Landkreise Osterholz/Rotenburg. Bremen ist Spitzenreiter, der Landkreis Osterholz Durchschnitt und der Landkreis Rotenburg Schlusslicht. So lassen sich die neuesten Strukturdaten der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für den Ökolandbau zusammenfassen. Demnach werden in Bremen 23,7 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet, in Osterholz 10,1 Prozent und in Rotenburg 2,6 Prozent. Bundesweit werden 9,7 Prozent der Felder von Biolandwirten beackert, landesweit 4,7 Prozent, also etwa die Hälfte. Dabei gibt es ein deutliches Ost-West-Gefälle in Niedersachsen. So liegt der Ackerbau-Landkreis Lüchow-Dannenberg mit 16,7 Prozent weit vorn und die Viehzucht-Region Cloppenburg mit 0,8 Prozent weit hinten.
„Da ist noch Luft nach oben“, sagt denn auch der Osterholzer Kreislandwirt Stephan Warnken mit Blick auf die Bio-Landwirtschaft in der Region. Er geht davon aus, dass Osterholz das landesweite Ziel von 15 Prozent Ökolandbau in zehn Jahren schaffen wird. Bio sei aber nur dann sinnvoll, wenn die Produkte auch regional vermarktet werden, meint Warnken. Ein Wachstum setze voraus, dass auch die Bereitschaft der Kunden da sei, mehr Bioprodukte zu kaufen. Tatsächlich sei zurzeit aber mehr Bio-Milch auf dem Markt als nachgefragt werde, erklärt der Kreislandwirt. In der Folge würde diese Milch konventionell abgefüllt. „Das kann es nicht sein“, meint Warnken und kritisiert die niedrigen Erzeugerpreise.
Viele Biogasanlagen
Gerade weil inzwischen jeder Supermarkt Bio-Produkte im Sortiment habe, sorge er sich um die Hofläden, so Warnken. „Die haben einen schweren Stand, wenn sie in Konkurrenz zu den Discountern stehen.“ Bio sei auch nicht in jedem Fall klimafreundlicher, meint der Landwirt, der einen konventionellen Hof in Huxfeld bei Grasberg betreibt. So verbrauche etwa die Produktion von Bio-Gemüse weitaus mehr Energie als die Produktion von konventionellem Gemüse. „Wer zehn Mal mit der Hacke über das Feld fährt anstatt ein Mal zu spritzen, hat einen deutlich höheren Energieaufwand bei deutlich weniger Ertrag“, so Warnken.
Der Rotenburger Kreislandwirt Jörn Ehlers erklärt sich das schlechte Abschneiden der Rotenburger im bundesweiten Ranking dadurch, dass die Region eine hohe, wenn nicht sogar die höchste Dichte an Biogasanlagen bundesweit habe. „Da ist die Konkurrenz um die Fläche groß“, sagt Ehlers. Dennoch sieht er diese Entwicklung nicht kritisch. Es habe schon immer eine Konzentration bestimmter Produkte in bestimmten Gebieten gegeben. So wie sich die Landwirte im Osten Niedersachsens auf Ackerbau spezialisiert hätten und im Westen auf Viehzucht, so sei der Landkreis Rotenburg nun einmal eine Biogas-Region.
Gleichwohl würde Ehlers es begrüßen, wenn mehr Rotenburger Landwirte auf eine ökologische Produktion umstellen würden. Der begrenzende Faktor ist für Ehlers jedoch der Absatzmarkt. „Wenn wir noch mehr Betriebe in den Bio-Markt drängen und die Nachfrage ausbleibt, dann gehen die Erzeugerpreise noch weiter in den Keller“, warnt Ehlers. Am Ende zahle der Verbraucher drauf. So seien die staatlichen Prämien für Biobauern höher als für konventionelle Betriebe. „Die Frage ist, ob die Gesellschaft das bezahlen will.“ Kritisch sieht Ehlers auch die Importe von Kraftfutter für Bio-Rinder aus Osteuropa: „Alle reden über die Soja-Importe für die konventionelle Fleischproduktion, aber niemand fragt, woher das Eiweiß für die Bio-Rinder kommt.“
Ganz anders sieht das das Agrarpolitische Bündnis Bremen (ABB). Die Bremer Landwirte sind stolz darauf, dass 30 von 150 Betrieben im Stadtstaat ökologisch produzieren. Auch wenn man Bremen nicht mit einem Flächenland wie Niedersachsen vergleichen könne, sei man doch froh, dass sich „immer mehr Landwirte für den zukunftsfähigen Ökolandbau entscheiden, der bäuerliche Existenzen sichert und im Einklang mit der Natur wirtschaftet“, so der Sprecher des ABB, Peter Bargfrede. Die ABB sieht in der Versorgung mit Bio-Produkten eine Standortfaktor für junge Familien und begrüßt, dass Bremen bereits vor zwei Jahren beschlossen hat, dass Kitas und Schulen auf Bio-Verpflegung umstellen. Besonders am Herzen liegt der ABB dabei die Weidehaltung, die prägend für die Kulturlandschaft in Bremen und umzu sei.
Beim Kompetenzzentrum für Ökolandbau in Niedersachsen sieht man die Entwicklung positiv. Geschäftsführerin Carolin Grieshop meint: „Ich erlebe einen Wandel. Die Fronten zwischen der konventionellen und der ökologischen Landwirtschaft sind nicht mehr so verhärtet, wie sie es einmal waren.“
Zahlen, Daten, Fakten
Kompetenzzentrum Ökolandbau veröffentlicht Wachstumszahlen
Die Zahl der Biobetriebe in der Landwirtschaft im Landkreis Osterholz stieg im vergangenen Jahr um zehn auf 68 Betriebe. Das bedeutet ein Wachstum von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus aktuellen Zahlen des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen hervor. Demnach hat die Mehrheit der neuen Betriebe den Schwerpunkt auf Grünland als Futter für Rinder. Wichtigster Bio-Verarbeiter in der Region ist die Hofmolkerei Dehlwes in Lilienthal. Die Öko-Fläche im Landkreis vergrößerte sich im selben Zeitraum von 3844 auf 3983 Hektar um 3,6 Prozent. Der Öko-Anteil an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche beträgt kreisweit 10,1 Prozent.
Im Landkreis Rotenburg stieg die Zahl der Biobetriebe laut Kompetenzzentrum im vergangenen Jahr ebenfalls um 15 Prozent um elf auf nunmehr 74 Bio-Höfe. Die Öko-Fläche vergrößerte sich im selben Zeitraum um 14 Prozent von 2891 auf nunmehr 3302 Hektar und betrug damit 2,6 Prozent an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche im Landkreis Rotenburg. Der größte Bio-Produzent im Landkreis ist die Eierverarbeitung der Bio-Brüterei Ölmühlen.
Niedersachsenweit stieg die Ökolandbau-Fläche um zwölf Prozent auf 4,7 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche. Ende 2019 wurden damit 120 675 Hektar ökologisch bewirtschaftet. Der Anteil der Öko-Betriebe an allen landwirtschaftlichen Betrieben stieg um acht Prozent (162 Betriebe) auf 2115 Betriebe. Damit werden gerade einmal sechs Prozent der Höfe in Niedersachsen ökologisch bewirtschaftet. Ziel der niedersächsischen Landesregierung ist es, den Anteil des Ökolandbaus in den kommenden zehn Jahren auf 15 Prozent zu bringen.