Jens Bürgel: Wir hatten bislang leider erst 17 Aufträge.
Haben Sie sich mehr erhofft?
Ja, auf jeden Fall. Bislang sind nur acht Händler dabei, aber von einigen haben wir bisher noch überhaupt keine Aufträge erhalten. Zwölf der 17 Fahrten waren zudem für das Unternehmen Cocktail Concept.
Woran liegt die niedrige Nachfrage?
Ich denke, dass das Angebot nicht so gut vom Vegesack Marketing beworben wird. Es scheint, als würde der kostenlose Lieferservice auch an die Händler nicht vernünftig herangetragen.
Was könnte denn anders gemacht werden, damit das Projekt ins Rollen kommt?
Ich denke, dass viele Geschäfte noch gar nichts von der Möglichkeit wissen. Dann müsste das Angebot auch in der Öffentlichkeit viel besser beworben werden. Ich bin eigentlich total von dem kostenlosen Lieferservice überzeugt, weil die Kunden ihre Ware kostenlos nach Hause geliefert bekommen und es auch den Händler nichts kostet.
Aber?
Die Kunden müssen natürlich im besten Fall wissen, was sie haben wollen. Viele Händler haben keinen Online-Shop, wo die Produkte vorher gesehen werden können. Wer also eine Hose oder ein T-Shirt bestellt, kauft dann eher die Katze im Sack. Anders ist es bei Produkten, bei denen der Kunde genau weiß, was er bekommt.
Zum Beispiel?
Bei den Cocktails, Büroartikeln oder Elektro-Geräten.
Das Wirtschaftsressort hat schon vor Wochen insgesamt 250 000 Euro für die Förderung solcher Liefergemeinschaften in Bremen bereitgestellt. Wie wird das Projekt finanziell mit Ihnen abgewickelt?
Wir bekommen eine Pauschale pro Tag, da wir unsere Autos in der Zeit zwischen 16 und 20 Uhr, in der wir die Aufträge eigentlich fahren sollen, ja bereithalten müssen. Die Pauschale ist nicht an die Anzahl der Fahrten gebunden. An der einzelnen Bestellung verdienen wir nichts.
Wie viele Fahrzeuge stünden denn zur Verfügung, falls der kostenlose Lieferservice mal Fahrt aufnehmen sollte?
Wir haben einen Fuhrpark von 35 Autos, zurzeit sind aber nur 15 auf der Straße. Für den Lieferservice stehen wegen der geringen Nachfrage momentan drei oder vier Autos pro Tag zur Verfügung. Wir planen jetzt aber, den kostenlosen Lieferservice auszuweiten.
Inwiefern?
Wir haben unseren Kurierdienst über das Vegesack Marketing auf den Verein Igel Lesum (Interessengemeinschaft Einzelhandel und Gewerbe für Lesum, Burgdamm und St. Magnus) und den Gewerbeverein Blumenthal Aktiv ausgedehnt. Die möchten den kostenlosen Lieferservice, der vom Wirtschaftsressort finanziert wird, auch gerne nutzen.
Eignet sich der kostenlose Lieferservice denn für Ihr Unternehmen, um die finanziellen Ausfälle wegen der Corona-Krise einigermaßen aufzufangen?
Nein, überhaupt nicht. Das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Durch die Pandemie haben wir einen Umsatzeinbruch von bis zu 80 Prozent. Nahezu der gesamte Personentransfer ist weggebrochen. Einzig unsere Dialyse-Touren und einzelne Fahrten zum Arzt werden derzeit noch nachgefragt.
Funkwagen Susi wird häufig von älteren Menschen genutzt, die in den Corona-Zeiten jetzt vermehrt zu Hause bleiben...
Die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus ist groß, dabei sind unsere Personenfahrten sicher. Unsere Fahrer tragen einen Mund-Nasen-Schutz, obwohl sie das gar nicht müssten. Die Fahrzeuge werden zudem gereinigt und desinfiziert. Ich hoffe, dass die Kunden etwas die Scheu verlieren, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, also auch einem Taxi, zu fahren.
Das Interview führte Mario Nagel.
Jens Bürgel (58)
ist einer von fünf Gesellschaftern von Funkwagen Susi. Gemeinsam mit Manfred Günther und sieben weiteren Unternehmern hob der gelernte Informatiker das Taxi-Unternehmen 1994 aus der Taufe. Seit Anfang Mai fungiert Funkwagen Susi als Kurierdienst für den kostenlosen Lieferservice in Bremen-Nord, doch das Angebot hat Anlaufschwierigkeiten.