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Interview zum Unternehmenspreis Bremen-Nord „Mehr Interesse an Bremen-Nord“

Einmal im Jahr vergibt der Wirtschaftsrat Bremen-Nord den Unternehmenspreis für besondere Leistungen. Am 13. November ist es wieder soweit. Zuvor spricht der Vorsitzende über Sinn und Aufgabe des Preises.
09.11.2018, 19:12 Uhr
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Von Daniela Schilling

Herr Küchen, können Sie kurz umreißen, wofür der Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord steht?

Rainer Küchen: Den Wirtschaftsrat gibt es seit Mai 1988. Damit hatten wir in diesem Jahr unseren 30. Jahrestag, was wir aber nicht nach außen hin gefeiert haben. Gegründet wurde er von einzelnen Politikern und Unternehmern mit dem Ziel, die Wirtschaft in Bremen-Nord zu fördern. Unsere heutige Tätigkeit ist vielfältig und umfasst auch die Kontaktaufnahme mit der politischen Ebene – also Politik, Verwaltung und mehr. Unter dem Motto „Gemeinsam für die Region“ setzen wir uns für nachhaltige Standortverbesserungen in Bremen-Nord und für die Interessen unserer Mitglieder ein. Wir haben darüber hinaus zwischenzeitlich eine Art Taskforce gebildet. Das heißt, wenn Mitgliedsunternehmen Probleme haben, können sie sich an uns wenden. Mit den politischen und senatorischen Abteilungen sowie den Ortsämtern ist abgesprochen, dass wir versuchen, in kürzester Zeit eine Gruppierung zu kreieren, die auf kurzem Weg das Problem löst. Das ist uns auch schon in einigen Fällen gelungen. Kurz gesagt: Der WIR steht für die die Förderung der Wirtschaftsstruktur der Unternehmen hier in Bremen-Nord.

Wie viele Mitglieder haben Sie zurzeit?

Im Moment 311, davon sind rund 250 Unternehmen.

Wie ist die Idee zum Unternehmenspreis entstanden?

Die Idee stammte von den Gründern, zu denen beispielsweise unser ehemaliger Justizsenator Wolfgang Kahrs und Bundesverdienstkreuzträger Hein Blecher gehören. Außerdem kann ich mich erinnern, dass der ehemalige Senator Ronald-Mike Neumeyer einer der Mitbegründer ist. Der Gründungsgedanke war damals wohl ein wenig parteipolitisch geprägt, während wir heute sehr großen Wert darauf legen, dass wir völlig neutral sind. Manch eines unserer Mitglieder mag in einer Partei sein, ich achte jedoch darauf, dass dies bei Richtungsabstimmungen keinen Einfluss nimmt. Jeder kann nach außen seine Meinung vertreten, aber in der Entscheidungsfindung des Wirtschaftsrates haben politische Vorgaben keinen Raum.

Wofür genau wird der Preis vergeben?

Für herausragende, hervorgehobene, unternehmensbezogene Leistungen. Der Preis zeichnet das Unternehmen aus, nicht den Unternehmer als Person.

Wie kann man sich bewerben und nach welchen Kriterien werden die Unternehmen bewertet?

Entweder bewerben sie sich selbst oder aus den Reihen der Jurymitglieder werden Unternehmen vorgeschlagen. Dabei muss es sich nicht um eine Aktiengesellschaften oder eine GmbH handeln. Das kann auch mal ein Verein sein. Es geht nicht primär um die Gewinnerzielung. Es gibt aber Punkte, die einzeln geprüft werden. Dazu gehört natürlich auch die Wirtschaftlichkeit, denn ein Unternehmen, das kurz vor der Insolvenz steht, wird nicht ausgezeichnet. Ein weiterer Punkt ist die Frage, wie sich das Unternehmen aufstellt. Gibt es eine ausreichende Frauenquote und bildet es entsprechend aus? Unterstützt es also auch insoweit die Wirtschaftsstruktur in Bremen-Nord? Hat es einen guten Leumund, was heißt, dass man im Umkreis nichts Negatives über die Firma hört und so weiter. Auf der Liste stehen Firmen, die sich auf verschiedenste Art und Weise auszeichnen. Ich muss sagen, dass ich teilweise – bevor sie Preisträger wurden – die einen oder anderen Unternehmen gar nicht kannte. Dabei sind einige Unternehmen, die auf europäischer Ebene führend sind, teilweise auch weltweit. Zum Beispiel Vector Foiltec, die auch weit außerhalb das europäischen Raums tätig sind und zu den Weltmarktführern in ihrer Branche gehören. Die Jury legt aber viel Wert darauf, dass es eben nicht nur Unternehmen werden, die führend in Europa, Deutschland oder Weltmarkt sind, sondern, dass jedes Unternehmen aus sich heraus eine Chance hat, egal wie groß es ist. Auch Firmen wie die Backstube, der Gewinner von 2010, oder Handwerksfirmen sollen eine Chance haben. Es bewerben sich deshalb auch Firmen mit 15 bis 20 Mitarbeitern. Es ist allein die Jury, die entscheidet. Der Vorstand erfährt den Namen des Gewinners in der Regel 24 Stunden vorher. Wir versuchen alles, dass der Name so lang wie möglich geheim bleibt.

