Mit einem lauten Juchzen bejubelten die Frauen des Handball-Bundesligisten SG BBM Bietigheim jedes Tor, das sie beim Fußballmatch zum Aufwärmen in der Sporthalle Sperberstraße in Oslebshausen erzielten. SG-Trainer Martin Albertsen wollte damit seine drei frisch gebackenen Vize-Weltmeisterinnen Maura Visser, Tess Wester und Martine Smeets aus den Niederlanden belohnen. „Sie spielen so gerne Fußball“, verriet Albertsen.
Für Nina Wörz stellte das Trainingslager des Erstligisten eine Rückkehr in die alte Heimat dar. Die 197-fache deutsche Nationalspielerin lief schließlich in den Jahren 1985 bis 1997 für die HSG Schwanewede/Neuenkirchen auf. Die 35-Jährige war es auch, die den Kontakt zum SV Grambke-Oslebshausen vermittelte. „Wir wollten vor unserem Punktspiel beim VfL Oldenburg ein Trainingslager in der Nähe veranstalten. Da habe ich Nina um Rat gefragt“, informierte Albertsen. Nina Wörz nutzte die Reise in den Norden natürlich auch dazu, ihre Familie in Schwanewede zu besuchen. Viele Freunde hat sie hier nicht mehr. „Meine alten Schulfreunde sind schließlich alle weggezogen und leben nun überall verstreut“ (Wörz).
Vor dieser Saison hatte sie nach neun Jahren im Ausland erstmals wieder bei einem deutschen Klub angeheuert. Nach sechs Jahren bei Randers HK in Dänemark war sie zunächst zwei Spielzeiten für den RK Krim in Slowenien und dann noch ein Jahr für Siófok KC in Ungarn aktiv. „Ich möchte auch keines meiner neun Jahre im Ausland missen“, versicherte die gebürtige Bremerin. Nur in Slowenien lief nicht alles rund. „In Ljubljana habe ich sieben Monate auf mein Gehalt gewartet“, sagte Wörz. Auch deshalb sei die froh, nun wieder in Deutschland zu spielen. „Hier ist das zum Glück anders. In Bietigheim wird das Gehalt immer pünktlich überwiesen“, so Wörz. Dies war auch ein Grund für Martin Albertsen nach seinen beiden Jahren beim HC Leipzig (2004 – 2006) im Jahre 2014 wieder nach Deutschland zurückzukehren. „In anderen Ländern bekommt man oft trotz eines Vertrages kein Geld“, erklärte der Däne. Die deutsche Liga sei für den 41-Jährigen die beste, die er je gesehen habe.
Die Leistungsdichte an der Spitze der deutschen Eliteliga ist hoch. Bietigheim liegt punktgleich mit dem Spitzenreiter Thüringer HC auf Platz vier. Direkt dahinter folgt der VfL Oldenburg mit einem Rückstand von zwei Zählern. Deshalb bestreiten die Bietigheimerinnen an diesem Mittwoch um 19.30 Uhr auch ein wichtiges Spiel in Oldenburg. Nina Wörz trifft somit auf ihren Ex-Verein. Nach ihrer Zeit in Schwanewede hatte sie sich für drei Jahre Oldenburg angeschlossen. Wörz wollte unbedingt wieder mit Martin Albertsen zusammenarbeiten, den sie aus ihrer gemeinsamen Zeit in Leipzig und bei Randers kennt.
„Martin und ich haben uns immer gut verstanden. Deshalb stand meine Entscheidung für den Wechsel auch schnell fest“, betonte die Rückraumspielerin, die 411 Treffer für die Bundesrepublik markierte. Sportliche Höhepunkte in der Nationalmannschaft waren der dritte Platz bei den Weltmeisterschaften im Jahre 2007 und der vierte Rang bei den Europameisterschaften ein Jahr darauf. Zudem nahm sie an den Olympischen Spielen im Jahre 2008 in Peking teil. Außerdem darf sie sich als zweifache slowenische, zweifache deutsche und als dänische Meisterin bezeichnen. Im Jahre 2013 stand sie mit dem RK Krim sogar im Halbfinale der Champions-League.
Dass sie jetzt für die SG BBM Bietigheim aufläuft, hat für Wörz noch einen angenehmen Nebeneffekt. Nun spielt sie wieder an der Seite ihrer Lebensgefährtin Susann Müller. Die Linkshänderin absolvierte auch gerade die Weltmeisterschaften für Deutschland. Bei der WM 2013 wurde die gebürtige Saalfelderin Torschützenkönigin des Turniers und ins Allstar-Team gewählt. Von der Karriere der 27-Jährigen macht auch Wörz ihre weitere Laufbahn abhängig: „Susann wird ja noch ein paar Jahre länger spielen als ich.“ Dass könne auch ruhig noch ein paar Jahre im baden-württembergischen Bietigheim sein: „Es gefällt uns sehr gut hier.“ Wörz sieht ihre Zukunft auf jeden Fall im Trainerbereich. „Im kommenden Sommer werde ich meinen Trainerschein erwerben.“ Ihren einst mal eingeschlagenen Weg als Journalistin wolle sie dagegen nicht weiter verfolgen. Ob sie mal auf Dauer in ihre alte Heimat zurückkehren werde, ließ sie offen: „Als aktive Spielerin käme ja höchstens Werder Bremen in der Zweiten Liga in Frage.“
An ein Ende der aktiven Zeit denkt Wörz noch nicht: „So lange mein Körper noch mitmacht, möchte ich die jungen Kolleginnen im Team auch noch führen.“ Auch beim Training in der Halle der Sperberstraße übernahm Wörz ihre Führungsrolle. Immer wieder gab sie Mitspielerinnen Ratschläge.
„Ich schätze an Nina die Erfahrung und dass sie eine Teamplayerin ist“, teilte Albertsen mit. Er trainierte bereits Männer und Frauen. „Handball ist Handball. Es geht immer darum, ein Team aus verschiedenen Menschen zu bilden. Dabei ist es egal, ob es sich um Männer oder Frauen handelt.“ Der Däne stellte sein Vorbereitungsprogramm auf die Partie in Oldenburg auf die hohe Geschwindigkeit des Gegners ab. Auch deshalb bestand eine Übung aus eigenen Tempogegenstößen.
Dabei warfen die Torfrauen einen langen Ball auf eine Angreiferin, die dann vollstrecken sollte. Schnell war zu erkennen, dass hier ein Bundesligist trainiert: Schließlich landete so gut wie jeder Ball im Kasten. Die jeweilige Torschützin lief dann gleich auf der anderen Seite wieder zurück, um gegen eine Offensivspielerin zu verteidigen. Auch wenn der Vierte durchaus die Chance haben dürfte, den Titel zu holen, wollte sich Albertsen zu keiner Kampfansage hinreißen lassen: „Es können sechs bis sieben Teams Meister werden.“