frage auf: Wer soll das bezahlen? Die Stadt als Eigentümerin des Krankenhauses wird sich eine solche Kostensteigerung nicht erlauben können. Bislang stand offiziell immer die Summe von 83 Millionen Euro im Raum – für den Neubau in der Innenstadt an der Westerstraße. Dafür gab es auch einen Landes- und Bundeszuschuss in Höhe von 70 Millionen Euro, wobei es da schon als zweifelhaft galt, ob das JHD selbstständig eine Kreditlast von rund 13 Millionen Euro würde stemmen können. Doch nach der Insolvenz der Stiftung St. Josef, der ehemaligen Besitzerin des katholischen St.-Josef-Stiftes, waren diese Pläne obsolet, weil dann auch schnell klar war, dass die neue Heimat des JHD das ehemalige Klinikum an der Wildeshauser Straße ist. Was den netten Nebeneffekt mit sich brachte, dass es sich dabei um den in der Bevölkerung deutlich beliebteren Standort handelt.
Aber bautechnisch ist das riesige Areal in Deichhorst offensichtlich kein so guter Standort. Zumindest, wenn die jetzigen Bettenhäuser mit den Neubauten verbunden werden sollten. „Durch diese Anbindung war die Konzeption in seiner Gesamt-Grundrissform erheblich in seiner Funktion eingeschränkt beziehungsweise suboptimal. Sie ließ einen modernen, ablauf- und prozessorientierten Behandlungspfad für die Patientinnen und Patienten nur eingeschränkt zu. Die sich daraus ergebenen Zwänge waren nicht akzeptabel. Dies ist auch der schwierigen Topografie des Geländes mit einem Höhenversatz geschuldet, dem möglichen Baufeld an der Wildeshausener Straße, mehrerer denkmalgeschützter Gebäude als auch der bisher vorgegebenen Notwendigkeit, ein rückwärtig gelegenes Bettenhaus auf der Liegenschaft über eine Brücke anzubinden“, erläutert Stefanie Geisler, Sprecherin des Sozialministeriums, wo es überall hakte.
Dieser Neubau wäre nicht nur ineffizient und damit unwirtschaftlich zu betreiben gewesen, sondern es war schnell klar, dass er deutlich teurer als die Variante in der Innenstadt wird (wobei es da schon als offenes Geheimnis galt, dass die 83 Millionen nie und nimmer ausreichen würden). Der erste Entwurf für den Standort Deichhorst wurde mit 110 Millionen Euro Baukosten veranschlagt. Und dabei handelte es sich laut Ministerium nur um einen groben Entwurf, die Kosten für die Gründung und Statik sowie für die technische Planung mit Heizungs-, Lüftungs-, Klima und Sanitärtechnik sowie die gesamte Elektronik war da noch nicht berücksichtigt. „Der neue Entwurf des Kernklinikums hat planerisch einen wesentlich tieferen Grad erreicht. Die derzeitige Baukostensteigerung von aktuell mehr als sechs Prozent pro Jahr ist ebenfalls zu berücksichtigen“, heißt es aus dem Ministerium.
Sinnvoller Neubau
Aus Sicht des Ministeriums ist ein Neubau trotz der deutlich höheren Kosten sinnvoll, eben um einen zeitgemäßen Krankenhausbetrieb zu gewährleisten. Stefanie Geisler: „Dies beinhaltet einen modernen prozess- und qualitätsorientierten Behandlungspfad, der schnell und patientenorientiert, interdisziplinär von der Notaufnahme, der Diagnostik, der Therapie und der Pflege der Menschen dient.“ Andere Bereiche wie die Verwaltung, die also nicht unmittelbar ins medizinisch-pflegerische Geschäft eingebunden sind, könnten dann im Höger-Bau untergebracht werden. Zudem soll wohl eins der schon vorhandenen Bettenhäuser erhalten bleiben, dort könnte zum Beispiel die Palliativstation einziehen. Darüber hinaus würden die jetzt schon auf dem Gelände angesiedelten Praxen dort verbleiben. „Somit ist das Neubauvolumen nicht per se größer gegenüber der ersten Entwurfsfassung“, erklärt die Ministeriumssprecherin.
Wie aus der interfraktionellen Runde am Donnerstag zu erfahren war, soll der Neubau wohl auf den Flächen entstehen, die jetzt noch als Parkplätze dienen. Da die Kapazität der jetzigen Stellflächen nicht ausreichen, wie jeder Besucher des JHD wohl schon am eigenen Leib erfahren hat, wird auch eine Parkhauslösung angestrebt. Der Nachteil daran: Ein Parkhaus ist nicht förderfähig, es müsste aus der eigenen Tasche bezahlt werden.
Fakt bleibt: Ohne weitere Fördergelder wird es der Stadt nicht gelingen, die zu erwartende Kostensteigerung in irgendeiner Form selbst zu schultern. „Das Land wird im März 2019 Gespräche mit dem Bundesversicherungsamt (BVA) in Bonn aufnehmen, um die Möglichkeiten der erweiterten Förderung für das Projekt der Zusammenführung der Delmenhorster Kliniken aus dem Strukturfonds II zu erörtern“, teilt das Ministerium mit. Was zwangsläufig die Frage aufwirft, ob als Plan B auch über die Einbindung eines neuen, privaten Investors nachgedacht wird. Das verneint das Ministerium aber.