Wer sitzt in diesem Jahr in der Jury?

Philipp Jaklin vom WESER-KURIER, Volker Ballhausen von der Wirtschaftsförderung Bremen, Rainer Frankenberg als Vertreter des Wirtschaftsrats, Matthias Kramer von der Jacobs University Bremen, die Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm, der Bürgerschaftsabgeordnete Jörg Kastendiek, Janina Marahrens-Hashagen von der Marahrens Group, Andre Mühlenfeld von der Sparkasse, Andreas Otto von Handelskammer, der ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Helmut Pflugradt, Ingo Schierenbeck von der Arbeitnehmerkammer, und die Personalberaterin Cornelia Hopp. Ein großer Dank geht hier an Christoph Jendrek, der das Ganze organisiert und terminiert.

Wonach setzt sich die Jury zusammen?

Die Jury kreiert sich selbst. Das heißt, der Vorstand des Wirtschaftsrates hat darauf keinen Einfluss. Im Grunde soll die Jury eine breite Vertretung verschiedenster Unternehmen oder auch aus der öffentlichen Hand und den Medien sein, sodass die wirtschaftliche Beurteilungsgrundlage möglichst weit gefächert ist. Also nicht nur aus dem produzierenden Gewerbe oder Ähnlichem. So hat Bettina Wilhelm als Frauenbeauftragte zum Beispiel noch mal einen besonderen Fokus auf die Frauenquote. Wichtig sind auch Jurymitglieder wie Volker Ballhausen von der WFB oder die Handelskammer. Das heißt, das Ganze wird auf so viele breite Schultern gestellt, dass die Interessen des Einzelnen keinen Ausschlag geben.

Wie viele Vorschläge werden im Schnitt gemacht?

In der Regel vier bis fünf.

Ist Ihnen ein Preisträger besonders im Gedächtnis geblieben?

Sie sind alle in ihrer Art besonders. Wenn sich jemand in meiner Erinnerung etwas stärker verankert hat, liegt das daran, dass für mich ein Überraschungseffekt dabei war, weil ich die Firma mit ihrer herausragenden Stellung nicht kannte. Zum Beispiel Vector Foiltec. Dieser Wow-Effekt bringt mit sich, dass man in der Retroperspektive besonders auf den Preisträger blickt, wobei man sich natürlich auch bei allen anderen ehrlich über den Sieg freut. Davon abgesehen waren aber alle würdig es zu werden und hatten ihre speziellen Besonderheiten.

Was würden Sie sich im Zusammenhang mit dem Unternehmenspreis wünschen? Mehr Aufmerksamkeit?

Wir hatten die letzten Jahre immer so zwischen 140 und 170 Gäste bei der Verleihung, viele aus Politik und Wirtschaft. Ich glaube, viel mehr Aufmerksamkeit kann man nicht bekommen. Damit können wir zufrieden sein. Was ich mir allerdings manchmal wünschen würde wäre, dass in stärkerem Maße die Bremer Politik von der Auszeichnung Kenntnis nimmt – und zwar unaufgefordert. Auch, dass in Bremen-Stadt mehr darüber berichtet wird. Wenn ich mir ansehe, wie der Bremer Unternehmerpreis von der Politik wahrgenommen wird, mit Besuchen von Senatoren und ähnlichen, finde ich es ein wenig enttäuschend, dass wir zwar auch diverse Abgeordnete hier haben, diese aber in der Regel schon mit Bremen-Nord verbunden sind. Ich würde mir wünschen, dass die Politik die präsentierten Unternehmen durch ihren Besuch mehr honoriert, denn immerhin stellen wir in Bremen-Nord ein Fünftel der gesamten Bevölkerung Bremens. Die Politik sollte sich auch hinsichtlich der Stimmen, die dieses Fünftel in der nächsten Bürgerschaftswahl bringen könnte, ein wenig mehr für Bremen-Nord interessieren.

Das Interview führte Daniela Schilling.

Zur Person

Zur Person

Rainer Küchen

ist Rechtsanwalt und Notar in Blumenthal. Seit vielen Jahren ist er im Wirtschaftsrat aktiv, seit 2012 ist er Vorsitzender.

Info

Zur Sache

Unternehmenspreis

Der Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord gibt am Dienstag den diesjährigen Preisträger bekannt. Die offizielle Preisverleihung findet am Abend im Hotel Strandlust statt. Weitere Informationen auf der Homepage www.wir-bremennord.de.

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