Osterholz-Scharmbeck. Freitag, Mittagszeit. Für die Kolleginnen und Kollegen des OSTERHOLZER KREISBLATT ist an diesem Tag eines fest gebucht: Fisch von Teichmeier. Vier, manchmal auch sechs Portionen gibt es zwischen aktueller Produktion und der für die Montagausgabe. Ein Teil bevorzugt Kartoffelsalat, der andere hält es lieber mit Bratkartoffeln. Und nicht nur bei den Lokaljournalisten schalten die Geschmacksnerven auf den Teichmeier-Modus um. Viele Osterholz-Scharmbecker sind so gepolt, und die Leute bei Teichmeier im Geschäft kennen viele ihrer Kunden persönlich. Zwischen warten, bezahlen und dem Verlassen des Geschäfts an der Bahnhofstraße gibt es meistens einen Schnack.
Teichmeier und Fisch, das ist in der Tat so etwas wie ein Stück Kult aus Osterholz-Scharmbeck. Der Mann dahinter: Wolfgang Teichmeier, Jahrgang 1954. Er ist gelernter Koch, hat in seinem Lehrberuf in der Bremer „Glocke“, Parkhotel sowie in Rüdesheim gearbeitet und seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr abgeleistet. Nach der Zeit in der Kaserne war klar: Er muss das Geschäft an der Bahnhofstraße übernehmen. „Das wollte mein Vater so“, sagt Wolfgang Teichmeier. Dass er etwas dagegen gehabt hätte, ist seinen Worten nicht zu entnehmen. Im Gegenteil, für den heute 65-Jährigen schien dieser Weg vorgezeichnet.
Inzwischen jedoch hat Wolfgang Teichmeier geschäftlich etwas abgespeckt. Zwar gibt es noch den Mittagstisch, doch den Fischverkauf haben er und seine Frau eingestellt. Deshalb hat er auch Zeit, an diesem Morgen mal etwas anderes zu frühstücken als sonst. In der gemütlichen Küche über dem Teichmeierschen Geschäft an der Bahnhofstraße steht alles auf dem in den Tresen integrierten Tisch, was des Tagesbeginn-Fans Liebstes ist: Honig, Marmelade, Aufschnitt, Eier – und natürlich Fisch. Kaffee gibt es frisch gemahlen und gebrüht. „Meine Frau und ich mögen es gerne so“, meint Wolfgang Teichmeier. Wenn er erzählt, umspielen seine Lippen immer so etwas wie ein verschmitztes, jungenhaftes Lächeln.
Aktivitäten verlagert
Das Fischgeschäft ist bei den Teichmeiers indes nur die eine, die am meisten sichtbarste Seite. Wolfgang Teichmeier hat zwar seine Aktivitäten in Sachen Verkauf der Meeresbewohner vor zwei Jahren eingestellt. Dafür haben sich seine Aktivitäten sozusagen ein bisschen mehr in Richtung Gastronomie verlagert: Der Name Teichmeier ist heute gleichbedeutend mit etwas, was ebenso zur DNA der Kreisstadt gehört, wie der Fisch an der Bahnhofstraße: Melchers Hütte. Dort, am Ufer der Hamme, sorgen Familie Teichmeier und ihre Mitarbeiter für gepflegte Gastronomie.
Dabei war „Gastronomie bei uns in der Familie nicht bekannt“. Während er sich ein halbes Brötchen schmiert, erzählt er, wie er überhaupt zur Gastronomie gekommen ist. Anno 1986 übernahmen die Teichmeiers die Gastronomie beim Scharmbecker Schützenfest. Dies sei eine Hauruck-Aktion gewesen, erinnert er sich. Zwar hatte er schon länger Kontakt zum Vorstand des Schützenvereins. Doch dass es so schnell gehen würde, war dann doch etwas überraschend. „Zwei Wochen vor dem Schützenfest bekam ich einen Anruf und wurde gefragt, ob ich die ,Sala Blanca‘ übernehmen kann“, erinnert sich Wolfgang Teichmeier.
Er sagte spontan zu, musste aber doch ordentlich Lehrgeld zahlen. Langfristig zahlten sich die Fehleinschätzungen vom Beginn seiner gastronomischen Tätigkeit aus, denn in den Folgejahren arbeiteten sich die Teichmeiers Stück für Stück nach vorne beziehungsweise nach oben – es folgten kleinere Engagements beim Maimarkt und anderen Ereignissen. Dass Wolfgang Teichmeier und seine Leute etwas können, konnten sie bei Veranstaltungen mit der Jägerschaft zeigen. „Damit konnten wir durchstarten“, sagt der 65-Jährige und nippt an seiner Kaffeetasse.
Und dann trat das Erntefestkomitee auf den Plan: Ob Wolfgang Teichmeier denn wohl das Festzelt gastronomisch betreuen würde? Er schaute sich das Spektakel erst einmal an und nach zwei Jahren stieg er als Dienstleister von Festwirt Heinz-Dieter Hollenbeck ins Geschehen ein. Für ihn sei es so etwas wie eine Ehrenverpflichtung gewesen, schließlich sei die Firma Teichmeier schon seit mindestens 80 Jahren Teil des Erntefestes.
Dabei erscheint Wolfgang Teichmeier als so etwas wie der Retter nicht funktionierender Angebote. Das „Stagge‘s“ führten er und seine Frau und seit 2016 Melchers Hütte. Die Rechnung scheint aufzugehen. „Der Zulauf ist mehr geworden, die Leute sind zufrieden“, zieht Wolfgang Teichmeier Bilanz.
So kann es für ihn ruhig noch ein bisschen weitergehen, denn der Umstand, dass es bei Teichmeier keinen frischen Fisch mehr gibt und die Gastronomie in den Vordergrund gerückt ist, sorgt für ein entspannteres Leben. „Als wir den Fischverkauf noch hatten, wäre es für mich zeitlich kaum möglich gewesen, mich um diese Zeit zum Frühstück zu verabreden“, freut sich Wolfgang Teichmeier. Gleichwohl muss der Blick nach der Uhr doch noch sein. Er hat einen Termin in Bremerhaven, dort ist frische Ware eingetroffen – Fisch, denn ab Dienstag gibt es wieder Mittagstisch.