Bremen-Nord. Kunstrasenplätze - ein Segen für die, die über einen solchen verfügen und ein Ärgernis für jene, die im Winter weiterhin auf Schlacke oder Rasen Fußball spielen müssen. Die Benachteiligten sehen nach zwei zuletzt harten und langen Wintern einen Wettbewerbsnachteil und eine Wettbewerbsverzerrung.
Im Fußball-Kreis Bremen-Nord sprießen Kunstrasenplätze in jüngster Vergangenheit wie Krokusse aus dem sich ganz allmählich erwärmenden Winterboden. Der vom Blumenthaler SV, dem SV Türkspor und DJK Blumenthal genutzte Burgwall ist mit einem solchem Platz ausgestattet worden und auch bei der SG Aumund-Vegesack, dem TSV Lesum-Burgdamm und dem SV Lemwerder wird seit einigen Monaten auf dem immergrünen Untergrund gekickt. Doch einige höherklassig spielende Vereine schauen noch immer in die Röhre und neidisch zu den Nachbarn. Während der SG Marßel eine Mitnutzung des Kunstrasenplatzes im Ihletal zugesagt und mittlerweile auch in die Tat umgesetzt wurde, sind jetzt noch der SV Grohn und der SV Grambke-Oslebshausen ohne einen wintertauglichen Trainings- und Punktspielplatz.
"Wir haben andere Sportarten wie Schwimmen, Thai-Bo und Spinning betrieben", weist Juan Schrader, der Trainer des Landesligisten SV Grohn, auf die Missstände am Oeversberg hin, die einfach keine gezielte Vorbereitung und auch im jetzt wieder laufenden Spielbetrieb noch kein vernünftiges Training zulassen. "Die komplette Anlage ist in einem desolaten Zustand", fährt Schrader fort, "es muss etwas passieren." So passiert allerdings auch etwas. Die "Husaren" haben nach Aussage ihres Trainers aufgrund der schlechten Platzverhältnisse bereits Spieler verloren, haben Probleme neue Spieler für sich zu gewinnen und haben wegen der fehlenden Ballsicherheit schlichtweg einen Nachteil im Wettkampf. Schrader: "Wir laufen der Musik hinterher."
Eine Entwicklung, die Juan Schrader nicht nur im Herrenbereich feststellt, sondern gerade bei der Jugend: "Die SAV und der TSV Lesum-Burgdamm haben als direkte räumliche Konkurrenten Kunstrasenplätze, da gehen jetzt viele Kinder hin."
Schraders Trainerkollege Frank Kandziora vom Landesligisten SV Grambke-Oslebshausen sieht auch einen sich aus vielen kleineren Posten zu einem größeren Betrag summierenden finanziellen Nachteil für einen Verein ohne Kunstrasen: "Auf Schlacke haben wir einen hohen Verschleiß an Bällen, die Trainingsanzüge und Fußballschuhe sind schnell kaputt, die Umkleiden ständig verdreckt und das Ausweichen in die Soccerworld kostet eine Stange Geld."
Noch mehr als die höheren finanziellen Aufwendungen stören Kandziora die sportlichen Nachteile. Als einen "Riesennachteil" bezeichnet er es, dass im spielerischen Bereich praktisch gar nicht trainiert werden könne und sein Team der Konkurrenz in punkto Ballsicherheit nach dem Winter "meilenweit unterlegen ist." Den ganzen Trainingsbetrieb nennt er eine "Stückelei", selbst Laufübungen eine "Katastrophe".
Ob der SV Grambke-Oslebshausen mit einer Vorbereitung auf Kunstrasen in den beiden Partien im Kalenderjahr 2011 (4:8 gegen SC Lehe-Spaden und 2:3 gegen TS Woltmershausen) besser abgeschnitten hätte, ist hypothetisch. Fest steht aber, dass die Mannschaft weit von ihrer Form entfernt ist, mit der sie Mitte der Hinrunde das Feld von hinten aufrollte.
Was tun nun Vereine, die der Entwicklung hinterherlaufen und noch nicht in den Genuss eines Kunstrasenlatzes gekommen sind? Richtig. Sie bemühen sich auch um ein winterfestes Geläuf. Der SV Grohn hat bereits einen Kunstrasenplatz beantragt, der SV Grambke-Oslebshausen will es nach Aussage von Frank Kandziora in Kürze tun. Allein die Aussichten auf baldige Umsetzung sind in Zeiten kommunaler Finanznöte nicht rosarot, sondern tief schwarz.
So liegt dem SV Grohn vom Senator für Inneres und Sport ein Schreiben vom 7. Februar vor, indem erklärt wird, dass in Zukunft der Bau neuer Kunstrasenplätze nicht in dem Maße weitergehen könne wie bisher. Eine Lösung wird für frühestens 2015 in Aussicht gestellt, wenn die Jacobs University Bremen an ihren Erweiterungsplänen festhalten sollte. Dem SV Grohn wurde lediglich zugesichert, dass der Umweltbetrieb Bremen auf die Platzzustände am Oeversberg aufmerksam gemacht werde. Alles deutet also darauf hin, dass es der SV Grohn und der SV Grambke-Oslebshausen zumindest mittelfristig schwer haben werden, ihre Spieler zu halten, neue Spieler in ihren Verein zu lotsen und der Konkurrenz ebenbürtig vorbereitet aus der Winterpause zu kommen.