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Zentrale Aufnahme von Anzeigen Polizeireform mit Provisorium

Die Polizei ist nicht nur dabei, Personal an Standorten zu bündeln, sondern auch die Arbeit: Wie die zentrale Anzeigenaufnahme im Norden seit Jahresanfang läuft – und warum die Beamten noch mal umziehen müssen.
21.02.2019, 19:21 Uhr
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Polizeireform mit Provisorium
Von Christian Weth

Die Büros sind neu. Das sieht man gleich. Keine Bilder an der Wand, kein Grün auf der Fensterbank, nur ein Tisch, ein Computer und zwei Stühle für Leute, die Hilfe von Beamten wollen. Von Hartmut Wiegandt zum Beispiel oder von Ralph Blum. Heute sind sie es, die Frühschicht haben – Frühschicht in der zentralen Anzeigenaufnahme des Polizeikommissariats Nord. Wer einen Diebstahl melden will, einen Unfall, eine Schlägerei, muss jetzt nach Vegesack. Auch wenn der Vorfall in Blumenthal oder Burglesum war. Seit Anfang des Jahres ist das so. Doch daran gewöhnt haben sich längst nicht alle, die zu den Beamten kommen.

Wiegandt und Blum erkennen Blumenthaler und Burglesumer meistens sofort. Viele von ihnen, sagen beide, beklagen sich nämlich, dass die Beamten auf den Wachen beider Stadtteile keine Anzeigen mehr aufnehmen. Und darüber, dass sie es jetzt weiter haben als bisher, um einen Vorfall oder eine Straftat zu melden. „Das“, sagt Wiegandt, „erleben wir immer wieder.“ Und immer wieder spricht er deshalb mit den Leuten erst über die Polizeireform und dann über das, was sie eigentlich ins Kommissariat an der Kirchheide geführt hat. Auch Wiegandt und Blum müssen sich umstellen. Der eine war vorher in Burglesum im Einsatz, der andere in Blumenthal.

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Holger Voß spricht ebenfalls über die Polizeireform, vor allem über den Nutzen einer zentralen Anzeigenaufnahme. Voß leitet das Referat regionaler Einsatz, er ist Wiegandts und Blums Chef. Zum Team gehören noch zwei weitere Kollegen, die regelmäßig Anzeigen aufnehmen. Nach Voß' Rechnung machen die vier, was zuvor doppelt so viele Beamte in Vegesack, Blumenthal und Burglesum gemacht haben, sodass unterm Strich nun vier Polizisten zusätzlich im Stadtteil auf Patrouille sein können. So wie es Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) gefordert hat, der mehr Beamte hinterm Lenkrad eines Streifenwagens will statt hinterm Schreibtisch.

Notwendige Anzahl an Personal wird zu einem späteren Zeitpunkt evaluiert

„Momentan“, meint Voß, „reicht ein Quartett von Beamten für die Anzeigenaufnahme.“ Von morgens bis mittags sind sie zu zweit, von mittags – wenn die zweite Schicht kommt – bis nachmittags zu viert und von nachmittags bis spät abends wieder zu zweit. Ob irgendwann mehr oder weniger Personal für die Aufnahme von Anzeigen gebraucht werde, soll ihm zufolge zu einem späteren Zeitpunkt evaluiert werden. Wann das sein wird, weiß Voß nicht, sondern nur, dass eine Kontrolle fest geplant ist. Nach seinen Worten sind die Kollegen derzeit kontinuierlich ausgelastet und stehen für den Fall, dass an einem Tag unerwartet viele Menschen ins Kommissariat kommen, drei weitere bereit.

Bei Hartmut Wiegandt sind es drei Anzeigen an diesem Morgen: zweimal Internetbetrug, ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Auch Ralph Blum kommt auf drei Fälle: einmal Nötigung, ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht, ein aufgebrochener Transporter. Nicht mitgezählt haben sie die Leute, die keine Anzeige erstatten, sondern um Rat gefragt haben: Was kann man tun, wenn die Einfahrt zur Garage regelmäßig zugeparkt wird? Was gegen den Müll, der immer wieder im Vorgarten entsorgt wird? Was gegen die lauten Partys, die der Nachbar feiert? Wiegandt und Blum sagen, dass sie versuchen, auf alles eine Antwort zu geben. Und dass das zum Job dazugehört.

