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Uferpflege Winterputz an der Wümme

Vom tonnenschweren Schiffsgreifer Harriersand aus pflegen Wasserbauer und Baumprüfer die Ufer von Wümme und Lesum. Ihre Arbeit unterliegt strengen Vorschriften.
18.01.2019, 12:00 Uhr
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Von Antje Stürmann

Kalter Wind fegt durch die Wiesen, das schlammbraune Wasser der Tümpel kräuselt sich. Ein Graureiher steht mit eingezogenem Kopf auf einem Baumstamm. Vor ihm steigt ein Mäusebussard in die Lüfte. Natur pur. Den Blick des Fotografen aber fesselt an diesem Tag etwas anderes. Es ist der 340 Tonnen schwere Koloss, der sich bei Lilienthal Meter für Meter durch das Wasser der Wümme schiebt. An Bord des 41 Meter langen und 9,30 Meter breiten Arbeitsschiffs „Harriersand“, das zur Flotte des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) gehört, befinden sich außer der Crew vier Wasserbauer. Zwei von ihnen sind Baumprüfer. Mit dabei sind außerdem zwei auszubildende Wasserbauer. Die Kolonne verschneidet wuchernde Büsche und kürzt Bäume, wo sie die Sicherheit von Paddlern und Freizeitkapitänen gefährden.

Doch nicht nur das. Die Arbeiter ersetzen auch marode Schifffahrtszeichen. Sie prüfen Stege und andere Bauten im Wasser. „Außerdem sorgen wir dafür, dass die Wümme ordnungsgemäß abfließen kann“, sagt Sven Wennekamp vom WSA. Der 47-jährige Bauingenieur leitet den Außenbezirk Farge. Das WSA ist für die Uferpflege entlang der Wümme bis Borgfeld, aber auch an der Lesum zuständig. Zweimal im Jahr kontrollieren Experten die Ufer und den Fluss. Sie erstellen eine Liste anfallender Arbeiten. Im Winter, wenn es auf der Wümme ruhig ist, gehen die Baumprüfer und Wasserbauer ans Werk.

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Drei Wochen nehmen sie sich Zeit, die 18 Kilometer Wümme und neun Kilometer Lesum abzufahren, Bäume auf ihre Standfestigkeit zu prüfen, Äste abzusägen, Schilder zu richten und das alles per Foto zu dokumentieren. 4000 Euro kostet der Einsatz der „Harriersand“ pro Tag plus Personalkosten. „Das ist relativ wenig“, ordnet Wennekamp ein. „Wir dürfen nach dem Bundesnaturschutzgesetz bis Ende Februar ohne Genehmigung Baumschnitte durchführen“, erklärt Wennekamp, warum der Zeitpunkt günstig ist. Überhaupt wollen die Baumpfleger die Natur am Fluss nicht unnötig beeinträchtigen. „Vor 15, 20 Jahren hätten wir noch alles abgesägt: Bäume, Büsche...“, sagt der Baumprüfer und Vorhandwerker, Ralf Flierbaum. „Das ist heute nicht mehr möglich.“ Und das sei richtig so, da sind sich die Baumprüfer und Sven Wennekamp einig. Heute überlegen sie genau, ob ein schräg stehender Baum unbedingt gefällt oder ins Wasser hängendes Geäst abgeschnitten werden muss. Schließlich könnten im Wurzelballen des umgestürzten Baumes Eisvögel brüten. Ins Wasser hängende Äste könnten Fischen als Versteck dienen. So bleiben am Ufer schon mal umgestürzte Bäume liegen.

In einem kleinen Motorboot setzen sich die beiden Baumprüfer Stefan Deichsel und Ralf Flierbaum gemeinsam mit einem Auszubildenden von der „Harriersand“ ab. Rettungskragen, Ohrenschützer und leuchtende Westen sollen die Männer schützen. „Vieles ist gefährlich“, begründet Wennekamp. Den größten Respekt haben sie vor dem Wasser. Am Ufer klopft Flierbaum mit einem Hammer kräftig an einen gesund aussehenden Stamm. Das entstehende Geräusch sagt ihm, ob der Baum hohl ist und umzustürzen droht. Parallel dazu registriert Flierbaum, wie sehr das Holz nachgibt. Weiches Holz könnte ein Hinweis auf Fäulnis sein. Risse in der Grasnarbe dagegen zeigen an, dass sich der Wurzelballen bereits bewegt hat und der Baum instabil sein könnte. Bei den drei Pappeln ist allerdings alles in Ordnung. Zurück an Bord bittet Stefan Deichsel den Ingenieur und Hobbyornithologen Sven Wennekamp, mit dem Fernglas nach einem Hohlraum zu schauen. Wennekamp gibt Entwarnung: „Nur eine Bruthöhle, der Baum ist gesund.“

Die Besetzung des Motorboots wechselt. Wenige Meter weiter steuert das Boot ein Schifffahrtszeichen an. Das umliegende Gebüsch hat sich breitgemacht, das Schild ist vom Fluss aus fast nicht zu sehen. Wasserbauer Jan-Dirk Woltjen rückt den Ästen mit einer kleinen Motorsäge zu Leibe. Nur das Nötigste wird gestutzt. „Wir räumen den Uferbereich nicht auf, sondern machen ihn sicher“, sagt Sven Wennekamp. An Bord der Harriersand prüft Stefan Deichsel, ob das Schild nun gut zu sehen ist. Dann winkt er mit beiden Armen, die Kollegen dürfen zum Arbeitsschiff zurückkehren.

Kaum haben sie den Schwimmgreifer erreicht, öffnet sich dort der Greifer des Baggers und schwenkt ans Ufer. Er packt die Äste und bringt sie wassertriefend in den Bordcontainer. Darin liegen bereits Baumwurzeln und Äste. „Entsorgt“ werden sie am Ufer, damit sich die Natur darin einnisten kann.

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