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Fahrradgeschäft boomt Ansturm auf Fahrradgeschäfte

Die Deutschen verbringen in der Corona-Krise doppelt so viel Zeit auf dem Rad wie vorher, das zeigen Daten der GfK. Dieser neue Trend zum Fahhrad macht sich auch bei Händlern in Bremen-Nord und umzu bemerkbar.
09.06.2020, 08:20 Uhr
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Von Jörn Hildebrandt und Frieda Ahrens

Bremen-Nord/Landkreis Osterholz. Arbeiten im Homeoffice, kein Besuch der Großeltern oder von Freunden, die weiter weg wohnen, nur eingeschränkt Ausflüge – mit den Auflagen infolge der Corona-Krise hat sich das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung geändert. Nach Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) verbringen die Deutschen seit Ausbruch der Corona-Krise doppelt so viel Zeit auf dem Fahrradsattel wie vorher. Die Zeit im Auto habe dagegen um etwa 20 Prozent abgenommen, und die größten Corona-Verlierer sind laut der Statistik bundesweit Busse und Bahnen. Dieser neue Trend zum Fahrrad macht sich auch bei den Händlern in Bremen-Nord bemerkbar.

„Wir haben derzeit viel Arbeit und viele neue Kunden“, bestätigt Jarl Bindernagel, Inhaber des Fahrradgeschäfts „Teichreber Manufaktur“ in Grohn an der Hermann-Fortmann-Straße. Dabei verstärkt Corona offenbar eine Entwicklung, die vorher bereits deutlich war: „Im Trend liegen besonders E-Bikes: Sie werden unter allen Fahrradtypen zu 80 bis 90 Prozent verkauft.“

Christian Ostner, Fahrradmechaniker im „Fahrradhaus A. O. Meyer“ an der Mühlenstraße in Blumenthal, kann diese Tendenz zum E-Bike bestätigen, stellt aber auch fest, dass mehr Menschen ihre alten Fahrräder wieder flottmachen lassen, weil sie sie jetzt wieder stärker nutzen: „Unsere Werkstatt ist derzeit für drei bis vier Wochen ausgelastet. Gegenüber den vergangenen Jahren ist die Zahl der Aufträge kräftig gestiegen“, sagt er.

„Dabei machen vor allem jüngere Leute das Gros aus, die das Fahrrad statt des Autos oder öffentlicher Verkehrsmittel nutzen“, sagt Christian Ostner. Auch Gustav Meyer, der in seinem Geschäft an der Burger Heerstraße neben Fahrrädern auch Olivenöl verkauft, hat diesen Trend deutlich gespürt, obwohl er sich, wie er sagt, derzeit aus dem Fahrradgeschäft zurückziehen will.

Seit der Corona-Krise verschaffen sich viele Menschen durch die Zweiräder mehr Bewegung. Jarl Bindernagel meint: „Viele sehen das Fahrradfahren als eine Form des sportlichen Trainings an, denn wer im Homeoffice arbeitet, braucht einfach den körperlichen Ausgleich.“ Hinzu komme die unsichere Urlaubsplanung: Viele schaffen sich offenbar ein gutes Fahrrad an, um sich in der Umgebung zu erholen, wobei sich mit dem E-Bike auch weitere Strecken mit wenig Kraftanstrengung fahren lassen. Der verstärkte Absatz von Zweirädern stößt allerdings auch auf Grenzen: „Wegen der abgerissenen Lieferketten infolge der Corona-Krise stocken viele Bestellungen“, sagt Jarl Bindernagel. „Viele Fahrräder sind derzeit einfach nicht mehr verfügbar.“

Ähnliches berichtet Simone Schröter vom Geschäft „Zweirad Kliem“ in Ritterhude. Auch dort seien die Verkaufszahlen ungewöhnlich schnell angestiegen. Der Trend zum Rad mit dem Aufkommen der E-Bikes mache sich auch dort schon seit Jahren bemerkbar. Menschen stiegen teils aus Umweltgründen, teils wegen der schlechten Verkehrssituation für Autos, teils einfach, weil es Spaß mache, aufs Rad und E-Bike um. „Der Trend wird nun, platt gesagt, durch Corona verstärkt“, so Schröter.

Die Nachfrage sei so stark, dass es einen Lieferengpass gebe, berichtet sie. Viele Hersteller hätten bis zu sechs Wochen nicht produziert und seien auch jetzt erst wieder mit halber Belegschaft aktiv. Rüdiger Haun, der seinen Fahrradladen „Zweirad Bindhammer“ in Osterholz-Scharmbeck betreibt, berichtet, dass auch Einzelteile für Reparaturen nur stockend nachbestellt werden könnten. Er kenne das schon vom Saisonbeginn. Dieses Jahr sei die Situation aber noch ein bisschen extremer.

Angesichts des Fahrradbooms würden sich die befragten Fahrradhändler in Bremen-Nord über mehr und bessere Radwege in der Region freuen, auch wenn Bremen vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) im Jahr 2019 zur fahrradfreundlichsten Stadt Deutschlands gekürt worden ist. Doch mit der Corona-Krise haben sich auch schnell einzurichtende Alternativen aufgetan.

In mehreren deutschen Städten – wie zum Beispiel Berlin – ist eine temporäre Radinfrastruktur in Form der sogenannten Pop-up-Bikelanes entstanden: Geschützte Radfahrstreifen auf den Verkehrsstraßen, die während der Corona-Pandemie eingerichtet wurden. Diese Radwege, die mit gelben Linien oder Baustellenbaken markiert sind, garantieren in Corona-Zeiten den Mindestabstand, der auf viel befahrenen Fahrradwegen manchmal nicht gewährleistet werden kann. Der ADFC fordert solche Pop-up-Bikelanes nun auch für Bremen.

Fahrradhändler Jarl Bindernagel geht jedenfalls davon aus, dass der Trend zum Rad bis zum Ende des Sommers anhalten wird. Als Alternative zum Urlaub in anderen Ländern mit Auto oder per Flugzeug, denkt er, suchen offenbar viele Menschen Erholung in der Region und bewegen sich dabei mit eigener Kraft fort – und viele setzen sich dabei aufs E-Bike.

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