Die Bürgerschaftswahl, die Lesumbrücke und die Digitalisierung: Einiges zu besprechen galt es beim Neujahrsfrühschoppen der CDU Bremen-Nord. Hauptgast war der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann. Ferlemann war extra aus dem Allgäu nach Beckedorf in die Waldschmiede gekommen und so für den Vorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kuban, eingesprungen.
„Wir haben eine tolle Fraktion, da ist Schwung drin“, betonte zunächst der CDU-Landeschef Carsten Meyer-Heder. So richtig Spaß, beklagte der IT-Unternehmer, mache die unfreiwillige Rolle in der Opposition dann aber doch nicht. Auch wenn die Partei nach seiner Wahrnehmung nach der Wahl „Gewinner der Herzen“ sei. Die CDU sei „innerhalb von 48 Stunden wieder wahlkampffähig“. Konstruktiven Vorschlägen verschließe man sich nicht, nur weil diese von anderen Fraktionen kämen: „Das wäre oldschool.“
Neben dem Geno-Desaster, also den Verlusten des Klinikkonzerns Gesundheit Nord, nannte der CDU-Landesvorsitzende einen Bauernhofkindergarten in Tenever, der mit einem Budget von nur 80 000 Euro auskommen müsse, als Beispiel für die aus seiner Sicht verfehlte Haushaltspolitik des Senats. Die Linke habe zudem noch gar nicht begriffen, dass sie mitregiere: „Die fordern und fordern nur“.
Angesichts der kommenden Haushaltsdebatte der rot-grün-roten Koalition könne diese durchaus in naher Zukunft zerbrechen. Enak Ferlemann mahnte mehr Optimismus an, wenn es um die Reputation Bremens geht. Dass Bremen der sechstgrößte Industriestandort Deutschlands und das größte Daimler-Werk hier beheimatet ist, werde in öffentlichen Debatten viel zu selten betont. Ein solcher Industriestandort bedürfe aber auch einer passenden Infrastruktur.
Ferlemann, der auch dem Kreistag in Cuxhaven angehört, skizzierte die Probleme einer Metropolregion wie Bremen, deren Berufspendler oft in der Hansestadt arbeiten, Einkommenssteuer aber in Niedersachsen zahlen. „In Bremen hat man den Eindruck, dass schon alles verteilt wird, bevor es erwirtschaftet ist. Wenn es dann nicht reicht, läuft man eben zum Bund“, kritisierte der 56-Jährige.
An die 10er Jahre dieses Jahrhunderts, sagte der Staatssekretär voraus, würde man sich dank des konstanten Zuwachses des Bruttosozialprodukts bei vergleichsweise niedriger Inflation einst als goldenes Jahrzehnt erinnern. In den nun beginnenden 20ern würde das mutmaßlich anders aussehen. Ferlemann nannte die unumkehrbare Digitalisierung inklusive sich anschließenden Fragen von Ethik und Moral als Beispiel.
„Der Sprung von 4G auf 5G ist ein Sprung wie vom Autotelefon bis zum Smartphone“, befand der Bundestagsabgeordnete. Er gab in diesem Zusammenhang zu Bedenken, ob man sich mit dem Telekommunikationsriesen Huawei nicht auch die Möglichkeiten des Gesichtsscannings nach chinesischem Muster importiere: „Dann können die sehen, wo Silvia Neumeyer gerade einkaufen geht“.
Notwendigkeit besserer Positionierung in sozialen Medien
Ferlemann und Meyer-Heder bearbeiteten in der anschließenden Fragerunde Themen wie den Klimawandel, den möglichen Zusammenbruch des jetzigen Rentensystems in nur wenigen Jahren und den Youtuber Rezo. „Es darf uns nicht passieren, dass so ein Typ mit einer blauen Locke mal eben eine ganze Partei auseinandernimmt“, befand Ferlemann die Notwendigkeit einer besseren Positionierung der CDU in den sozialen Medien.
Zu den regionalen Themen, die von den Gästen beim Neujahrsempfang angesprochen worden sind, gehörten die Reparatur und der geplante Neubau der Lesumbrücke und die „unendliche Geschichte“ der Fertigstellung der A 281, deren Schicksal ab Januar 2021 nach dem Zuständigkeitsgerangel zwischen Bund und Ländern ganz in den Händen der Deutschen Autobahngesellschaft liege. Während es das – wegen des steigenden Containerumschlags – angedachte dritte Bahngleis zwischen Bremen und Bremerhaven wohl nicht geben würde, sei es zwischen Bremen-Burg und Bremer Hauptbahnhof unabdingbar: „Ohne das würde es gar nicht gehen“.