
Lilienthal. Die beiden messingfarbenen Stolpersteine, die an der Hauptstraße 44 an die ehemalige Lilienthaler Familie Frank erinnerten und im Zuge der Linie 4-Arbeiten im vergangenen Jahr ausgebaut worden waren, sind nun wieder an ihrem angestammten Platz. Fast, um genau zu sein.
Ein Bauarbeiter setzte sie am Montag etwa drei Meter weiter links in das Straßenpflaster vor dem Haus des Galeristen Volker Kühn – nun liegen sie genau vor der Hinweistafel, die über das Schicksal der jüdischen Familie Frank informiert. Die Brüder Julius und Ludwig Frank hatten Mitte und Ende der 30er-Jahre Deutschland verlassen müssen.
Das Wichtigste zuerst: Nein, die beiden Stolpersteine, die seit April 2006 vor dem Werkstattgebäude von Volker Kühn an die jüdische Familie Frank erinnerten – der Fotograf Julius Frank hatte hier für einige Jahre seine Atelier –, sind nicht verschwunden. Als sie im Zuge der Linie 4-Bauarbeiten ausgebaut wurden und nicht wieder auftauchten, hatte es vor genau einem Jahr einige Aufregung und Spekulationen gegeben, sie könnten abhanden gekommen sein. Völlig unbegründet, wie damals schon Bauamtsleiter Manfred Lütjen betont hatte und wie auch nun Bürgermeister Willy Hollatz anlässlich der Neuverlegung noch einmal unterstrich: „Das war eine geplante Aktion“, sagte Hollatz, die beiden Gedenksteine seien sicher im Bauhof verwahrt gewesen.
Und sicher setzte sie am Montag Vormittag Straßenbaumeister Andreas Schuch von der Firma Matthäi auch wieder in das neue Straßenpflaster vor dem Haus Hauptstraße 44 ein. Eine dreiviertel Stunde Präzisionsarbeit mit der Flex waren zuvor nötig gewesen, bis Schuch die roten Pflastersteine so zugeschnitten hatte, dass die beiden zehn mal zehn Zentimeter großen Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig millimetergenau wieder ihren Platz im Boden fanden. Die Stolpersteinaktion des Bildhauers Demnig läuft seit 1993. Seitdem wurden von ihm in rund 750 deutschen Städten und Gemeinden circa 7500 dieser Gedenksteine verlegt, die an das Schicksal jüdischer Mitbürger erinnern sollen, die vor dem Nazi-Terror geflohen waren, deportiert oder ermordet wurden. Die Familien von Julius und Ludwig Frank lebten in der dritten Generation in Lilienthal. Als der Druck durch die Nationalsozialisten zu groß wurde, reisten sie Mitte der 1930er-Jahre aus – Julius in die USA, sein Bruder Ludwig nach Kanada. So überlebten sie den Holocaust.
Recherchen des Heimatvereins Lilienthal, allen voran Harald Kühn und Peter Richter, war es zu verdanken, dass der Name Frank in Lilienthal nicht völlig in Vergessenheit geriet. In ihrem Buch „Als die Hoffnung starb . . .“ arbeiteten sie das Schicksal der jüdischen Familie auf und knüpften 2005 Kontakt zur Witwe des 1959 in den USA verstorbenen Julius Frank. 2006 kam die mittlerweile 91-jährige Hildegard Frank mit ihren Kindern Barbara und Michael, selbst schon 55 und 63 Jahre alt, nach Lilienthal und konnte sich hier mit einer neuen Generation Deutscher und mit der Vergangenheit aussöhnen.
Geld gesammelt
Neben Bürgermeister Willy Hollatz und dem für den Straßenbahnbau Verantwortlichen Manfred Lütjen ließ es sich gestern Vormittag auch Lilienthals Kulturbeauftragte Antke Bornemann nicht nehmen, an diesem eigentlich eher unspektakulären Termin teilzunehmen. Aus gutem Grund, hatte Bornemann doch seinerzeit maßgeblich dazu beigetragen, mit Spenden den Einbau der Stolpersteine erst zu ermöglichen. Aus ihrem Budget habe sie das nicht finanzieren können, und so seien es die Lilienthaler selbst gewesen, die mit ihren Spenden bei diversen Ausstellungseröffnungen dazu beigetragen hätten, dass die beiden Gedenksteine und das Drumherum hätten finanziert werden können. Und so sei es im vergangenen Jahr auch nicht nur der Galerist Volker Kühn gewesen, vor dessen Haus die Steine lagen und der sich besorgt nach deren Verbleib erkundigt habe, sondern auch ganz viele Lilienthaler Bürger. „Super, dass sie jetzt wieder da sind“, freute sich Bornemann auch über den neuen Standort vor der Tafel mit Hintergrundinformationen. Die ist derzeit mit weißen Buchstaben vor dem hellem Grund der Hauswand nicht besonders gut zu lesen, weshalb Volker Kühn bei dieser Gelegenheit zusagte, hier demnächst durch eine andere Gestaltung Abhilfe zu schaffen.