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Erzieher-Ausbildung Hürden bei der Teilzeitausbildung

Angehende Erzieher, die ihre schulische Teilzeitausbildung mit einem Job bei Kita Bremen kombinieren möchten, müssen sich umorientieren. Aktuell stehen für sie keine Stellen zur Verfügung.
12.04.2019, 18:06 Uhr
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Hürden bei der Teilzeitausbildung
Von Julia Ladebeck

Der Fachkräftebedarf in Kindertageseinrichtungen ist riesig. Allein bei Kita Bremen, Eigenbetrieb der Stadtgemeinde und größter Kita-Träger in Bremen, sind aktuell 90 Stellen offen. Das sagte Staatsrat Frank Pietrzok kürzlich in einer Sitzung des Beirats Blumenthal. Beste Voraussetzungen also für Frauen und Männer, die den Beruf erlernen möchten, könnte man meinen. Davon jedenfalls ging Jeannine Specketer aus. Die 40-Jährige ist Mutter von zwei Kindern und möchte die Ausbildung zur Erzieherin aus diesem Grund in Teilzeit machen. In Kombination mit einem Job bei ihrem Wunscharbeitgeber Kita Bremen ist das aktuell aber nicht möglich. Sie hat eine Absage bekommen.

Die Voraussetzung für die Erzieher-Ausbildung erfüllt Jeannine Specketer, wenn sie in diesem Frühjahr ihre Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin abschließt, die sie derzeit am Schulzentrum (SZ) Blumenthal macht. Dort, in der Dependance an der Lüder-Clüver-Straße, wird auch die Teilzeitausbildung für Erzieherinnen und Erzieher angeboten und dort möchte Jeannine Specketer auch gerne die Weiterbildung machen. „Weil ich sehr gute Erfahrungen mit der Schule und den Lehrern gemacht habe“, begründet sie ihre Wahl.

„Durch die Teilzeitausbildung soll Personen, die aus finanziellen und strukturellen Gründen nicht die Ausbildung in Vollzeit absolvieren können oder möchten, eine Möglichkeit geboten werden, neben ihrer bisherigen oder neuen beruflichen Tätigkeit die Weiterbildung zur Erzieherin oder zum Erzieher absolvieren zu können“, erläutert die Schule auf ihrer Internetseite das Angebot.

Claudia Bogedan (SPD), Senatorin für Kinder und Bildung, hatte im vergangenen Jahr eine groß angelegte Werbekampagne gestartete, mit der auf den Beruf des Erziehers und die Ausbildungsmöglichkeiten in Bremen aufmerksam gemacht wurde. Dabei wies die Senatorin unter anderem auch darauf hin, dass die Zahl der Teilzeitausbildungsplätze aufgestockt wurde. Neben der sogenannten praxisintegrierten Ausbildung, die finanziell gefördert wird, soll auch das Teilzeit-Modell dazu beitragen, dass mehr Erzieher ausgebildet werden.

In welchem sozialpädagogischen oder sonstigem Arbeitsfeld die Schülerinnen und Schüler neben der schulischen Teilzeit-Ausbildung arbeiten, ist ihnen überlassen. Das Schulzentrum Blumenthal empfiehlt den Bewerbern, sich bei Trägern ihrer Wunscheinrichtungen, zum Beispiel Kitas oder Grundschulen, mit dem Hinweis zu bewerben, parallel zu einem Arbeitsvertrag die Erzieher-Ausbildung in Teilzeitform absolvieren zu wollen. Ein möglicher Arbeitsvertrag ist nicht an die schulische Ausbildung gekoppelt. Der Vorteil für die Auszubildenden: Sie können den Job auch während der Ausbildung wechseln oder die Stundenzahl verändern.

Statt einer Teilzeitstelle hat Kita Bremen Jeannine Specketer eine berufsbegleitende Vollzeit-Ausbildung zur Erzieherin angeboten, die allerdings erst zum 1. August 2020 beginnt. Der Ausbildung vorgeschaltet wäre eine sogenannte Praxisphase: Ein Jahr lang – bis zum Ausbildungsbeginn – sollen die sozialpädagogischen Assistenten Vollzeit in einer Krippe oder einer „alterserweiterten Gruppe“ von Kita Bremen arbeiten. Erst nach dieser Praxisphase beginnt dann die dreijährige berufsbegleitende Ausbildung an der privaten Fachschule für Sozialpädagogik beim Paritätischen Bildungswerk mit zwei Schultagen pro Woche.

Voraussichtlich zehn Stellen für sozialpädagogische Assistenten wird der stadteigene Betrieb laut Petra Zschüntzsch, stellvertretende Geschäftsführerin von Kita Bremen, zum 1. August dieses Jahres über die Ausschreibung für die berufsbegleitende Vollzeit-Ausbildung zur Erzieherin beziehungsweise zum Erzieher besetzen. Alle weiteren vakanten Stellen bei Kita Bremen seien Stellen für Erzieher oder Leitungskräfte.

