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Senioren-Weltmeisterschaften 2019 Das Ende einer Badminton-Ehe

Seit 45 Jahren sind sie ein international erfolgreiches Badminton-Duo. Doch im August fahren Renate Gabriel und Hans Schumacher zu ihrer letzten gemeinsamen WM.
12.07.2019, 17:05 Uhr
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Das Ende einer Badminton-Ehe
Von Eva Przybyla

Mit Badminton verbindet Hans Schumacher nicht nur stickige Sporthallen, sondern auch lange Roadtrips mit dem Wohnwagen. Ein halbes Jahr reiste er darin durch Australien, um an den Worldmaster-Games in Melbourne teilzunehmen. Für ein anderes Turnier fuhr er mit seiner langjährigen Spielpartnerin Renate Gabriel durch die USA. Und das war nur einer ihrer gemeinsamen Trips. Ihre letzte gemeinsame Reise führt sie demnächst nach Katowice in Polen.

Seit 45 Jahren spielen Gabriel und Schumacher zusammen Badminton. Sie haben zahlreiche internationale Titel geholt. Doch bald soll Schluss sein. Der 77-jährige Schumacher möchte sich nach den Senioren-Weltmeisterschaften im August aus dem internationalen Sport zurückziehen. Er habe Knie- und Schulterschmerzen, sagt er. Seine 76-jährige Spielpartnerin Gabriel kann das nicht ernst nehmen. „Er hat schon öfter gesagt, dass er aufhört“, sagt sie vor einem gemeinsamen Training in der Sporthalle ihres Vereins, dem 1. Bremer Badminton-Club (1. BBC). Zum Aufwärmen spielen die beiden Rentner dort gegeneinander. Schnell fliegt der Federball über das Netz. In kurzen Hosen sprinten die beiden grauhaarigen Spieler über das Feld. Gabriels Beine sehen dabei muskulös und glatt aus. Ihre Wangen sind leicht gerötet. Schumachers Gesicht ist schweißnass.

Zwei Mal in der Woche trainiert Hans Schumacher in der Sporthalle an der Julius-Brecht-Allee, davon nur einmal mit seiner Mixed-Partnerin Gabriel. Weil sie in Nienburg wohnt, kommt sie nicht öfter in die Halle. Dafür besuche sie vier Mal wöchentlich das Fitnessstudio, sagt die 76-Jährige. Bis zu fünf Partien täglich wird das Duo in der Seniorenklasse bei der WM in der Regel bestreiten. Und das ist anstrengend. „Ich bin froh, wenn es zu Ende ist“, sagt Schumacher.

Beide Mixed-Partner erinnern sich an Gegner aus der ganzen Welt bei den vergangenen Weltmeisterschaften, darunter Briten, Holländer, Japaner, Chinesen, Inder und US-Amerikaner. Und sie kennen noch lange nicht alle internationalen Top-Spieler in ihrer Altersklasse. „Es sind auch immer neue Spieler dabei“, sagt Gabriel. Aber viele stiegen altersbedingt auch aus dem Sport aus.

Wie oft Gabriel und Schumacher an den Senioren-Weltmeisterschaften teilgenommen haben, wissen sie gar nicht mehr. Beide fragen dafür ihre Ehepartner, die in langen Stoffhosen und mit Lederschuhen am Spielfeldrand sitzen. Wie Archivare holen sie gedruckte Turniertabellen aus ihren Taschen und blättern diese still durch. Sie kommen zu dem gleichen Ergebnis: Dreizehn Mal hätten Gabriel und Schumacher im Mixed die Weltmeisterschaften bestritten. 2015 holten sie Bronze. 2013 sogar Gold. Qualifiziert haben sie sich stets bei den Deutschen Meisterschaften. Ihre internationalen und nationalen Siege kann keiner der Rentner noch zählen.

Gabriel und Schumacher spielen seit über 50 Jahren, den Großteil zusammen. Gabriels echte Ehe ist noch nicht so alt wie diese Spielpartnerschaft, die Schumacher gern „Badminton-Ehe“ nennt. „Dass wir so lange zusammen spielen würden, hätten wir beide nicht gedacht“, sagt der 77-Jährige.

Beide Spieler erinnern sich an viele gemeinsame Trinkgelage nach Punktspielen und Zusammenhalt im Verein. Und dann wieder an Reisen, etwa nach Kanada. Doch dafür allein fahren sie nicht zu internationalen Meisterschaften. „Wenn man hin fährt, will man auch gewinnen“, sagt Schumacher. Er berichtet auch von einem Sieg über einen alten Bundesliga-Badmintonspieler. Sein Gegner habe dennoch gut gekämpft, sagt Schumacher. Gabriel stimmt ihm zu. Doch dann sagt sie leise: „Aber verloren ist verloren.“ Viele Spitzenspieler, die heute wie sie im Seniorenalter seien, würden gar nicht mehr antreten, sagt sie. Sie hätten Angst, gegen die anderen zu verlieren.

Für Gabriel und Schumacher war der Profisport nie eine Option. Gabriel ist heute noch froh darüber. „Die Spitzensportler sind heute alle verbraucht“, sagt sie. Man müsse auf seinen Körper hören. Dass ihr Mixed-Partner Schumacher nun aufhören will, nimmt sie gelassen. „Wir Frauen kriegen immer Männer“, sagt Gabriel mit Blick auf den Frauenmangel im Badminton.

Zu ihrer Beziehung äußern sich beide verhalten. Nur ihre gemeinsame Spielweise bezeichnen sie als „sehr harmonisch“. Absprachen hätten sie kaum. Zu ihren Eigenheiten fällt Gabriel ihr Ruf „Hopp!“ ein. „Das sage ich, damit Hans läuft“, erklärt sie.

Das richtige Training beginnt. Beide älteren Spieler bringen sich auf einer Spielfeldseite in die gewohnte Position: Gabriel vorn, nah am Netz, und Schumacher hinter ihr. Die Beine gebeugt warten beide auf den Angriff. Zusammen decken sie während des Spiels das ganze Feld ab. Doch nach einem Schmetterball stöhnt Schumacher laut auf und hält sich eine Schulter. Weitere Bälle nimmt er nur noch mit gesenktem Arm an. „Jetzt ist er kaputt“, ruft Gabriel und zieht das „u“ in die Länge. Nur für wenige Minuten unterbrechen die beiden Badminton-Spieler die Partie. Dann spielen sie weiter.

Info

Zur Sache

WM-Medaillen in neun Altersklassen

1507 Badminton-Spieler kämpfen vom 8. bis zum 11. August um den Weltmeistertitel bei den World Senior Badminton Championships im polnischen Katowice. Sie sind mindestens 35 und maximal 80 Jahre alt. Insgesamt neun Altersklassen sind vertreten. Jede spielt um eigene Medaillen. In der höchsten und letzten Altersklasse O75 spielen Renate Gabriel (76) und Hans Schumacher (77) mit 50 weiteren Badminton-Akteuren aus Asien, Europa, Nord- und Südamerika. Qualifiziert haben sie sich bei den Deutschen Meisterschaften O35 bis O75.

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