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Diemo Ruhnow und Badminton-Nationalspielerin Kira Kattenbeck statten Cluvenhagen einen Besuch ab Ein Bundestrainer zum Anfassen

„Was in Deutschland wieder besser werden muss, ist die Wertigkeit des Sports.“ Diemo Ruhnow, Badminton-Bundestrainer Cluvenhagen.
01.12.2015, 00:00 Uhr
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Ein Bundestrainer zum Anfassen
Von Malte Bürger

Die Szenerie in der Halle erinnert ein wenig an ein Kunstwerk. Während die Badmintonspieler an der Seite eine kleine Pause einlegen und erst einmal durchatmen, sieht es ein paar Meter weiter aus wie ein kreatives Schlachtfeld. Mehrere Netze sind gespannt, doch dort, wo es eigentlich links und rechts davon zur Sache gehen sollte, herrscht für einen kurzen Moment die Ruhe vor dem Sturm. Bereits wenige Minuten zuvor muss allerdings ein anderer Orkan durch die Halle gefegt sein – anders ist es nur schwerlich zu erklären, warum unzählige Federbälle auf dem Boden liegen und ein faszierendes Muster bilden. Und dann übernimmt Diemo Ruhnow das Kommando. Er ist sozusagen der Auslöser dieses vermeintlichen Chaos. Der Doppel-Bundestrainer ist nämlich beim TSV Cluvenhagen zu Gast, rund 30 Akteure aus dem norddeutschen Raum scheucht er zwei Tage lang hin und her und versorgt sie obendrein mit allerlei taktischen und spielerischen Informationen.

Die wenigen Plätze zu diesem Workshop seien binnen kürzester Zeit ausgebucht gewesen, sagt Frank Rottstegge. „Ich will nicht sagen, dass Diemo Ruhnow so etwas wie der Badminton-Papst in Deutschland ist, aber er ist auf jeden Fall eine große Nummer“, meint der Sparten-Chef des TSV Cluvenhagen, dem es vor einiger Zeit gelungen war, die Veranstaltung mit dem prominenten Gast festzuzurren. Und Diemo Ruhnow kam nicht allein, im Schlepptau hatte er als Assistenztrainer einige erfahrene Akteure aus höheren Klassen, Kader-Coaches sowie Kira Kattenbeck. Die 23-jährige Steinfurterin machte spätestens im vergangenen Juni auf sich aufmerksam, als sie an der Seite von Raphael Beck überraschend Mixed-Bronze bei den Europaspielen im aserbaidschanischen Baku gewann. „Diese Veranstaltung ist in Deutschland ja leider fast ein bisschen untergegangen“, sagt Diemo Ruhnow. „Vor Ort war das eine ganz große Sache. Zwar fehlten in vielen Disziplinen ein, zwei Topleute der Szene, die Konkurrenz war dennoch stark. Kira und Raphael haben im Viertelfinale beispielsweise ein ganz starkes russisches Duo geschlagen.“

Und nun statt großer Badminton-Welt also Cluvenhagen. Auch für Diemo Ruhnow ist der Landkreis Verden nur eine Zwischenstation, seine nationalen Topleute sind derzeit zwischen Mexiko und den USA im Einsatz, er selbst reist zeitnah hinterher. Warum dann bei allem terminlichen Stress ausgerechnet auch noch ein Stopp im beschaulichen Cluvenhagen. „Weil ich auch einfach eben gern an den Basics und mit Leute arbeite, die nicht höherklassig spielen“, sagt der 34-Jährige. „Hier sind unheimlich viele Spieler dabei, die sind es gar nicht gewohnt, so viel Feedback zu bekommen. Gerade das macht besonders Spaß. Außerdem sind wir hier eh nicht bei einer Sportart wie Fußball. Da muss man ohnehin ein bisschen verrückt sein, wenn man so viel Zeit investiert. Aufgrund des Geldes machen wir das alle sicher nicht.“

Diemo Ruhnow hat in seinem Leben bereits viel Zeit für den Badminton-Sport investiert. Der Wahl-Hamburger schaffte es als Akteur bis in die 3. Liga, hatte sein Hauptaugenmerk aber eigentlich stets aufs Traineramt gerichtet. Als Verbandscoach und Stützpunkttrainer verdiente er sich erste Meriten, vor drei Jahren wurde er dann Jugend-Nationaltrainer Österreichs, ehe er wenig später nach Deutschland zurückkehrte und dort seinen heutigen Posten übernahm. Aufgrund seiner vielen Fortbildungen im Ausland und seiner Liebe zum Badminton spricht Ruhnow inzwischen nicht nur bestens Englisch, sondern auch Chinesisch. Der asiatische Raum ist schließlich die internationale Hochburg dieser Sportart. „Für uns ist es einfach toll, dass es diese Ecke auf der Welt gibt, wo wir auch einmal vor 8 000 bis 10 000 begeisterten Zuschauern spielen können“, erzählt er. „Unsere German Open in Mülheim oder auch Turniere in Dänemark sind zwar auch gut besucht, aber das ist noch einmal etwas komplett anderes.“

Die Anerkennung sei jedoch das eine, der sportliche Aspekt an sich der andere – und für Diemo Ruhnow der wichtigere. „Was in Deutschland wieder besser werden muss, ist die Wertigkeit des Sports“, sagt der Bundestrainer. „Auch in der Diskussion um die Olympia-Bewerbung Hamburgs höre ich aus der Politik immer viel zu häufig nur die Worte Medaillen, Medaillen, Medaillen. Es geht aber viel mehr um so etwas Banales wie Teamwork, Pünktlichkeit, Integration oder Verantwortung.“ Und genau diese Aspekte sind dann auch Teil seines Workshops in Cluvenhagen. „Wenn jemand beispielsweise im Doppel vorne steht, dann soll er nicht nur gut spielen, sondern stets auch den Blick dafür haben, wie es dem Hintermann geht“, sagt Ruhnow. „Muss ich ihm helfen, braucht er gerade meine Unterstützung.“ Und nachdem die Teilnehmer zahlreiche Stunden damit verbracht haben, durch die Halle zu flitzen, diverse Ballwechsel zu spielen, den Muskelkater aus dem Gedächtnis zu verdrängen und die vielen Vorgaben der Coaches umzusetzen, hat dieser schließlich auch noch einige lobende Worte parat. „Im Vergleich zum ersten Tag war das jetzt schon phänomenal, was ihr da gezeigt habt“, sagt er mit Blick auf das besagte Feingefühl im Umgang mit dem jeweiligen Teamkollegen und schaut dabei in viele zufriedene Gesichter. Der Bundestrainer zum Anfassen hat sein Ziel vorerst erreicht – und könnte demnächst noch einmal nach Cluvenhagen zurückkehren. „Wir haben uns bereits darüber unterhalten, ob wir das noch einmal machen“, sagt TSV-Abteilungsleiter Frank Rottstegge. „Und Diemo hätte nichts dagegen – wenn es denn zeitlich passt.“

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