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Brinkumer fotografierten Korallenriff Abgetaucht für das Bremer Übersee-Museum

Für die Brinkumer Filmer von Kubikfoto ging es schon öfter tief hinab. Diesmal hat das Team im Auftrag des Bremer Übersee-Museums ein Korallenriff im Roten Meer fotografiert.
08.12.2020, 17:13 Uhr
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Abgetaucht für das Bremer Übersee-Museum
Von Alexandra Penth

Der Auftrag des Bremer Übersee-Museums war eine Herausforderung – und daher wie geschaffen für Holger Weber und sein Team vom Brinkumer Unternehmen Kubikfoto, das auch Spezialist im Bereich Virtual Reality und 3D ist. Das Coral Reef Symposium aus führenden Wissenschaftlern im Bereich der Erforschung von Korallenriffen sollte im März 2020 in dem Bremer Museum tagen. Kubikfoto sollte dafür einen Konferenzraum mit einem Korallenriff-Foto in hoher Auflösung ausstatten. 35 Meter Umfang, fast vier Meter Höhe und keine Fenster – das zu den technischen Daten. Der Plan sah vor, dass die Forscher praktisch in einer 360-Grad-Aufnahme sitzen. Zu der Versammlung kam es bedingt durch Corona jedoch nicht mehr, der Raum ist aber fertig. Außerdem ist Kubikfoto dafür verantwortlich, dass das im Roten Meer im Süden Ägyptens aufgenommene Korallenriff als interaktive Erlebniswelt auf der Internetseite des Museums zu finden ist. Eine Virtual-Reality-Version ist noch in Arbeit, sagt Holger Weber, einer der Geschäftsführer von Kubikfoto.

Filmaufnahmen unter Wasser kein Neuland

Er würde 150 Einzelaufnahmen vom Riff benötigen, um auf eine Milliarde Pixel für den Druck zu kommen, so hatte es Weber vor der Abreise ausgerechnet. Filmaufnahmen unter Wasser waren kein Neuland für Kubikfoto, sie verbinden sogar zwei Leidenschaften Webers: „Ich tauche gerne und ich fotografiere gerne.“ Diese Kombination gab es auch schon beim Infotainment-Projekt „Meere ohne Plastik“ in der Nordsee für den Naturschutzbund (Nabu) Deutschland. Für einen Beitrag für Greenpeace ging es wiederum in Neuseeland zum Wrack der „Rainbow Warrior“ in 35 Meter Tiefe. Das Schiff der Aktivisten war 1985 im Hafen von Auckland vom französischen Geheimdienst versenkt worden.

Zwei Tage nach dem Riff gesucht

Holger Weber taucht seit gut 30 Jahren. Viele Korallenriffe, weiß er, sind inzwischen in einem schlechten Zustand. Als es um die Frage ging, wo die Aufnahmen für das Projekt des Bremer Museums entstehen könnten, erinnerte er sich an das Riff zurück, das er vor ein paar Jahren zufällig entdeckt hatte. Mit dem Kajak war er unterwegs, um dort zu tauchen, wo andere mit dem Motorboot nicht hinkommen. „Ein Riff im Traumzustand“ sei der Unterwasser-Lebensraum im Roten Meer gewesen. Aber Weber wusste nur noch ungefähr die Lage, hatte sich keine GPS-Daten notiert, nur ein paar Fotos von der Umgebung gemacht. „Die ersten zwei Tage haben wir nach dem Riff gesucht“, sagt Weber. Der Koloss mit einem Durchmesser von zehn bis 20 Metern lag ungefähr zwei Meter unter der Wasseroberfläche. Die nächste Herausforderung war, das Kamerastativ am Riff mit dem Rücken zum Festland zu platzieren. Die Reise fand im März dieses Jahres statt, zur kältesten Zeit in Ägypten und bei hohem Seegang.

Zu Hause noch hatte Weber das Szenario unter ganz anderen Bedingungen geübt. Per Nodal-Kopf für Panoramaansichten testete er die Aufnahmen in einem Pool. Knapp vier Stunden hatte er für die Menge an Fotos gebraucht, jedoch unter besten Voraussetzungen. Ungefähr 30 Tauchgänge wurden es dann in Wirklichkeit. Weber musste auf mehreren Ebenen fotografieren, um das Riff, die Korallen und die Fische jeweils scharf festzuhalten. Fünf Tage lief die Kamera, drei davon an der selben Stelle. Beim Hinflug war Corona gefühlt noch weit weg, auf dem Rückflug sei das Bordpersonal dann ziemlich angespannt gewesen, sagt Weber. Er sei mit dem zweitletzten Flug aus Marsa Alam nach Bremen zurückgekehrt, bevor die Flüge bedingt durch die Pandemie eingestellt worden waren.

Zurück in Deutschlnd, sei die Retusche am Computer dann nochmal ein aufwendiges Unterfangen gewesen. 1,5 Milliarden Pixel umfasst das fertige Wimmelbild, das einer Farbexplosion gleicht – deutlich mehr als gedacht. Zunächst schnitt das Team von Kubikfoto alle Fische aus den Aufnahmen heraus, um sie später neu zusammenzufügen. 100 bis 1000 Fische hat das Team freigestellt, einige Schlüsselarten, die sich jedoch nicht während des Filmens gezeigt haben, hat Weber nachträglich eingefügt.

Herz für Umweltschutz

„Für mich ist ein Riff der Inbegriff der Biodiversität“, sagt Weber. So viele Lebewesen auf einen Blick könne das menschliche Auge sonst nirgendwo erfassen. Der gelernte Fotograf und Unternehmer lebt vegan und macht kein Geheimnis daraus, dass sein Herz besonders für Projekte im Bereich des Umweltschutzes schlägt. Im Meer treibender Verpackungsmüll ist keine Seltenheit, sondern schon traurige Normalität, sagt er: „Es gibt keine Stellen ohne Plastik.“ Ob am Strand, auf dem Wasser treibend oder unter Wasser. Auch auf dem Panorama-Foto im Übersee-Museum hängt eine zerfledderte Plastiktüte an einer Koralle.

In Ägypten, sagt er, gibt es keinen Küstenabschnitt, in dem nicht ein leichter Ölfilm an der Wasseroberfläche schimmert. Tanker verlieren Treibstoff oder kentern im Meer – darum schere sich kaum jemand. Der 49-Jährige weiß, dass die Unterwasserwelt schon mal bunter war. Wenn er in seinen Logbuch-Aufzeichnungen blättert, dann fallen ihm die vielen Sichtungen von Zackenbarschen oder Napoleonfischen auf, die er darin zum Teil schon abgekürzt hatte. Taucht er heute in Ägypten, dann findet er sie nicht mehr in der Zahl. Lebensräume wie Korallenriffe leiden unter den Umständen, Steinkorallenarten zum Beispiel vor allem durch die Ozeanversauerung infolge des CO2-Anstiegs in der Luft. Ein derart intaktes Korallenriff wie das im Panoramaraum des Übersee-Museums oder eben auf dessen Internetseite hat Seltenheitswert. Weber: „Es ist ein Schaden, den wir angerichtet haben, den wir nicht mehr gutmachen können.“


Wer abtauchen will in die Welt der Korallenriffe, kann dies, untermalt von Unterwasser-Geräuschen, auf der Internetseite des Bremer Übersee-Museums unter der Adresse https://riff.uebersee-museum.de/.

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