Wann kommen denn nun die Bienen?“, fragen Nachbarn. Und: „Werden sie auch in meinem Garten sein?“ Und: „Gibt es hier überhaupt genug zu Essen für die Bienen?“ Nun wird es langsam ernst, zwei Völker habe ich reserviert. Zeit, mit den Standortvorbereitungen zu beginnen. Neu-Imker könnten dabei auf eine Streitfrage stoßen: Honigbienen oder doch lieber Wildbienen?
„Man sollte doch zusammen kämpfen, statt sich zu entzweien“, empört sich die Neu-Imkerin Ulrike Ahrenberg. Sie ist vorerst mit ihrem Wunsch beim Bremer Kleingartenverein Marienblume abgeblitzt, zwei Bienenvölker in ihrer Parzelle am Werdersee aufzustellen und auf Nahrungssuche zu schicken. Offenbar machen sich die Kleingärtner im Vorstand Gedanken darüber, dass die seltenen Wild- und die von Seuchen gefährdeten Honigbienen um das Futterangebot in den Gärten konkurrieren könnten.
Es gebe Anfragen von Pächtern, die gern Bienenkästen aufstellen wollten und zugleich Anfragen von Pächtern, die Wildbienen Nistmöglichkeiten bieten möchten. Zurzeit gebe es aber noch „keine Positionierung Honigbienen versus Wildbienen“, stellt Herbert Hagedorn vom Verein auf Anfrage klar. Das Thema sei nicht abschließend geklärt. Der Verein werde sich aber jetzt mit anderen Kleingartenvereinen und Experten zusammensetzen, um einen gemeinsamen Konsens zu finden.
Die Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung in Celle vertritt in der Frage einen klaren Standpunkt: Die Bestäubungsleistung der Honigbiene sei unverzichtbar und auch Wildbienen seien für eine stabile Fruchtbildung wichtig. Anders formuliert: Ohne Honig- und Wildbienen gäbe es kein Obst, kein Gemüse, keine Blumen. Weil sich die Raum- und Zeitmuster des Sammelverhaltens vieler Wildbienen von dem der Honigbienen unterscheiden, sei eine sichere Bestäubung nur durch das Zusammenwirken beider Arten garantiert: „Wildbienen und Honigbienen ergänzen sich.“ Eine Betrachtung der Wildbienen und Honigbienen als Konkurrenten sei deshalb grundsätzlich nicht zielführend.
„Eine Konfrontation zwischen Naturschützern und Bienenhaltern wird nichts zur Verbesserung der Situation beitragen“, schreibt die Arbeitsgemeinschaft in einem Positionspapier. Die Bienenforscher halten es stattdessen für dringend geboten, lieber auf die nachweislich relevanten Gefahren für Wildbienen hinzuweisen. Dazu zählen sie unter anderem den Verlust der Lebensräume, fehlende Nistmöglichkeiten und Überdüngung.
Der Vorsitzende des Bremer Imkervereins, August-Wilhelm Schinkel, hat schon mehrfach vergebens versucht, in der Sache zu vermitteln. „Leider ist mit beiden Kleingartenvereinen ein Gespräch nicht möglich gewesen.“ August-Wilhelm Schinkel findet das kontraproduktiv. „Wenn es in Kleingartengebieten keine guten Verhältnisse für Bienen gibt, wo denn dann?“ Zumal die Imker die Bienenvölker füttern, wenn die sogenannte trachtarme Zeit beginnt, also wenig wächst, was allen Bienen gefällt.
Wir wollen die Bienenkästen zwar im eigenen Garten aufstellen, aber einfach so geht auch das nicht. Ein bisschen Papierkram gehört schon dazu. Denn Bienenhäuser sind in Gebieten, für die ein Bebauungsplan besteht, genehmigungspflichtig. Auf Anfrage erfahre ich vom Landkreis, dass mein Bienenkorb eine „bauliche Anlage“ ist, für die ich dann aber relativ schnell eine Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde bekomme.