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Genauso wie die Bürotür zu schließen, falls jemand nicht reden kann, wenn sie offen ist. Voß sagt, dass es Fälle gibt, die mehr Diskretion erfordern als andere. Darum, meint der Referatsleiter, teilen sich Wiegandt und Blum auch keinen Raum, sondern sitzen in separaten Zimmern. Der eine auf der linken Seite des Flurs, der andere auf der rechten. Beide sind im Erdgeschoss des Kommissariats. Die Büros der beiden Beamten sind zwar neu, aber für Wiegandt und Blum zugleich ein Provisorium. Sie nutzen Räume, die für andere Polizisten eingerichtet wurden – für den Einsatzdienst, der wie die Anzeigenannahme in Vegesack zentralisiert werden soll.

Künftig sollen 100 Frauen und Männer an einem Standort zusammenarbeiten

Wann die Kräfte aus Blumenthal und Burglesum ins Mittelzentrum kommen, darüber kann Voß nur spekulieren. Fest steht seines Wissens nach bisher nur, dass erstere zuerst und letztere später umziehen sollen: Wenn die Blumenthaler Wache vom Heidbleek ins alte Rathaus an der Landrat-Christians-Straße gewechselt ist – und das Vegesacker Kommissariat ins neue Stadtquartier am Hafen. Voß rechnet zwar damit, dass das eine früher realisiert wird als das andere, aber in beiden Fällen mit Jahren, die es dauert, ehe es so weit ist. Beide Einsatzdienste zusammengerechnet, kommt er auf 100 Frauen und Männer, die künftig an einem Standort arbeiten sollen.

Dass die Blumenthaler Kräfte, die ursprünglich längst in Vegesack sein sollten, noch immer am Heidbleek sind, hat die Polizei Ende vergangenen Jahres entschieden. Der Grund: Würden die Beamten jetzt wechseln, wären ihre Kollegen, die ausschließlich tagsüber im Einsatz sind, allein am alten Standort – und die Büros nachts unbewacht. Um die Kosten für eine Alarmanlage zu sparen, hat die Innenbehörde den Umzug der Beamten vorerst gestoppt. Auch wenn ihre neuen Räume im Vegesacker Kommissariat seit Monaten hergerichtet sind. Räume, die jetzt vorübergehend von Wiegandt und Blum von der zentralen Anzeigenaufnahme genutzt werden.

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Und zwar so lange, bis deren Büros fertig sind. Auch die sind im Erdgeschoss, quasi neben ihren jetzigen. Voß zeigt, wo die zentrale Aufnahme von Anzeigen eigentlich hin soll. Er geht vorbei an Kisten und Kartons, vorbei an gestapelten Stühlen mit Schutzfolie und in einen Trakt mit vier Zimmern, die so schmal sind, dass in jedes gerade mal ein Tisch und zwei Stühle hineinpassen. Jeder Raum hat ein Fenster zum Nachbarraum. Voß sagt, dass das Standard ist und dem Schutz der Beamten dient – „falls jemand, der eine Anzeige erstattet, mal in Rage gerät und ein Kollege zu Hilfe kommen muss“. Vor den Büros soll ein Empfangsbereich entstehen mit Zugang zu einer Wartezone.

Wie viel der Umbau des Erdgeschosses gekostet hat, muss Voß offen lassen, weil er das nach eigenem Bekunden nicht weiß. Genauso wenig, wann Wiegandt, Blum und ihre beiden Kollegen in den neuen Räumen arbeiten werden. Es wäre dann ihr zweiter Umzug innerhalb kurzer Zeit. Aber nicht ihr letzter. Auch die Anzeigenaufnahme wird noch einmal wechseln, wenn die Polizei von der Kirchheide ins neue Quartier am Hafen umzieht.

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