Es wird jetzt heikel. Lesen Sie diesen Text nur, wenn Sie über 18 Jahre alt sind und etwas über unzüchtigen Sex in meinem Garten erfahren wollen.
Neulich hatte ich Besuch. Inken und Anja waren zum Kaffee geladen. Wir machten einen Rundgang durch den Garten, vorbei an dem Herbstbeet mit rosafarbener Fetthenne, verblichenen Hortensien und Astern. Ein buntes Meer zu Füßen eines kleinen Schmetterlingsstrauches. Die Astern waren am auffälligsten. Sie leuchteten in den Farben Weiß, Pink und Lila. Inken sagte: „Was blühen die Astern schön. Zum Verlieben, dieses kräftige Pink.“
„Ach, toll, hier auf der Sonnenblume ist noch eine Biene“, stellte Anja fest und deutete auf ein Insekt, das auf der handtellergroßen Blüte herumkrabbelte.
„Und immer noch gibt es Unkraut“, meinte ich weniger enthusiastisch und blickte düster auf eine Prunkwinde, die sich um eine Kartoffelrose wand. Eine Schnecke kroch geradewegs darauf zu.
Die Szene hat nichts Frivoles, meinen Sie? Von wegen. Es geht hier nur um das eine: Das Korn in der Narbe zu versenken. Das sagt uns Michael Allaby in seinem Buch „Blümchensex“. Und das ist purer botanischer Schmuddelkram.
Hätten meine Freundinnen und ich es vor unserem Kaffeeklatsch gelesen, hätte sich unser Gespräch vielleicht so entwickelt: Inken: „Guck dir die Astern an, was haben die sich aufgebrezelt. Richtig unanständig, wie die ihre Fortpflanzungsorgane zur Schau stellen.“
Anja: „Blumen sind so was von maßlos. Diese Sonnenblume hier bedient auch jedes dahergelaufene Insekt. Das leichte Mädchen steht allen offen und hier ist ja auch schon ein Bestäuber zur Stelle.“
Wir hätten vielleicht noch darüber sinniert, was für einen lockeren Job Bestäuber in meinem Garten haben: Einfach das Gesicht tief in so viele Blütenfreudenhäuser wie möglich stecken.
Eventuell hätten wir auch über den Schmetterlingsstrauch geredet, der bei der Wahl der Kunden pingeliger als die Sonnenblume ist und nur Insektenarten mit langer Zunge glücklich macht.
„Glaubt ja nicht, die Schnecke käme erst an, wenn der Blütenhöhepunkt vorbei ist“, hätte ich möglicherweise gesagt. „Es sollen schon Schnecken in flagranti mit niederliegenden Prunkwinden erwischt worden sein.“
Jetzt, da ich von Autor Allaby weiß, dass Akeleien kein Problem mit Fruchtbarkeit haben und der Samen des Klatschmohns 40 Jahre im Boden schlummern kann, sehe ich die Laubpusterorgien in meiner Nachbarschaft mit anderen Augen. Man muss sich mal vorstellen, was uns da mit über 200 Stundenkilometern um die Ohren fliegt. Dreckige Garten-Arbeit bekommt eine ganz neue Bedeutung. Man mag die Kinder nicht mehr vor die Tür lassen.