Mit dem Praxisjahr in Vollzeit vor Beginn der berufsbegleitenden Erzieher-Ausbildung will Kita Bremen nach eigenen Angaben zunächst eine „stabile Team- und Gruppensituation ermöglichen, damit die erhöhten Anforderungen während der Weiterbildungsphase gut bewältigt werden können“. Dadurch sei außerdem eine „Arbeit im Team auf Augenhöhe“ sowie die Informationsweitergabe innerhalb der Einrichtung gegeben.

Unter anderem aufgrund ihres Alters, sagt Jeannine Specketer, möchte sie aber nicht ein Jahr „Schulpause“ einlegen. „Für mich war die Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin hier in Blumenthal schon ein Neustart“, erzählt die ausgebildete Restaurantfachfrau, die zuletzt 14 Jahre lang in einem Büro gearbeitet hat. „Über ehrenamtliche Tätigkeiten in der Schule bin ich auf die Idee gekommen, in diesem Bereich auch beruflich tätig zu werden“, erzählt Jeannine Specketer.

Über ihre Entscheidung ist sie glücklich. Einen weiteren Neustart an wieder einer anderen Schule und nach einem Jahr Wartezeit kann sie sich jedoch nicht vorstellen. Und sie möchte lieber weiterhin das SZ Blumenthal besuchen, statt die private Fachschule für Sozialpädagogik beim Paritätischen Bildungswerk in Bremen-Mitte. Petra Zschüntzsch betont: „Wir freuen uns sehr, dass das Schulzentrum Blumenthal in die Teilzeitausbildung eingestiegen ist und sind aktuell in unseren Planungen damit beschäftigt zu überlegen, wie wir die Personen in der Teilzeitausbildung aus den öffentlichen Fachschulen bei uns anstellen können.“

Die Absage von Kita Bremen hat nicht nur Jeannine Specketer unangenehm überrascht. Auch ihre Klassenkameraden, von denen mehrere aus verschiedenen Gründen ebenfalls eine Erzieherausbildung in Teilzeit machen möchten, sind irritiert. Aus Angst vor einer Absage schrecken sie derzeit davor zurück, sich bei Kita Bremen zu bewerben.

Dennis Seedorf führt ebenfalls sein Alter als Begründung dafür an, dass er eine Ausbildung zum Erzieher bereits in diesem Jahr zum 1. August beginnen möchte und nicht erst im kommenden Jahr. „Ich bin schon 27 Jahre alt und möchte nicht, dass sich alles noch weiter hinauszögert.“ Gesundheitliche Gründe sind bei ihm der Hintergrund, warum er die Ausbildung in Teilzeit machen möchte.

Zwar kommen bei der Teilzeitausbildung zum Erzieher auch Arbeitsstellen bei freien und kirchlichen Trägern infrage, doch die angehenden sozialpädagogischen Assistenten schätzen den Träger Kita Bremen, den sie unter anderem durch Praktika in diversen Einrichtungen kennengelernt haben. „Es ist immerhin der größte Kita-Träger in Bremen“, sagt Laura Semken.

Die 25-Jährige hat jetzt gemeinsam mit Christina Geist, Dennis Seedorf und allen anderen Klassenkameraden von Jeannine Specketer einen Brief an Wolfgang Bahlmann, Geschäftsführer von Kita Bremen, verfasst. „Unsere Praktika haben viele von uns während ihrer Ausbildung in einem Kinder- und Familienzentrum von Kita Bremen ausgeübt und wir haben dort sehr gute Lehr- und Lernerfahrungen sammeln können. Es war und ist uns daher ein Wunsch, die Teilzeitausbildung bei Kita Bremen antreten zu können“, schreiben die Schülerinnen und Schüler und weiter: „Leider mussten wir feststellen, dass dies nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.“

Damit meinen die Schülerinnen und Schüler den einjährigen Praxiseinsatz in einer Krippe von Kita Bremen und die Ausbildung im Paritätischen Bildungswerk. „Wir können nicht nachvollziehen, wieso wir diese Teilzeitausbildung nicht bei Kita Bremen machen und eine Schule unserer Wahl besuchen können“, erläutert Laura Semken. „Am Schulzentrum Blumenthal werden uns dieselben hervorragenden Möglichkeiten und Mittel zur Verfügung gestellt.“

Petra Zschüntzsch von Kita Bremen betont, dass die berufsbegleitende Weiterqualifizierung von sozialpädagogischen Assistenten zu einer Reihe von Maßnahmen gehört, die dazu beitragen sollen, Fachkräfte zu gewinnen. Es sei ein Anliegen von Kita Bremen, die sozialpädagogischen Assistenten in der Ausbildung „sehr gut zu begleiten“.

Die Kooperation mit dem Paritätischen Bildungswerk sei daher bereits 2017 begonnen worden, indem die Ausbildungszeiten in der Schule mit den Arbeitszeiten in den Einrichtungen in Einklang gebracht wurden. „Dies ist möglich, da eine eigene Klasse beim Paritätischen Bildungswerk für Kita Bremen etabliert wurde und alle Personen von Kita Bremen gemeinsam lernen. Damit ist gewährleistet, dass die Inhalte und die Begleitung zwischen Fachschule und Kita Bremen intensiv abgestimmt wurden.“

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