Verden. Als einer der ersten in Niedersachsen absolvierte Steffen Lühning ein freiwilliges soziales Jahr im Bereich der Politik. So war er ein Jahr lang in der Konrad-Adenauer-Stiftung im Bildungswerk Hannover tätig. Dort erarbeitete er eine Ausstellung mit dem Titel 'DDR - Mythos und Wirklichkeit', die gestern in der Aula des Domgymnasiums eröffnet wurde.
Genau hier, am Domgymnasium, machte Steffen Lühning 2009 sein Abitur - umso mehr freut er sich, dass die Ausstellung hier zu sehen ist. 20 Stellwände mit Texten und Bildern sind auf der Bühne der Aula platziert, jede behandelt einen anderen Mythos der DDR. Für gerade dieses Thema habe er sich entschieden, weil es seiner Meinung nach zu wenig in der Schule behandelt werde. 'Man lernt im Unterricht kaum etwas darüber, dabei ist es so ein bedeutender Abschnitt der deutschen Geschichte', so Lühning. Deswegen sei die Ausstellung auch speziell für Schulen entwickelt worden.
Die gesamte Oberstufe des Domgymnasiums war zu der Eröffnung eingeladen - nicht nur diejenigen Schüler, die ihr Abitur im Fach Geschichte machen wollen. 'Das Thema ist ja nicht ausschließlich für den Geschichtsunterricht relevant, sondern gehört zur Allgemeinbildung', sagt auch Schulleiter Detlef Lehmann. 'Man muss wissen, was damals in der DDR passiert ist.' Zwar merke man heutzutage - am kommenden Sonntag exakt 20 Jahre nach der Wiedervereinigung - kaum noch Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen, so Klaus Jochen Arnold von der Konrad-Adenauer-Stiftung. 'Trotzdem darf man nicht vergessen, dass das vor nicht allzu langer Zeit noch ganz anders ausgesehen hat', sagt er.
Alltag der DDR-Bürger
'Wie die SED-Diktatur den Alltag der DDR-Bürger bestimmte' lautet der Untertitel der Ausstellung. Um sich davon ein Bild zu machen, war auch der ehemalige DDR-Bürgerrechtler Michael Wildt zu der Eröffnung eingeladen. Er habe die Internetseite, die die Grundlage von Lühnings Projekt bildet, mitentwickelt und arbeite eng mit der Konrad-Adenauer-Stiftung zusammen. 'Ich will die Menschen darüber aufklären, wie es wirklich in der DDR ausgesehen hat', sagt der gebürtige Leipziger. Die Aufarbeitung der DDR-Geschichte stecke seiner Meinung nach noch in den Kinderschuhen.
Was hat es zum Beispiel mit dem Mythos 'Im DDR-Schulsystem hatten alle die gleiche Chance' auf sich? Das entspreche nicht der Wahrheit, so Wildt, und erklärt es an einem persönlichen Beispiel. 'Um das Abitur zu machen, musste man an die Erweiterte Oberschule wechseln', berichtet er. Bevor das geschah, habe man ihn gefragt, ob er in seinem späteren Berufsleben Offizier oder Mathelehrer werden wolle. 'Ich wollte nichts von beidem, deswegen wurde mir der Zutritt zur Erweiterten Oberschule verweigert', so Wildt. Demnach hätten im Schulsystem der DDR nicht alle Schüler die gleichen Chancen gehabt.
Noch bis zu den Herbstferien bleibt die Ausstellung in der Aula. 'Danach wollen wir damit in den nächsten Monaten an verschiedene Schulen in ganz Deutschland gehen', so Steffen Lühning. 'Die richtige Tour beginnt allerdings erst Anfang des nächsten Jahres, dann wird die Ausstellung auch im großen Rahmen eröffnet', erzählt Klaus Jochen Arnold.
'Es ist sogar im Gespräch, die Texte auf den Stellwänden in verschiedene Sprachen zu übersetzen und damit auch ins Ausland zu gehen', freut sich Steffen Lühning.