Mit zwei Metern über dem mittleren Hochwasser erreichte die Flut am Dienstag gegen 16 Uhr in Oslebshausen laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie ihren Höchststand, zu diesem Zeitpunkt war der untere Teil der Schlachte in der Innenstadt bereits vom Wasser überspült. Die Feuerwehren in Bremen und Bremerhaven waren auf die Sturmflut durch das Tief „Benjamin“ vorbereitet. „Wir beobachten die Lage und sind noch relativ entspannt“, sagte Michael Richartz, derSprecher der Feuerwehr Bremen am frühen Nachmittag. „Wir haben alles im Blick“, erklärte Stefan Zimdars von der Feuerwehr Bremerhaven.
Bei der angekündigten Hochwasserhöhe von bis zu zweieinhalb Metern über dem mittleren Hochwasser ging Zimdars davon aus, dass in der Seestadt wahrscheinlich nicht viel passieren werde. Die Polizei hatte am Morgen Autofahrer dazu aufgefordert, die hochwassergefährdeten Bereiche an derGeeste, Am Alten Vorhafen und an derGeeste-Mole Süd zu räumen, musste aber trotzdem noch einige Fahrzeuge umsetzen lassen. Insgesamt meldete die Ortspolizeibehörde Bremerhaven am frühen Abend nur geringe Sturmschäden. Ein umgefallener Bauzaun, umherwehendes Geäst, Gegenstände wie Verkehrsschilder oder Mülltonnen auf der Fahrbahn und „fliegende“ Tannenbäume beschäftigten die Einsatzkräfte. Menschen wurden nicht verletzt.
Der Fährverkehr an den Fährstellen Vegesack/Lemwerder, Blumenthal/Motzen und Farge/Berne wurde am Nachmittag vorübergehend eingestellt. Der Bremische Deichverband am rechten Weserufer informierte in seiner Ansage darüber, dass die Sperrwerke Lesum und Ochtum geschlossen würden, weil das Hochwasser in Vegesack voraussichtlich 2,10 Meter über dem mittleren Hochwasser liegen werde.
Für Bremen rechnete Rüdiger Oltmanns, der Leiter der Bauabteilung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Bremen, nicht mit größeren Auswirkungen durch die Sturmflut: Das normale mittlere Hochwasser bei der Weserbrücke liege bei 2,57 Metern, bei vorhergesagten zwei Metern zusätzlich komme man auf etwa 4,50 Meter. Der Deich beim Weserstadion sei 6,50 Meter hoch, keine Gefahr also.
An der Schlachte schwappte das Wasser allerdings ordentlich über den unteren Fußgängerbereich, der am Nachmittag unpassierbar war, auch die Schiffe waren nicht zu erreichen. Die Bremer Feuerwehr verzeichnete „keine größeren Ereignisse“, am Osterdeich habe man lediglich zwei Dixie-Toiletten in Sicherheit bringen müssen.
Böen mit 119 Kilometern pro Stunde
Hartgesotten müssen an einem Tag mit Orkanböen auch die Beschäftigten oben im Wesertower in der Überseestadt sein, wie die Mitarbeiter von EWE-Trading in der 21. Etage. Die Tochter des Energieversorgers EWE ist für den Konzern im Stromhandel tätig. Sprecher Volker Diebels, sagte: „Klar schwankt der Turm etwas, was bei großen Gebäuden auch normal ist. Es gibt aber keine besonderen Maßnahmen oder Sturmpausen. Die meisten Kollegen im Wesertower sind seefest.“ Laut Diebels sei der Sturm bislang auch kein Problem für die Offshore-Windparks der EWE gewesen. „Der Tag heute gehört sicherlich zu den Spitzentagen, was das Einspeisemanagement angeht – herausfordernd, aber beherrschbar.“
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war die ostfriesische Insel Spiekeroog Spitzenreiter bei den Windgeschwindigkeiten. Dort seien Böen mit 119 Kilometern pro Stunde gemessen worden. Im Kampf gegen die Sturmflut wurden die niedersächsischen Sperrwerke an den Flüssen Ems, Weser und Elbe geschlossen. Wann sie wieder geöffnet werden, hänge von der Entwicklung derWasserstände ab, sagte ein Sprecher des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz.
Beeinträchtigt war auch der Fährverkehr: Zwischen Cuxhaven und Helgoland fielen alle Fahrten mit der MS „Helgoland“ aus, wie die Reederei Cassen Eils mitteilte. Auch der Fährverkehr zur Insel Wangerooge wurde am Dienstag eingestellt. Wegen eines umgestürzten Baumes bei Herford war die Bahnstrecke Hannover-Bielefeld gesperrt. Bei Verden auf der Strecke Hannover-Bremen verursachte ein Baum auf den Schienen eine kurzzeitige Streckensperrung. Größere Schäden blieben bis zum Abend aus, der Sturm sollte in der Nacht zumindest im Binnenland abflauen.
++ Diese Meldung wurde um 20.11 Uhr aktualisiert. ++