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Hausbesuch: Galerist und Ex-Fußballprofi Matthias Ruländer liebt seine knallbunte Toskana-Villa und den Moorexpress Ein Traum geht in Erfüllung: Wohnen wie im Urlaub

Worpswede. Galerist Matthias Ruländer kommt gerade von einem langen Auktionswochenende aus Köln zurück. Erst seit kurzem wohnt er hier in der knallbunten Toskana-Villa am Rande Worpswedes.
12.02.2014, 00:00 Uhr
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Von Petra Scheller

Galerist Matthias Ruländer kommt gerade von einem langen Auktionswochenende aus Köln zurück. Erst seit kurzem wohnt er hier in der knallbunten Toskana-Villa am Rande Worpswedes. Orangefarbener Putz und satt-lila gestrichene Fensterläden blitzen in der Wintersonne. „Hier ist immer Sommer“, sagt der Ex-Fußballprofi über sein neues Zuhause. Altwerden möchte der Vater von zwei Jungs allerdings auf den Kapverdischen Inseln.

Wer das auffällig bunte Haus von Matthias Ruländer betritt, steht vor einer Fußmatte mit neun Paar Turnschuhen. Daneben lehnen Gehstützen an den rau verputzten Wänden in Natursteinoptik. Wenn der ehemalige ehemalige Trainer des SV Blau-Weiß Bornreihe und des VSK Osterholz-Schamrbeck, der im kommenden Sommer einen runden Geburtstag feiert, von seinem bunten Leben erzählt, wirkt das symbolträchtige Arrangement aus Sportschuhen und Krücken wie platziert: Knieprobleme ziehen sich bis heute wie ein roter Faden durch das Leben des einstigen Leistungssportlers. „Ist mir noch gar nicht aufgefallen, dass das da so steht“, meint der Ex-Werderaner, der seine schönste Spielzeit als Leihspieler beim FC St. Pauli verbracht hat. Doch das ist fast drei Jahrzehnte her. Damals kam der Fußballer mit Künstlerseele zu seinem heutigen Broterwerb: Dem Kunsthandel. „Meinem Steckpferd“, wie er sagt. Bilder von Maggie Kelly, Andreas Noßmann und Uwe Bremer schmücken Ruländers frisch eingerichtetes Wohnzimmer. Bilder mit persönlichen Briefen von Natascha Ungeheuer, Maggie Kelly und Albert Schindehütte hängen im Büro. „Ich habe Johannes Schenk damals oft von Worpswede mit nach Berlin genommen. Dort haben Natascha und ich uns angefreundet.“

Vom Flur aus geht es in den offenen Wohnbereich. Terrakotta-Fliesen, Holzmöbel und Teppiche wärmen die höhlenartige Diele mit offener Küche. Eine mediterrane Marmortreppe führt vom Wohnzimmer ins Obergeschoss. Verwinkelte Flure enden in verschiedenen Arbeitszimmern, von denen wiederum steile Treppen in verwinkelte Galerien führen. Ruländer kocht Kaffee und setzt sich anschließend an seinen Esstisch aus dunklem Eichenholz vor den Kamin. Neben einem Hochzeitsfoto seiner Eltern stehen darauf vier von seinem Sohn Max selbstgewerkelte hölzerne Schneemänner. „Das ist meine Lieblingskunst“, sagt der Kunsthändler und nippt an seinem Kaffeebecher. Der Blick in den Garten führt über die Terrasse mit alter Specksteintränke zum Schwimmteich und schließlich durch ein windschiefes Gartentor über Wiesen, Felder und Eisenbahnschienen. „Im Sommer ist das hier wirklich wie im Urlaub“, schwärmt der Italienliebhaber und geht von der Diele in den Wohnbereich. Neben einem noisettefarbenen Supersize-Sofa steht ein Holztisch, in den Ruländer sein Lebensmotto als Intarsien verewigt hat. „Carpe diem“ und „Terra“ steht darin. „Den Tag genießen und meine Verbundenheit mit der Erde – beides ist mir wichtig.“

In einer großen alten Holzkiste, die am Fuße der Marmortreppe steht, bewahrt Matthias Ruländer sein Leben auf. Eines, das gerade eine Wende genommen hat. Für den gelernten Energieanlagenelektroniker, Immobilienmakler, Fußballer, Trainer und Galeristen sind Wandlungen eigentlich Routine. „Diese ist es nicht.“ Ruländer wohnt jetzt allein. Gegenüber des Büros hat er ein Schlafzimmer für die Jungs eingerichtet. Vorsichtig öffnet er seine heilige Holzkiste. Fotos, Ehrenmedaillen, Briefe und alte Zeitungsausschnitte stapeln sich in kleinen Umschlägen und Kästchen.

