Grasberg. Auf dem Weg zum Atelier von Tania Isabel Block lässt man den Ort Grasberg hinter sich und fährt auf der Landstraße weiter. Bald kommt der Hinweis auf die Galerie im Moor in der Grasdorfer Straße. Bei der Hausnummer 15 ist man am Ziel. Zwar ist die Galerie, wie alle Ausstellungshäuser, zurzeit geschlossen, doch in dem anschließenden Atelier wird gearbeitet. Hier hat sich seit dem Frühjahr die Bremer Künstlerin eingerichtet, die in diesem Jahr im Rahmen des Kulturpreises der Volksbank Osterholz Bremervörde den Publikumspreis erhielt.
Eigentlich wollte Block im November ihre erste Einzelausstellung in den Räumen präsentieren. Die meisten Exponate hatten schon ihren Platz gefunden, dann kam der Lockdown. Bei einem Gang durch die Galerie wird schnell die Vielfalt ihres Schaffens deutlich. Die menschliche Figur sowie Tiere sind die zentralen Motive ihrer Bilder und Skulpturen. Dabei geht es der Künstlerin um den Augenblick, um ein Erahnen der Situation und den Blick ins Innere. „In meinen Bildern und Skulpturen suche ich Momente, Bewegungen und Energien festzuhalten“, sagt die Tania Isabel Block. Bis sie an den Punkt kam, ihre eigenen Energien so einzusetzen, wie es ihren inneren Bedürfnissen entspricht, legte sie ähnlich der Anreise im Grasberger Atelier einen längeren Weg zurück.
Geboren im Jahr 1971, wuchs sie in Bremen auf und entschied sich nach dem Abitur für ein Studium der Wirtschaftswissenschaften. Nach dem Abschluss war sie schon bald Mitbegründerin und geschäftsführende Gesellschafterin einer Event- und Promotion-Agentur. Dabei wurde ihr klar, dass der kreative Part der Arbeit sie immer mehr reizte. Allmählich reifte der Gedanke, sich zu verändern. Zunächst absolvierte sie verschiedene Ausbildungen zum Coach und gab dann nach zwölf Jahren die Firma ab, bevor sie sich schließlich 2017 im Rahmen des Weiterbildungsstudiums an der Hochschule Bremen für die Bildende Kunst entschied.
Endlich angekommen
Heute hat Block das Gefühl, endlich angekommen zu sein. „Ich freue mich, dass ich jetzt nach all den Jahren das tun kann, was mir wichtig ist“, sagt die Künstlerin, die in Bremen lebt. Sie hatte das Glück mit der Galerie im Moor, die ihre Mutter Heide Nagel seit zehn Jahren führt, nicht nur eine Ausstellungsmöglichkeit, sondern auch ein Atelier zu finden. Pinsel, Farben und Malgründe stehen hier bereit, ebenso Papiere und Pappen, aus denen die Künstlerin ihre Skulpturen schafft. Von der Staffelei blickt eine Kuh so in den Raum, als wolle sie sich an dem Gespräch beteiligen.
Tania Isabel Block ist eine genaue Beobachterin, sie nimmt die Charaktere der Tiere wahr und erspürt ihre Persönlichkeiten, die sie in Mischtechniken mit Tusche, Aquarell, Pinselstift und Wachskreide auf den Malgrund bringt. Dabei geht es ihr mehr um den Ausdruck als um Detailgenauigkeit. „Meine Arbeitsweise ist oft schnell, da auch die Momente der Wahrnehmung schnell vorüber sind“, erklärt die Künstlerin. Für sie zählt der Blick auf das Alltägliche, das sich als Besonderheit erweist. Mit diesem Blick widmet sie sich auch der Vogelwelt, deren Vielfalt sowie Ausdruck und Bewegung in zahlreichen Arbeiten sichtbar wird.
Dieser Ansatz zeigt sich auch in einer Reihe von Tanzbildern, für die sie vor Modellen arbeitete. „Ich fand es toll, während des Tanzes schnell etwas auf das Papier zu bringen und Momentaufnahmen zu schaffen.“ Auf diese Weise entstanden dynamische, abstrahierte Eindrücke, die den Betrachter die tanzende Bewegung spüren lassen.
Wenn Tania Isabel Block sich für die Leinwand als Malgrund entscheidet, arbeitet sie mit Öl, Eitempera und Acryl. In diesen Techniken wählt sie gern – im Gegensatz zu ihren sonstigen Arbeiten – das große Format. So auch mit ihrem Gemälde, für das sie im Rahmen des Kulturpreises der Volksbank Osterholz den Publikumspreis erhielt. „Begegnungen“ war das Thema, das Block in realistischer Manier umsetzte. Zu sehen ist eine Momentaufnahme, die sie von ihrem Partner und ihrem Sohn vor der Treppe eines Museums einfing. Beide tragen einen Mundschutz und haben den Blick voneinander abgewandt, um sich auf ihr Handy zu konzentrieren: ein Symbol der inzwischen Alltag gewordenen kontaktlosen Begegnung.
Tania Isabel Block bewegt sich mit ihren Arbeiten nicht nur auf der Fläche, sondern sie schafft auch Skulpturen. Als Material setzt sie gern recycelte Papiere und Pappen ein, die sie auch mit Baumrinden und Ästen kombiniert. „Das Material ist für mich Teil der Aussage jeder Skulptur“, sagt sie. Aus verschiedenen Schichten entwickelt sie – oft mit geschredderten Bestandteilen – Schicht für Schicht ihre Figuren. Auf diese Weise entsteht eine lebendige Oberfläche, die in gewisser Weise in Kontakt zum Betrachter tritt.
Dieser muss allerdings noch eine unbestimmte Zeit warten, bevor er die Galerie im Moor wieder besuchen darf. Doch Block blickt optimistisch in die Zukunft. Sie arbeitet mit großer Freude in ihrem Atelier und will sich trotz aller momentanen Widrigkeiten auch nach neuen Ausstellungsmöglichkeiten umsehen.