Horst Gorny aus Osterholz-Scharmbeck, der bereits 1958 mit dem Imkern begonnen hat und die Serie in der Zeitung verfolgt, hat mir geschrieben, dass ich unbedingt daran denken soll, den Bienenstand beim Veterinäramt anzuzeigen. Das ist laut Bienenseuchenverordnung Pflicht – nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in Bremen, erfahre ich beim dortigen Gesundheitsressort. Die Tierhaltung wird dort registriert. Beim Kauf von Bienenvölkern muss auch immer ein Gesundheitszeugnis für die Tiere vorgelegt werden. Darum werde ich mich ebenfalls kümmern.
Und wie sieht er nun aus, der optimale Standort für Bienen? Bienen sind Sonnenkinder. Die Ausrichtung der Kästen sollte nach Südost gehen, sodass die Morgensonne aufs Flugloch fällt, raten erfahrene Imker. Auch ein Wind- und Regenschutz wird oft empfohlen. Um die Bienen vor Bodenkälte zu schützen, werden die Kästen erhöht aufgestellt. „Bienen sind aber leidensfähig“, sagt mein Imker-Lehrgangsleiter Imker Marten Carstensen, viele Kästen stehen auch auf Dächern.
Meine Bienen-Patin Anke Scheffler-Hincke empfiehlt mir trotzdem, die Bienenkästen auf Holzbohlen und Pflanzringe aus Beton zu stellen. Das erfordert wenig handwerkliches Geschick und kostet wenig. Beim Transport bin ich dann aber doch auf die Hilfe meines Manns angewiesen. Den Anstrich der Bienenkästen überlasse ich meinen beiden Kindern, die großen Spaß am Pinseln haben: „Wir malen überall Blumen drauf.“ Tatsächlich sollen Bienen ihr Zuhause besser wiederfinden, wenn es bemalt ist. Es gibt spezielle Farbe im Fachhandel, aber Abtönfarbe aus dem Baumarkt tut es auch. Die Kinder basteln dann noch drei Wildbienenhotels, die wir an der Schuppenwand befestigen.
Es ist eine emsige Zeit. „Brauchst du Hilfe bei den Mittelwänden?“, fragt meine Bienen-Patin am Telefon. Zu dem Zeitpunkt habe ich die Wachsplatten für die Kästen noch nicht mal ausgepackt. Es gibt wirklich allerhand zu tun.
Große Freude bereitet uns die Anlage der Bienenweide. In unserem Garten gibt es zwar viele Pflanzen, auf die Bienen fliegen. Ahornbäume, Vogelbeere, Pflaum- und Apfelbaum, Schwarzer Holunder, Liguster, Efeu, wilder Wein, Johannis- und Stachelbeeren – um nur einige zu nennen. Aber trotzdem verbringen wir Stunden im Gartencenter und schleppen später Arme voll Lavendel, Lupinen, Sonnenhut und Schafgarbe heraus. Ich teile einige Stauden wie den Storchschnabel, die Flammenblume und auch Kriechenden Günsel aus dem Vorgarten und pflanze sie in die Nähe des zukünftigen Bienenstands am Schuppen. Dazu kommen Akelei und Königskerzen. Bei uns gibt es jetzt Blütenstaub und Nektar für alle: Honig- und Wildbienen.
Als wir alle Pflanzen in die Erde gebracht haben, stellt meine Tochter noch eine glasierte Tonschale mit Steinen und Muscheln auf einen alten Baumstumpf inmitten des Beets: Eine Insektentränke darf nicht fehlen. Die ersten Lupinen blühen inzwischen in kräftigem Rot. Die Bienen können kommen. Sie müssen sich sputen. Ein paar dicke Hummeln habe ich schon an der Frühstückstheke gesehen.
Weitere Informationen
Bienen rücken immer mehr ins Blickfeld. Imkern ist in. Doch wie wird man zum Imker? Wie kommt man an Honigschleuder und Schleier, wie an die Bienen? Antworten gibt diese Artikelreihe. In lockerer Folge werde ich über meinen Weg zum eigenen Volk berichten.