Ein Foto von 1984 liegt obenauf. Es zeigt den 20-jährigen Fußballer beim Zeichnen im Garten des damaligen Vorsitzenden des FC St. Pauli, Otto Paulick. Der Rechtsanwalt und ehrenamtliche Vorsitzende Paulick beherbergte Ruländer damals in seiner Backstein-Villa an der Elbchaussee. „Da war immer was los. Vier Kinder, Ehepaar Paulick und Fußballkollegen wohnten unter einem Dach. Ich war von Werder Bremen für eine Saison an die Elbe entliehen worden.“

Doch nach seiner ersten Knieoperation Anfang der 80er-Jahre blieb Ruländer immer wieder phasenweise gehandicapt. Der Schnappschuss erinnert an das Arrangement am Hauseingang: Ruländer sitzt auf einem Gartenstuhl, ein Bein hochgelegt, daneben die Gehstützen. Der Verletzte zeichnet. „Das war sozusagen der Einstieg in die Kunst.“ Über dem Kamin hängt eine Tuschezeichnung, die der Galerist zusammen mit seinem Künstlerfreund Andreas Noßmann gemalt hat.

Kunst, Kiez und Cuneo – ein alteingesessenes italienisches Restaurant im Herzen St. Paulis – gehören seit dieser Zeit für Ruländer eng zusammen. „Es war trotz Verletzungen ein herrliches Leben.“ Der Ex-Werderaner hätte damals gern nach Hamburg gewechselt. „Es gab sogar ein Angebot von Felix Magaths HSV.“ Doch Werder forderte eine „völlig utopische Ablösesumme“. Der Deal platzte. „Danach wollte ich ganz aufhören.“ Doch nicht zuletzt das imposante Stadion von Borussia Dortmund reizte den Profi Ende der 80er-Jahre dazu an, seine Fußballkarriere noch einmal zu verlängern.

Über Otto Paulick lernte Ruländer die „Rixdorfer“ kennen, eine Künstlerclique im Wendland, deren Kopf Uwe Bremer war. Johannes Vennekamp, Albert Schindehütte und Arno Waldschmidt trafen sich hier. Peter Rühmkorf und Sarah Kirsch hielten auf dem alten Gehöft in Gümse Lesungen. „So kam ich in diese Szene. Bremer hatte eine riesige Druckpresse – und wir machten alle mit.“ Einer der damals entstandenen großformatigen Drucke hängt inzwischen im Wohnzimmer. „Der schönere ist im Elysee in Hamburg.“

Ruländer liebt Feder- und Kugelschreiberzeichnungen. Horst Janssen und Andreas Noßmann sind, unter vielen anderen, seine Lieblingskünstler. „Die Qualität von Kunst definiert sich auch über ihren Preis“, sagt der Kaufmann. „Ich mag Zeichnungen. Besonders wenn sie eine Leichtigkeit aufweisen.“

Seine Galerie betreibt Ruländer hauptsächlich über sein Laptop, das aufgeklappt auf dem überlebensgroßen Sofa liegt. „Die meisten Geschäfte laufen übers Netz.“ Meistens verkaufe er innerhalb von Europa, aber auch ab und zu einen Friedrich Meckseper nach Japan oder in die USA. Als Fußballer sei er in der Welt viel herumgekommen, meint Ruländer, aber ein Zuhause habe er dabei nur selten gefunden. Oft habe er an verschiedenen Orten Wohnungen gekauft. Zu Hause war er dort selten. „Das war neben dem Profifußball mein zweites Standbein – ich habe Altbauwohnungen saniert und dann wieder verkauft.“

Mit Zuhause verbinde er immer noch das 200-Seelen Nest Neubokel in der Nähe von Gifhorn, in dem er aufgewachsen ist. „Der Bolzplatz gleich hinter unserem Haus, mein Vater und seine Brüder – alle enthusiastische Fußballspieler.“

Nach der zehnten Klasse bekam Ruländer ein Angebot vom VfL Wolfsburg. Die Aufnahme in die dortige Jugendmannschaft war mit einem Ausbildungsvertrag gekoppelt. „Ich lernte Energieanlagenelektroniker.“ Die Basis für die spätere Arbeit als Altbausanierer und Makler. „Wir lebten sehr einfach. Mein Vater war Betriebsschlosser, meine Mutter Einzelhandelskauffrau. Wir machten alles selbst. Es gab einen Nutzgarten und eine Remise, dort wurde geschlachtet und Marmelade gekocht. Pflaumenmus. Mit Zuhause verbinde ich den Duft von Pflaumenmus.“

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