Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Süleyman Celik ist beim SV Tur Abdin seit vielen Jahren unumstrittener Leistungsträger – außerhalb des Platzes Der Mann vom Grill

Delmenhorst. Es war im Sommer 2003, als Süleyman Celik die Welt nicht mehr verstand. Wie an so vielen Sonntagen zuvor war er ins Stadion an der Düsternortstraße gekommen, um den SV Tur Abdin Fußball spielen zu sehen – doch plötzlich traute er seinen Augen nicht mehr.
02.05.2015, 00:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Daniel Cottäus

Es war im Sommer 2003, als Süleyman Celik die Welt nicht mehr verstand. Wie an so vielen Sonntagen zuvor war er ins Stadion an der Düsternortstraße gekommen, um den SV Tur Abdin Fußball spielen zu sehen – doch plötzlich traute er seinen Augen nicht mehr. „Man muss sich das mal vorstellen“, beginnt Celik, der zwölf Jahre später noch immer ein ungläubiges Lachen in der Stimme hat, wenn er sich an jenen Tag erinnert. „Da spielt unsere Erste in der Bezirksliga, und die Spieler haben keine einheitlichen Hosen und Stutzen an.“ Schnurstracks marschierte der Fan damals zu Wahib Yousef, um den Vereinschef auf den Fauxpas aufmerksam zu machen. Yousefs Replik: „Na dann kümmer’ du dich doch drum.“ Diese kleine, vermutlich nicht einmal ganz ernst gemeinte Aufforderung – sie sollte der Beginn einer Ära werden. Bis heute ist Süleyman „Sülo“ Celik bei Tur Abdin Betreuer, Zeugwart, Grillmeister, gute Seele.

Sonntag, 26. April 2015, Heimspiel gegen den FC Rastede: Süleyman Celik ist bereits Stunden vor dem Anpfiff im Stadion und bereitet sich vor. Der Verkaufsstand muss schließlich aufgebaut, der Gasgrill angeschlossen, der Spielbericht ausgefüllt werden. „Ein Leben ohne den Verein geht nicht“, sagt der 30-Jährige, dessen Handgriffe sitzen. Spieler, der Trainer, Zuschauer oder Vereinschef Yousef kommen, um kurz Hallo zu sagen. Andere winken von Weitem. Wer sich seit Jahren kennt, braucht nicht immer Worte. Und „Sülo“ kennen sie bei Tur Abdin alle seit Jahren.

„Du hast mich nie spielen lassen“

Im Alter von drei Monaten kam Celik mit seinen Eltern aus der türkischen Stadt Mizizah, im Südosten des Landes mitten im Gebirgszug Tur Abdin gelegen, nach Delmenhorst. Dort war kurz zuvor, 1982, die Liebe seines Lebens gegründet worden. Sein Klub, sein nach der alten Heimat benannter SV Tur Abdin. Weil der Verein keine Jugendteams hat, schnürt Celik zunächst für den SV Atlas, später dann für den TuS Hasbergen die Schuhe. Mit seinem Vater besucht er jedes Abdin-Heimspiel. „Seit ich denken kann, war das so.“ Die Celiks, die Uyars, die Yousefs und Kilic’ – so heißen die Familien, die die aramäische Gemeinde in Delmenhorst prägen. So heißen im Laufe der Jahre auch etliche Spieler des SV Tur Abdin. Süleyman Celik spielt nur ein Jahr für den Verein, von 2002 bis 2003. Zweite Mannschaft. 2. Kreisklasse.

„Ich wurde nicht so oft eingesetzt, wie ich es gerne gehabt hätte“, sagt er. Und wie aufs Stichwort taucht vor dem Grill der Schuldige dafür auf. Edib Özcan, seit Jahren als Trainer, Co-Trainer und Betreuer für Abdin aktiv. „Du hast mich nie spielen lassen“, lautet der nicht ganz ernst gemeinte Vorwurf, quer über den Grill gerufen. Die Antwort: „Jeder soll das machen, was er am besten kann.“ Dann bekommt Özcan seine Wurst, beißt rein – und sagt lachend: „Bei dir ist das nun mal Grillen.“

Seit seiner Lehre arbeitet Celik in einer Bremer Fleischerei, ist inzwischen Geselle und macht die Abdin-Wurst selbst. „200 Stück pro Heimspiel müssen sein“, erklärt er, „da bleibt nicht viel von über“.

Auch sonst ist „Sülo“ jeden Tag in der Woche für seinen Verein im Einsatz. Im Laufe der Jahre hat er die Aufgabe übernommen, die Trikots aller drei Mannschaften zu waschen. Zudem erledigt er die Einkäufe, kümmert sich um Trainingsmaterial und hat generell immer ein offenes Ohr. Elf verschiedene Cheftrainer hat Celik in den vergangenen Jahren bei Tur Abdin erlebt. Mit dem einen konnte er besser, mit dem anderen schlechter. Negatives würde ihm jedoch nie über die Lippen kommen. „Ich verstehe mich eigentlich mit allen gut“, sagt der Mann mit dem kahl geschorenen Schädel und dem Dreitagebart.

Das Spiel gegen Rastede läuft schleppend, am Ende quält sich Tur Abdin zu einem 1:1. Süleyman Celik steht unter seinem blauen Pavillon und lässt die silberne Grillzange über das Rost sausen. „Unser Tor habe ich gar nicht gesehen“, gesteht er. Wie auch, wenn ständig Kunden vor ihm stehen? Inzwischen ist auch Paul Leis am Stand aufgetaucht, Abdins verletzter Mittelfeldmotor. Mit Wahib Yousef spricht er gerade über den weiteren Heilungsverlauf, dann begrüßt er auch „Sülo“ – speziell, aber herzlich. „Also in meinen Augen gibt es die beste Wurst in Obenstrohe. Dafür lohnt sich die Fahrt.“ Celik lacht. Er weiß schließlich, wie’s gemeint ist. Und legt nochmal frisches Grillgut nach.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)